Bihar [1]

[855] Bihar (Behar, im Sanskrit wihara), Provinz der britisch-ind. Präsidentschaft Bengalen (s. Karte »Ostindien«), zwischen 23°46´-27°29´ nördl. Br. und 83°22´-88'' 35´ östl. L., mit den Divisionen Patna und Bhagalpur, begrenzt von Nepal im N., den Nordwestprovinzen im W., den Divisionen Tschota Nagpore und Bardwan im S., der Presidency Division und Radschahi im O., 114,437 qkm mit (1901) 24,185,870 Einw., darunter 3,5 Mill. Mohammedaner, 14,000 Christen, 800,000 Ureinwohner, die das Bihari (s. d.) sprechen. Das im allgemeinen ebene Land wird durchflossen vom Ganges und seinen Zuflüssen Gogra, Gandak, Kusi, Mahananda, Son und von dem großartigen Bihar-Kanalsystem, mit 348 km schiffbaren und 1792 km Bewässerungskanälen. Auf den Kanälen verkehren 11,000 Boote, die Güter im Werte von 450,000 Pfd. Sterl. befördern. Die Eisenbahn längs des Ganges entsendet mehrere Zweige nach N. und S. Die wichtigsten Industrien sind Opium- und Indigobereitung. – B. war im 6. Jahrh. v. Chr. die Wiege des Buddhatums, wovon die über das ganze Land zerstreuten Ruinen von Klöstern (sanskr. wihāra) und andern Denkmälern noch heute zeugen. Buddhistische Sendboten gingen von hier nach Ceylon, China, der Tatarei und Tibet; noch heute unternehmen zahlreiche Buddhisten Pilgerfahrten nach B., besonders nach Gaya (s. d.). Vom 4. Jahrh. v. Chr. bis zum 5. Jahrh. n. Chr. umfaßte B. die Besitzungen der Könige von Maghada, der mächtigsten Herrscher in Indien, deren Flotten bis Java, Bali etc. segelten. Seine größte Blüte soll dies Reich unter Tschandragupta erreicht haben; Seleukos I. Nikator ernannte um 300 v. Chr. Megasthenes, den Verfasser der nur in Bruchteilen erhaltenen ersten indischen Landeskunde »Indika«, zu seinem Stellvertreter am Hofe von Pataliputra (Patna). 1202 fiel B. in die Gewalt der Mohammedaner und bildete eine der drei Provinzen der Gouverneure (bis 1339) und Könige von Bengalen (bis 1576). Die Ostindische Kompagnie erhielt es 1765 vom Großmogul Schah Alam abgetreten.

Die gleichnamige Hauptstadt der Subdivision B. (2054 qkm mit 628,767 Einw.), in der Division Patna, hat Ritinen eines alten Foris, viele Moscheen und Heiligengräber (jährlich 20,000 Pilger), berühmte Fabrikation von Silber- und Goldstoffen und Musselinen und (1901) 44,984 Einw. Die früher größere Stadt wurde 1774 durch die Marathen verwüstet und die Bevölkerung hierdurch und durch aufeinanderfolgende Hungersnöte aufgerieben.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 855.
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