[245] Börsengebäude (hierzu Tafel »Börsengebäude I-III« mit Text), das dem Börsenverkehr (s. Börse) dienende Gebande. Von den tunlichst im Erdgeschoß unterzubringenden Haupträumen ist die Südsonne fernzuhalten, besonders da, wo zur genauen Beurteilung von Proben Seitenlicht unentbehrlich ist. Hinsichtlich der Plangestaltung der B. ist zwischen Fondsbörsen und Warenbörsen zu unterscheiden. Die letztern erfordern, je nachdem sie Getreide-, Lebensmittel-, Vieh-, Textilbörsen, Börsen für Bergwerks- und Industrieerzeugnisse u. dgl. sind, verschiedenartige bauliche Einrichtungen, die aber immer in der Vereinigung eines der Geschäftsvereinfachung dienenden Versammlungsplatzes mit Aufbewahrungsräumen für die betreffende Ware bestehen werden. Diejenigen Warenbörsen, bei denen, wie z. B. bei Getreidebörsen, der Bedarf an letztgenannten Räumen zurücktritt, werden meist mit den Fondsbörsen vereinigt, was dann bei größern Anlagen, wie z. B. in Berlin, zu einer innern Zweiteilung des Börsengebäudes führt. Den Kern eines Börsengebäudes bildet ein Saal, der den regelmäßigen Versammlungen dient. In ihm pflegt jeder Geschäftsmann seinen bestimmten Platz einzunehmen. Um das rasche Auffinden der einzelnen Plätze zu erleichtern, gibt es verschiedene Einrichtungen, z. B. Feldereinteilung des Fußbodens und Numerierung der einzelnen Felder, nischenartige Gliederung der Saalwände durch Wandpfeiler- und Säulenstellungen zur Gewinnung fester Sitzplätze, die mit Namen oder Nummern versehen werden, u. dgl. In neuern Börsen werden sogar vermietbare Standplätze in Form von kleinen Logen für einzelne Geschäftshäuser hergestellt. Für die Makler enthält der Börsensaal in der Regel offene, mit Schranken eingefaßte Standplätze. Im übrigen ist er tunlichst frei von Einbauten, Stützen etc. zu halten. Büfetts (in langer Frontentwickelung) werden gern in den Saal selbst gelegt. Allgemein gültige Regeln für die Säle sind im übrigen durch die Verschiedenheit der örtlichen Verhältnisse ausgeschlossen. So kommen neben einfachen rechteckigen oder quadratischen Sälen kreuzförmige (Brüssel), mehrschiffige (Hamburg, Bremen), zentrale etc. Anlagen vor. Fast immer ist eine offene Galerie in halber Saalhöhe vorhanden, von der aus das Gewoge der Geschäftswelt übersehen werden kann, und die oft noch den Zweck hat, den im Obergeschoß untergebrachten, den Hauptraum umgebenden Nebenräumlichkeiten als Verbindungsweg zu dienen. Die Erleuchtung des Börsensaals wird dann entweder durch reines Oberlicht oder durch seitliches Oberlicht bewirkt. Bei großen, gleichzeitig als Fonds- und Produktenbörse oder zu sonstigen Nebenzwecken dienenden Anlagen, z. B. in Berlin, findet sich der Saal in zwei oder mehrere Teile geteilt. Oft tritt auch noch ein offener, event. mit Arkaden umgebener Hof als Sommerbörse hinzu. Der Bedarf an sonstigen Nebenräumlichkeiten ist je nach den örtlichen Verhältnissen verschieden. Post- und Telegraphenbureaus und Telephonkammern sind als die wichtigsten unter ihnen zu bezeichnen. Ihre Anordnung findet sich in Lage und Einrichtung immer auf die Möglichkeit raschester Abfertigung berechnet, und zwar durch selbständige Zugänge von außen, direkte Verbindung mit dem Börsensaal etc. Wichtigere anderweitige Nebenräume sind: Garderoben, Aborte mit Wascheinrichtungen, Maklerkontore, ein Lesesaal, Zimmer für Zeitungskorrespondenten, für die Verwaltung, eine Kurszetteldruckerei und alle die Nebenräume, die durch die verschiedenen Produktengeschäfte bedingt werden. Hinzu treten häufig Säle der Handelskammer und andrer kaufmännischer Korporationen, Räume für eine Kommerzbibliothek, ein geräumiges Restaurationslokal, vermietbare Räume für Versammlungen, Aktiengesellschaften, zu Vorlesungen, Ausstellungen etc., diese meist im obern Geschoß untergebracht. Eine Übersicht über die hervorragendsten B. gibt der Text zu beifolgenden Tafeln. Über Erfordernisse und spezielle[245] Einrichtung der B. vgl. »Baukunde des Architekten«, Bd. 2: Gebäudekunde (2. Aufl., Berl. 1897f.); Auer, Börsengebäude, im »Handbuch der Architektur«, 4. Teil, Heft 2 (Stuttg. 1902).