[137] Bogen, in der Geometrie ein Teil einer krummen Linie. Der B. ist stets größer als die seine Endpunkte verbindende gerade Linie oder Sehne. Über den Kreisbogen vgl. Kreis.
In der Baukunst bezeichnet B. meist die krumme Linie, nach der die eine Öffnung überspannende Konstruktion ausgeführt wird, und weiter diese Konstruktion in ihrer Körperlichkeit selbst. Man unterscheidet den Bogenscheitel als den höchsten, den Bogenfuß als den tiefsten Punkt und den Bogenschenkel als den zwischen beiden gelegenen Teil des Bogens. Die vordere und hintere Fläche des körperlichen Bogens heißen die Bogenstirnen (Häupter), die obere und untere Fläche die Bogenleibungen. Steinerne B. werden durch Auskragung hergestellt (ältere Art) oder gewölbt, hölzerne meist aus einzelnen Bohlstücken zusammengesetzt, seltener aus gebogenen Bohlen oder Balken oder aus krumm behauenen Balken gebildet. B. aus Gußeisen werden meist aus einzelnen unter sich verschraubten Platten, solche aus Walzeisen meist aus einzelnen unter sich vernieteten Blechplatten und Profileisen zusammengesetzt. Bei den gewölbten B. (Mauerbogen) nennt man den im Bogenscheitel sitzenden Stein den Schlußstein, den unter dem Bogenfuße befindlichen obersten Teil des den schrägen, nach außen gerichteten Druck des Bogens aufnehmenden Widerlagers den Kämpfer.
Die Entfernung von Kämpfer zu Kämpfer nennt man die Spannweite, die Höhe des Scheitels über der Fußlinie (Kämpferlinie) den Stich (Pfeil) des Bogens. Tragbogen dienen unmittelbar zur Unterstützung einer aufliegenden Last; Entlastungsbogen vermindern den Druck einer Auflast, z. B. auf einem Fenstersturz, liegen also ganz im Mauerwerk; Gurtbogen teilen und verstärken Gewölbe oder übertragen deren Schub, treten also an Stelle der Widerlagsmauern. sobald zwei gewölbte Räume frei miteinander verbunden werden sollen; Schild-, Stirn- oder Wandbogen liegen gurtbogenartig vor geschlossener Wand; Strebebogen steigen, wie in der gotischen Baukunst (s. Tafel »Kölner Dom III«, Fig. 2 u. 3), einseitig an und übertragen den auf höhere Pfeiler[137] ausgeübten Gewölbeschub auf niedriger liegende Widerlager (Strebepfeiler); Erd- oder Grundbogen verbinden, den Scheitel nach unten gekehrt, einzelne Grundpfeiler und verteilen dadurch deren Belastung auf eine größere Fläche des Baugrundes. Als Hauptbogenformen unterscheidet man: den Rund- oder Halbkreisbogen (Fig. 1, S. 137); den Flach- oder Stichbogen (Fig. 2 u. 3); den Ellipsenbogen, der ebenso aus einer halben Ellipse besteht wie der Rundbogen aus einem Halbkreis; den Korbbogen, der der bequemern Zeichnung wegen in der Praxis häufig an Stelle des Ellipsenbogens tritt und sich aus 3, 5, 7 etc. aus ebensoviel verschiedenen Mittelpunkten geschlagenen Kreisbogenstücken zusammensetzt (Fig. 6 u. 7 mit Andeutung der Konstruktion). Ein Spitzbogen entsteht durch Brechen der Kreisbogenlinie nach Fig. 4 und 5, wobei man den gedrückten (Fig. 4, mit ef >, höchstens = eh) und den schlanken Spitzbogen (Lanzettbogen, Fig. 5, mit ef < eh) unterscheidet. Ein gerader, aber gewölbter Sturz (Fig. 14) heißt ein scheitrechter B. Andre B. zeigen die Figuren 822. Bei dem verschobenen B. bildet die innere Leibung mit der einen Bogenstirn einen schiefen Winkel. Bei Brückengewölben mit gerade abgeglichener, entweder von beiden Seiten nach der Mitte steigender oder wagerechter Brückenbahn entsteht als Gleichgewichtskurve, also als ideeller B., der Klinoidenbogen, der am Scheitel flach abgerundet ist, und dessen Schenkel nach dem Bogenfuß hin eine fast gerade Form und eine stets mehr oder minder geneigte, aber nie lotrechte Lage annehmen. Für die äußere Erscheinung der Bogenstirn sind zwei grundsätzlich verschiedene Auffassungen zu unterscheiden: der Faszien- oder Archivoltenbogen und der B. mit ausgesprochener Wölbfuge. Die erstere Art ist gewissermaßen nur gebogener Balken, sie gehört der Antike und den von ihr abgeleiteten Bauweisen an und besteht aus einem bogenförmig bearbeiteten Stein (Bogensturz), oder sie ist nur ausgekragt (Bogenstellung der Wasserleitung in Athen). Später wird diese Bogenform zwar auch durch Wölbung hergestellt, die Wölbfuge spricht aber dem Archivoltenprofil gegenüber formal wenig mit (Fig. 23). Der B. mit ausgesprochener Wölbfuge ist, wenn er auch schon früher vorkommt, die eigentlich mittelalterliche Bogenart. Die Bogenstirn wird bei ihm entweder nach oben durch die Leibungslinie begrenzt (Fig. 24), oder sie hat, so besonders in der Renaissance, eine in den Fugenverband der anschließenden Übermauerung überleitende Begrenzung (Fig. 25). Bei den spätern Stilperioden angehörigen, reichern, zusammengesetzten Bogenformen (Fig. 1522) tritt dieser grundsätzliche Unterschied mehr zurück. Diese B., z. T. Spielereien von untergeordneter konstruktiver Bedeutung, werden überhaupt mehr durch der Form irgendwie angepaßten Steinschnitt als durch eigentliche Wölbung hergestellt.
Brockhaus-1809: Das Bogen-Clavier
Brockhaus-1911: Davyscher Bogen · Voltascher Bogen · Bogen [2] · Bausch und Bogen · Bogen
Herder-1854: Bogen · Bausch und Bogen
Lueger-1904: Durchlaufende Träger, Balken, Bogen · Bogen- und Zeitmaß · Bogen, kontinuierliche · Gotischer Bogen · Einhüftiger Bogen · Einfacher Bogen · Bogen [2] · Bogen [1] · Bogen mit Zugstange · Bogen, einfache · Bogen, durchlaufende · Bogen [3]
Meyers-1905: Bogen, elektrischer · Hoher Bogen · Voltascher Bogen · Bogen [2] · Bogen [3] · Bogen [4]
Pierer-1857: Gothischer Bogen · Gebürstete Bogen · Flacher Bogen · Hohe Bogen · Vorgesprengter Bogen · Scheitrechter Bogen · Maurische Bogen · Bogen-Indianer · Bogen [2] · Bogen [1] · Bausch u. Bogen · Bogen [3] · Bogen [6] · Bogen [5] · Bogen [4]
Buchempfehlung
Im Dreißigjährigen Krieg bejubeln die deutschen Protestanten den Schwedenkönig Gustav Adolf. Leubelfing schwärmt geradezu für ihn und schafft es endlich, als Page in seine persönlichen Dienste zu treten. Was niemand ahnt: sie ist ein Mädchen.
42 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.
444 Seiten, 19.80 Euro