Bossuet

[258] Bossuet (spr. bossǖē), Jacques Bénigne, ausgezeichneter franz. Kanzelredner, Historiker und dogmatisch-polemischer Schriftsteller, geb. 27. Sept. 1627 in Dijon, gest. 12. April 1704, studierte, von den Jesuiten erzogen, in Paris, ward 1652 Doktor der Theologie, widmete sich in Metz dem Studium der Kirchenväter[258] und beschäftigte sich eifrig mit der Bekehrung der Protestanten. Die ihm 1669 übertragene Würde eines Bischofs von Condom legte er nieder, als er 1670 zum Lehrer des Dauphins ernannt ward. Die Gunst Ludwigs XIV. erhob ihn 1681 zum Bischof von Meaux und 1697 zum Staatsrat. Auch ward er 1672 Mitglied der Akademie. Dem absoluten Regierungssystem Ludwigs XIV. vollständig ergeben, verfaßte er 1682 die vier Artikel der gallikanischen Kirchenfreiheit (s. Gallikanische Kirche). Mit gleicher Entschiedenheit vertrat er aber die Einheit der Lehre und die Interessen des Papstes den Jansenisten, Quietisten (s. Fénelon und Guyon) und den Protestanten gegenüber; auch wirkte er zur Aufhebung des Edikts von Nantes mit. Seine zahlreichen Schriften haben ihm den Namen des letzten französischen Kirchenvaters erworben. Als geistlicher Redner entfaltete er den höchsten Glanz in seinen Leichenreden, die u. d. T.: »Sermons et oraisons funèbres« bis heute in zahllosen Ausgaben erschienen. Sein »Discours sur l'histoire universelle jusqu'à l'empire de Charlemagne« (1681) ist der erste Versuch einer philosophischen Behandlung der Geschichte vom spezifisch katholisch-religiösen Gesichtspunkt aus. Seine »Exposition de la doctrine de l'Église catholique sur les matières de controverse« (1671) u. seine »Histoire des variations des Églises protestantes« (1688, 2 Bde.; neue Ausg. 1844) sind Tendenzschriften, durch welche die Protestanten gewonnen werden sollten (s. Union). Eine lange Reihe theologischer Schriften veranlaßten die Unterhandlungen des Bischofs Spinola (s.d.) von Wiener-Neustadt mit dem hannöverschen Abt von Lokkum, Gerh. Walter Molanus (s.d.), über eine Vereinigung der Protestanten und Katholiken. Auch Hugo Grotius und Richard Simon waren Zielpunkte seiner Polemik. Die vollständigste Ausgabe seiner Werke ist die von Lachat (Par. 1862–66, 31 Bde.); »Œuvres inédites« veröffentlichte Ménard (das. 1883, 2 Bde.), die »Œuvres oratoires Lebarq« (das. 1890–95, 6 Bde.). Die verbreitetste Biographie ist die des Kardinals Bausset (Par. 1814, 4 Bde.; deutsch von Feder, Sulzb. 1820 bis 1821, 3 Bde.). Vgl. weiter Floquet, B., précepteur du Dauphin et évêque à la cour (Par. 1864); Réaume, Histoire de J. B. B. (das. 1869–70, 3 Bde.); Lebarq, Histoire critique de la prédication de B. (Brügge 1889); Rébelliau, B., historien du Protestantisme (Par. 1891) und dessen kleinere Biographie (1900); Crouslé, Fénelon et B. (das. 1894–95, 2 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 258-259.
Lizenz:
Faksimiles:
258 | 259
Kategorien: