Castelár

[800] Castelár, Emilio, span. Politiker und Schriftsteller, geb. 17. Sept. 1832 in Cadiz, gest. 25. Mai 1899 in Murcia, studierte Rechtswissenschaft, dann Philosophie und Literatur. Als Schriftsteller trat C. zuerst auf dem Gebiete der Novellistik, später auf dem der Politik auf, schrieb für demokratische Blätter, wurde dann Professor der Geschichte und der Philosophie an der Universität Madrid, wo er glänzende Vorträge hielt. 1864 gründete er das Blatt »La Democracia«. Später verteidigte er auch in den Cortes enthusiastisch seine republikanischen Grundsätze. Seine heftigen Angriffe auf die Regierung hatten 1865 seine Suspension zur Folge, und als er sich an dem Militäraufstand 22. Juni 1866 in Madrid beteiligte, wurde er in contumaciam zum Tode verurteilt. Die Septemberrevolution von 1868 rief ihn aus der Verbannung zurück. Zum Abgeordneten für die konstituierenden Cortes gewählt, bekämpfte er jede Art von Monarchie, verteidigte die Föderativrepublik und verlangte Religionsfreiheit. Nach der Abdankung Amadeus' im Februar 1873 bildete Castelars Freund Figueras eine neue Regierung, in der C. das Auswärtige übernahm. Aber die Desorganisation des Heeres hatte bald eine völlige Anarchie zur Folge, so daß C., der am 26. Aug. zum Präsidenten der Cortes gewählt wurde, nun die nationale Einheit als unerläßlich forderte. Er wurde hierauf 7. Sept. zum Präsidenten der Exekutivgewalt mit außerordentlichen diktatorischen Vollmachten gewählt, die er energisch anwendete. Er scheute sich nicht, allen seinen früher kundgegebenen föderativen Ansichten zuwiderzuhandeln. Er wurde daher von allen Republikanern für einen Abtrünnigen gehalten und legte deshalb 1874 sein Amt nieder. Erst unter Alfons XII. ließ er sich wieder in die Cortes wählen, in denen er gemäßigt republikanische Grundsätze vertrat und die Union der romanischen Völker befürwortete. Von seinen zahlreichen Schriften erwähnen wir: »La civilisazionen los cinco primeros siglos del cristianismo« (2. Aufl., Madrid 1865); »Cuestiones políticas y sociales« (1870, 3 Bde.); »Discursos parlamentarios« (1871, 3 Bde.); »Discursos politicos« (1873); »Historia del movimiento republicanoen Europa« (1874, 2 Bde.); »Vida de Byron« (1873); »Estudios históricos sobre la edad media« (1875); »Cartas sobre política europea« (1875, 2 Bde.); »Recuerdos de Italia« (deutsch von Schanz: »Erinnerungen an Italien«, Leipz. 1876). Seine Biographie schrieb Sanchez de Real (Madr. 1874). Vgl. Sandoval, Emilio C., coup d'oeil sur sa vie (Par. 1886); Hannay, Don Emilio C. (Lond. 1896); Gonzalez Araco, C. su vida y su muerte (Madr. 1900); Morayta, Juventud de C. (das. 1901).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 800.
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