Engerth

[793] Engerth, 1) Wilhelm, Freiherr von, Techniker, geb. 26. Mai 1814 zu Pleß in Schlesien, gest. 4. Sept. 1884 in Baden bei Wien, widmete sich seit 1834 zu Wien erst dem Bau-, dann dem Maschinenfach und wurde 1844 Professor der Mechanik und Maschinenlehre am Joanneum in Graz. Für den Bau der Semmeringbahn konstruierte er eine Tender-Lastzug-Lokomotive, bei der das Gesamtgewicht von Masch ine und Tender für die Adhäsion nutzbar gemacht war, und die den Anforderungen so vollkommen entsprach, daß seitdem das Engerth-System mehrfach Anwendung gefunden hat. E. wurde 1850 zum technischen Rat bei der Generaldirektion für Eisenbahnen ernannt, übernahm 1853 im österreichischen Handelsministerium das Referat für Maschinenwesen, trat 1855 bei der Staatseisenbahngesellschaft als Zentraldirektor ein und wurde später deren Generaldirektor. 1859 war er Mitglied der Zollenquetekommission, verließ aber 1860 den Staatsdienst. E. trug wesentlich zur Durchführung der Donauregulierungsarbeiten bei und erfand ein Schwimmtor, durch das der Donaukanal gegen das Eindringen der Eismassen geschützt wird. Auch arbeitete er mit großer Umsicht an der Organisierung der technischen Studien in Österreich. Bei der Wiener Industrieausstellung 1873 hatte er die Oberleitung der Ausstellungsbauten und fungierte als Chef des gesamten Ingenieurwesens. 1874 wurde er in das Herrenhaus des österreichischen Reichsrats berufen, und 1875 erhielt er den Freiherrentitel.

2) Eduard, Maler, Bruder des vorigen, geb. 13. Mai 1818 in Pleß, gest. 28. Juli 1897 auf dem Semmering bei Wien, studierte unter Kupelwieser an der Wiener Akademie, deren großen Preis er 1845 für ein historisches Gemälde erhielt, und ging 1847 nach Italien, wo er sich bis 1853 aufhielt und, wie auf spätern Reisen dahin, die alten Meister studierte. In Rom malte er ein wirkungsvolles Bild: die Gefangennehmung der Frau und Kinder Manfreds nach der Schlacht bei Benevent, jetzt im Hofmuseum zu Wien. 1854 folgte er einem Ruf als Direktor der ständischen Kunstakademie nach Prag. Nebenbei vollendete er die unterdessen begonnenen Fresken in der Altlerchenfelder Kirche und malte zahlreiche Bildnisse. 1865 kehrte er nach Wien als Professor der dortigen Akademie zurück. In demselben Jahr entstand sein figuren reiches und lebensvolles Gemälde: Prinz Eugen nach der Schlacht bei Zenta, und in den folgenden Jahren malte er den Freskenzyklus aus Figaros Hochzeit und Orpheus für das neue Wiener Hofoperntheater. 1871 wurde er Direktor der kaiserlichen Gemäldegalerie im Belvedere, von der er einen dreibändigen Katalog (Wien 1882–86) veröffentlichte. 1892 trat er in den Ruhestand.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 793.
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