Auvergne

[192] Auvergne (spr. owérnj'), ehemalige Provinz (Grafschaft) im südlichen Frankreich (s. die Geschichtskarte bei »Frankreich«), zwischen Bourbonnais, Marche, Limousin, Guienne, Languedoc und Lyonnais gelegen, ungefähr 13,760 qkm (250 QM.) groß mit etwa 880,000 Einw., bildet setzt die deiden Departements Cantal und Puy-de-Dôme (s. d.). Sie ist von vulkanischen Gebirgsgruppen erfüllt (s. »Frankreich« [Bodengestaltung] und Tafel »Gebirgsbildungen«, Fig. 3). Die Auvergnaten sind ein Gebirgsvolk, kräftig, unwissend und roh, aber anspruchslos, rechtschaffen, gastfrei und unverdrossen fleißig. Sie leben in elenden Holzhütten und haben südländisches Äußere; man kann sie als noch sehr ungemischte Kelten ansehen. Viele wandern alljährlich, meist im Herbst, in die Fremde und bringen im Frühjahr ihre Ersparnisse, aber wenig Ideen in die Heimat zurück; doch ist jetzt dauernde Auswanderung häufiger, und die Bevölkerung der A. vermindert sich daher stark. – Die A. ist das Land der alten Arverner. Diese waren früher das mächtigste Volk in Gallien und beherrschten im 2. Jahrh. v. Chr. unter ihrem König Celtillus fast ganz Gallien und Aouitanien. Ihre Hauptstadt war Gergovia. Von den Römern wurden sie zuerst unter Domitius Ahenobarbus und Fabius Maximus 121 geschlagen, dann durch Cäsar nach Besiegung des Vercingetorix 52 unterworfen. Das Land A. wurde darauf als Teil von Aquitania römische Provinz. Um 415 n. Chr. nahmen die Westgoten die A. in Besitz, wurden aber 507 von den Franken daraus vertrieben.[192] 630 kam die A. an den Herzog Boggis von Aquitanien und stand nun unter Grafen, die durch die Herzöge von Aquitanien eingesetzt wurden. Infolge des Krieges zwischen dem Herzog Waifar von Aquitanien und dem Frankenkönig Pippin wurde die A. 768 wieder unmittelbare fränkische Provinz. Seit 864 stand das Land unter erblichen Grafen, als deren erster Bernhard genannt wird, und wurde den Herzögen von Aquitanien als Guienne lehnspflichtig. Seit 1115 zerfiel es in zwei Teile, die Grafschaft A. und Dauphiné d'A. (den nördlichen Teil). Graf Guido II. wurde 1209 vom König Philipp II. von Frankreich als Verbündeter der Engländer vertrieben, die A. als Kronlehen eingezogen und Guido von Dampierre damit belehnt. Am Ende des 13. Jahrh. kam die Grafschaft A. an das Haus La Tour, das sich seitdem La Tour d'A. nannte. Das Dauphiné ging 1428 durch Heirat an die Familie Montpensier, einen Zweig der Bourbonen, über. Ludwig XII. ließ es 1505 auch nach Erlöschen des männlichen Zweigs der Montpensiers mit dem Tode Peters II. (1593) der Erbtochter Susanna, Gemahlin des Connetable Karl von Bourbon, nach dessen Abfall es mit der Krone vereinigt wurde. Die Erbin der La Tour, Margarete de la Tour, heiratete 1518 Lorenzo de' Medici, Herzog von Urbino. Ihre Enkelin, Margarete von Valois, trat 1610 die A. an König Ludwig XIII. ab. Vgl. Gobin, Essai sur la géographie de l'A. (Par. 1896); Imberdis, Histoire générale de l'A. (Clermont 1868, 2 Bde.); Rivière, Histoire des institutions de l'A. (Par. 1874, 2 Bde.); Bonnefoy, Histoire de l'administration civile dans la province d'A. (das. 1895–1902, 4 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 192-193.
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