Baku [2]

[291] Baku, Gouvernements- und Kreishauptstadt im russ. Generalgouvernement Kaukasus, an einer Bucht des Kaspischen Meeres auf der Südseite der Halbinsel Apscheron, 16 m unter dem Niveau des Schwarzen Meeres, 9,7 m über dem Kaspischen Meer, Kopfstation der Transkaukasischen Bahn nach Poti am Schwarzen Meer und der Eisenbahn nach Derbend-Wladikawkas sowie der Lokalbahnen nach Sabuntschi und Surachany. An der Südseite der Bucht, Bajilow Miß, liegt das europäische Viertel an dem schönen, 2 km langen Kai, mit den Anlegeplätzen der Dampfer, dem Haus des Gouverneurs, dem Admiralitätsgebäude, Kasernen, Magazinen, Werkstätten. Am nördlichen Ufer liegt die Schwarze Stadt (Tscherni Gorod), der Mittelpunkt der Petroleumindustrie, mit engen Gassen und Häusern mit flachen Dächern, die sich den Abhang eines Hügels hinaufziehen. B. hat 3 russisch-griechische, 2 armenische, eine luther. Kirche, eine kath. Kapelle, 11 Moscheen, 36 Karawanseraien. Auf dem Hügel befinden sich das Artilleriearsenal (von Abbas I. als Moschee erbaut) und die Ruinen eines prachtvollen, von Abbas II. erbauten Schlosses. Die Bevölkerung (1897: 112,253) besteht aus Tataren und Armeniern, nächstdem aus Russen, Persern, Juden. Die Industrie umfaßt 23 Petroleum- und 6 Schmierölfabriken (Jahresproduktion 15 Mill. Rubel), 11 Dampfmühlen (Umsatz 3 Mill. Rubel), je 3 Schwefelsäure- u. Tabakfabriken. B. ist der Sitz aller Gouvernementsbehörden, der Admiralität der kaspischen Flotte, eines deutschen Konsuls, eines Hauptzollamtes wegen des Seehandels mit Persien, eines Realgymnasiums und eines Erziehungsinstituts »zur heiligen Nina« (für Mädchen). Die vor den heftigsten Stürmen sichere Bucht von B. bildet einen kreisförmigen Hafen mit zwei Einfahrten. In der geschütztesten Ecke befindet sich eine großartige mechanische Werkstatt mit Trockendocks. Das Klima ist gesund; Jahresmittel 14,3, Juli 25,8, Januar 3,4, doch fällt das Thermometer bisweilen auf -10°. Regen fällt wenig, im Sommer fast gar nicht. Überaus heftige Winde wehen bisweilen aus NNW. und lassen Baumwuchs nicht aufkommen. Die schon in frühester Zeit bekannten Naphthaquellen (s. Erdöl) von B. liegen hauptsächlich nördlich von der Stadt bei dem Dorf Balachany, bei Sabuntschi, Romany und Bibi-Ejbat. Die Ausbeutung des Bakuschen Naphthagebietes, dessen Areal man auf 6000 Hektar schätzt, wovon erst 500 Hektar ausgebeutet worden, war früher Monopol der Regierung, liegt jetzt aber in den Händen der Gebrüder Nobel und des Hauses Rothschild, die das Öl in großen Zisternen auf dem Kaspischen u. Schwarzen Meer (von Batum), auf der Wolga und auf den Eisenbahnen versenden.[291] An der Petroleumgewinnung beteiligt sich viel englisches und amerikanisches Kapital, da der Absatz von Rückständen (Masut) zur Feuerung riesenhaft steigt; große Mengen dieser Rückstände verbraucht die Transkaspische Bahn, die überdies in den von ihr berührten Städten neue Märkte eröffnet. Bei Surachany befinden sich auch die großartigen Quellen von brennendem Gas, die unter dem Namen der Ewigen Feuer von B. bekannt und Gegenstand besonderer Verehrung der Parsen sind, die hier das großartige Kloster Ateschgah errichtet haben. – Die Überlieferung der Eingebornen schreibt die Erbauung der Stadt dem Iskander (Alexander d. Gr.) zu; erwähnt wird sie von arabischen Geschichtschreibern im 10. Jahrh. n. Chr. Die Russen nahmen B. zum erstenmal 1723, traten es 1735 wieder an Persien ab; nachdem aber der russische Feldherr Zizianow hier 1806 verräterischerweise ermordet worden war, machten die Russen B. zu ihrer Provinz. Val. Marvin, The region of the eternal fire (neue Ausg., Lond. 1891); Engler, Das Erdöl von B. (Stuttg. 1886); Mertens, Die Naphthaindustrie in B. (im »Archiv für Eisenbahnwesen«, 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 291-292.
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