Dauphiné

[545] Dauphiné (spr. dofi-, Delphinatus), ehemalige Provinz Frankreichs im Gebiete der Westalpen, umfaßt die heutigen Departements Isère und Oberalpen, den größten Teil von Drôme und einen kleinen Teil von Vaucluse und wird im O. von den Alpen, im S. von der Provence, im N. und W. von der Rhone begrenzt. Sie zerfällt in das gebirgige Oberdauphine im O. und das Niederdauphine im W. (vgl. sonst die einzelnen Departements). Hauptstadt war Grenoble. Das Land ist sehr reich an Naturmerkwürdigkeiten. Insbesondere sprach man früher von sieben Wundern des D. Es sind dies: der Mont inaccessible (der unersteigliche Berg) oder Mont Aiguille (Nadelberg) westlich von Mens, die Grotte von La Balme an der Rhone, die Tour sans venin (Turm ohne Gift) und die Höhlen von Sassenage bei Grenoble, die Fontaine ardente (der brennende Brunnen), südwestlich von Vif, die Fontaine vineuse, deren Wasser wie Wein schmeckt, und die zitternde Wiese von Gap. Abgesehen von den beiden erstgenannten, haben die übrigen »Wunder« nichts Absonderliches. – Das D., einst das Gebiet der Allobroger, bildete sich als Lehnsfürstentum des arelatischen Königreichs durch die Vereinigung mehrerer Lehen mit der Grafschaft Vienne oder Albon, deren Besitzer den Titel Dauphin führten. Die Dynastie der Grafen von Albon herrschte von 1063 an. Mit Guigo VI., der ein eifriger Anhänger Kaiser Friedrichs I. war, starb gegen Ende des 12. Jahrh. diese Dynastie aus. Seine Erbtochter Beatrix heiratete in zweiter Che den Herzog Hugo von Burgund. Ihr Sohn Guigo VII. Andreas (gest. 1237) eröffnete die zweite Dynastie, die das Seneschallamt des arelatischen Reiches bekleidete. Mit Guigos VIII. Sohn Johann, dem dritten Dauphin aus dem burgundischen Hause, starb diese Dynastie 1281 wieder aus. Ihm folgte seine Schwester Anna, Gemahlin des Grafen Humbert 1. von Latour-du-Pin, dessen Sohn Johann II. Stifter der dritten Dynastie wurde. Sein Bruder Humbert H. trat, nachdem er 1335 seinen einzigen ehelichen Sohn verloren, sein Land 1119 gegen eine Jahresrente von 120,000 Goldgulden an Karl von Valois, nachmaligen König Karl V., ab unter der Bedingung, daß der jedesmalige französische Thronerbe den Titel »Dauphin« nebst dem dazugehörigen Wappen führen und daß das Land seine Integrität und seine zu dem Ende von dem abtretenden Herrscher noch besonders bestätigten Freiheiten behalten solle. Schon 1355 wurden indes Faucigny und im Utrechter Frieden 1713 auch die übrigen, im Osten der Alpen gelegenen Gebietsteile an Savoyen abgetreten (s. Geschichtskarte bei »Frankreich«). Vgl. Chapuis-Montlaville, Histoire du D. (Par. 1827, 2 Bde.); Guy- Allard, Dictionnaire historique, géographique, etc., du D. (Grenoble 1864–65, 2 Bde.); Lory, Description géologique du D. (das. 1864, 2 Bde.); Chorier, Histoire générale du D. (Valence 1883, 2 Bde.); Reisehandbücher von Joanne, Coolidge u. a.[545]

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 545-546.
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