[530] Eisenbahnlieferfristen sind die den Eisenbahnverwaltungen in der Verkehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands vorgeschriebenen und im Anschluß daran in den Tarifbestimmungen von ihnen festgesetzten Fristen, innerhalb deren sie, bei Gepäck von dem Zeitpunkt der Aufgabe, bei Eil- und Frachtgütern, Vieh etc. von der auf die Aufgabe folgenden Mitternacht an gerechnet, für die Ablieferung oder, sofern die Abholung dem Empfänger obliegt, für dessen Benachrichtigung von dem Eingang der Sendungen zu sorgen verpflichtet sind. Die Auslieferung von Gepäck kann sofort nach Eintreffen des Zuges, zu dem es ausgeliefert worden ist, und nach erfolgter Ausladung verlangt werden. Für Eil-, Frachtgüter, Vieh etc. sind in der Verkehrsordnung bestimmte Maximaleisenbahnlieferfristen vorgesehen, die sich aus Abfertigungs- (Expeditions-) und Beförderungs- (Transport-) Frist zusammensetzen, und bei deren Überschreitung je nach ihrem Umfang ebenso wie bei verspäteter Lieferung von Gepäck bestimmte, in der Verkehrsordnung festgesetzte Entschädigungen beansprucht werden können. Diese C. betragen bei Beförderung in Eilfracht: Expeditionsfrist ein Tag, Transportfrist für je angefangene 300 km ein Tag; in gewöhnlicher Fracht: Expeditionsfrist zwei Tage, Transportfrist bei einer Entfernung bis zu 100 km ein Tag, bei größern Entfernungen für je angefangene weitere 200 km ein Tag. Fast durchweg sind diese Maximalfristen in die Tarife eingestellt. Der Lauf der E. ruht für die Dauer zoll- oder steueramtlicher oder polizeilicher Abfertigung sowie für die Dauer einer ohne Verschulden der Eisenbahn[530] eingetretenen Betriebsstörung. Die früher zulässige Versicherung des Interesses an rechtzeitiger Lieferung ist durch die Verkehrsordnung, die auch in dieser Beziehung mit dem Übereinkommen über den internationalen Frachtverkehr (s. Eisenbahnfrachtrecht) übereinstimmt, beseitigt. Dagegen ist im Einklang mit diesem Übereinkommen durch die Verkehrsordnung eine Versicherung (Deklaration) des Interesses an der Lieferung zugelassen, die zur Folge hat, daß bei Gepäck der durch Versäumung der E. nachweislich entstandene Schade bis zur Höhe des deklarierten Betrages, bei Gütern, Vieh etc. ohne Nachweis eines Schadens das Doppelte der andernfalls zu leistenden Entschädigung, bei Nachweis eines Schadens dessen Betrag, in beiden Fällen aber nur bis zur Höhe des deklarierten Betrages, beansprucht werden kann. Die einen Teil der E. bildenden Transportfristen werden nicht für jede Verwaltung besonders, sondern aus der Gesamtentfernung zwischen der Aufgabe- und der Bestimmungsstation berechnet. Die Expeditionsfristen kommen ohne Rücksicht auf die Zahl der durch den Transport berührten Verwaltungen nur einmal in Ansatz. Mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde (s. Eisenbahnbehörden) können die Verwaltungen Zuschlagsfristen festsetzen für die Beförderung von Gütern von und nach abseits der Bahn gelegenen Orten (Eisenbahugüternebenstellen, s. d.), für außergewöhnliche Verkehrsverhältnisse und für den Übergang auf Bahnen mit andrer Spurweite. Von dieser Befugnis wird bei den deutschen Bahnen indes nur in mäßigem Umfang Gebrauch gemacht. In Österreich-Ungarn gelten die gleichen Bestimmungen über E. und die bei deren Versäumung zu leistenden Entschädigungen.