[881] Equisetinen (Equisetales, Schachtelhalme, Schafthalme), Reihe der Gefäßkryptogamen (Pteridophyten), umfaßt Sporen erzeugende Gewächse mit quirlig gestellten, kleinen oder zu Scheidenzähnen verkümmerten Blättern. Der einzigen Familie der Equisetazeen schließen sich die fossilen Kalamarien und Sphenophyllazeen an.
Die Equisetazeen (Equisetaceae) haben einen aufrechten, krautigen Stamm, der aus zylindrischen Gliedern besteht und an den Gelenken von häutigen Scheiden umgeben ist. Diese sind in eine bestimmte Anzahl gleicher Blattzähne gespalten; jedem solchen Zahn entspricht eine Längsriefe auf der Außenseite der Blätterscheide, und diese Riesen setzen sich auch auf dem darunterstehenden Stengelgliede fort. Die Zähne der aufeinander folgenden Blätterscheiden alternieren regelmäßig. Die über dem Boden stehenden Stämme sind meist grün, die Blätterscheiden meist trockenhäutig, ganz oder fast ganz chlorophyllos. Die Zweige entspringen quirlständig am Grunde der Blätterscheiden, zwischen je zwei Zähnen erscheint ein Zweig (Fig. 1). Die Zweige gleichen in der Hauptsache dem Stamm, nur sind sie dünner, und die Zahl ihrer Scheidenzähne und Riesen ist eine geringere; sie können wiederum nach dem gleichen Typus verzweigt sein. Die Stämme kommen aus einem im Boden wachsenden ausdauernden Rhizom, das von im wesentlichen ebenso gebauten, aber chlorophyllosen, braun gefärbten, bewurzelten Stammorganen gebildet wird, die bei manchen Arten stellenweise knollig anschwellen.
Die Leitbündel des Stammes flehen in einem Kreis (Fig. 2, S. 882) und stimmen in Stellung und Zahl[881] mit den oberflächlichen Riesen überein. Jedes einzelne Gefäßbündel oder alle insgesamt werden von einer Schutzscheide umgeben. Die Stengelglieder haben eine durch Zerreißung des Gewebes entstandene, weite, zentrale Markhöhle (Fig. 2). Auch in der Rinde findet sich meistens ein Kreis kleinerer lufthaltiger Hohlräume (Fig. 2), die mit den Leitbündeln alternieren. Die Rinde besteht aus chlorophyllhaltigen Zellen; eine äußere Zone bildet ein subepidermales Gewebe von gestreckten, chlorophyllosen Zellen mit stark verdickten Membranen, das in den Riesen am stärksten entwickelt ist.
In den Furchen finden sich Längsreihen von Spaltöffnungen mit doppeltem Schließzellenpaar, die im Niveau der benachbarten Oberhautzellen (bei den phaneroporen Equisetazeen) oder in einer Senkung (bei den kryptoporen Equisetazeen) liegen. Der Stamm wächst, wie der der Farne, mittels einer großen tetraedrischen Scheitelzelle, und auch der Bau der Wurzeln stimmt im wesentlichen mit dem der Farnwurzeln überein. Die Oberfläche der Schafthalme ist durch hohen Gehalt an Kieselerde (bis zu 97 Proz. der Asche) in den Zellwänden hart und rauh. Die Fruktifikationsorgane der Equisetazeen sind an der Spitze der Stämme stehende ährenförmige Vereinigungen eigentümlich metamorphosierter kleiner, schildförmiger Blattzipfel (Fig. 3), auf deren unterer Seite 510 Sporangien, kleine, mit Sporen erfüllte Säckchen, aufgewachsen sind. Bei den meisten Schafthalmen stehen diese Fruchtstände auf den gewöhnlichen grünen Stämmen, bei einigen Arten sind neben den grünen Sprossen besondere unverzweigte und chlorophylllose Fruchtsprosse vorhanden. Die Sporen haben alle gleiche Gestalt und Größe. Die äußere Hauptschicht derselben bilden zwei in der Mitte kreuzartig verbundene Schraubenbänder (Schleudern, Elateren, Fig. 4), die hygroskopische Bewegungen ausführen und dadurch die Sporen zu lockern Flocken aneinanderhäkeln, so daß immer mehrere derselben am gleichen Ort zur Aussaat kommen. Da der einzelne aus der keimenden Spore sich entwickelnde Vorkeim (Prothallium) entweder nur männliche Geschlechtsorgane (Antheridien) oder nur weibliche (Archegonien) trägt, so erscheint diese Einrichtung als eine Sicherung des Befruchtungsvorganges. Das im Archegonium ruhende Ei wird nach der Befruchtung zu einem Embryo, der allmählich zur neuen Pflanze heranwächst.
Die Equisetazeen mit der einzigen in der gegenwärtigen Flora noch erhaltenen Gattung Equisetum (s. d.) sind gegenwärtig in allen Zonen verbreitet und wachsen meist auf feuchtem Boden oder im Wasser; sie treten aber immer als untergeordnete Bestandteile der Vegetation auf. Dagegen haben verwandte Pflanzen, nämlich die mit zweierlei Arten von Sporen (Mikro- und Makrosporen) ausgestatteten Kalamarien der Steinkohlenformation eine großartige Verbreitung, sowohl in Reichtum der Formen als in Zahl der Individuen gehabt. Dieselben hatten die Tracht der Equisetazeen, ihre Stämme besaßen aber die Fähigkeit des Dickenwachstums und erreichten daher bedeutende Dimensionen. Die Blätter waren linienförmig und seitlich nicht miteinander zu einer Scheide verbunden; an den Seitenzweigen erscheinen die Blätter eines Quirls entweder getrennt (bei Asterophylliten) oder zu einer tellerförmigen Platte vereinigt (bei Annularia). Die Sporangienstände, die häufig isoliert gefunden werden und als Calamostachys, Palaeostachya u.a. beschrieben sind, trugen unterwärts Blätter mit Makrosporangien, oben solche mit Mikrosporangien. Der Steinkohlenflora gehörten ferner die Kalamiten an, baumförmige Schafthalme von beträchtlicher Höhe, mit gegliederten Stämmen und wirtelig gestellten Ästen. Bruchstücke solcher Stämme sind vielfach gefunden und als besondere Arten bezeichnet worden, z. B. als Calamites ramosus Brongn. (s. Tafel »Steinkohlenformation III«, Fig. 6), C. Cistii Brongn. (Fig. 5), C. Suckowii Brongn. (Fig. 6), die beide über das ganze Steinkohlengebiet Europas und Amerikas verbreitet sind und stellenweise massenhaft auftreten. Im Keuper finden sich Equisetazeen, die den jetzt lebenden näher verwandt sind, und die man in die Gattung Equisetum stellt oder als Equisetites Sternb. bezeichnet. Sie haben gegliederte, längsgestreifte Stengel mit gezahnten Blattscheiden. Hierher gehören auch die fossi len Gattungen Schizoneura und Phyllotheca aus der Trias und dem Jura.
Dagegen ist die durch quirlig gestellte, keilförmige und gabelnervige Blätter ausgezeichnete Gattung Sphenophyllum (s. d.), deren Arten vom Kulm bis zur obern Steinkohle auftreten, der Repräsentant einer ausgestorbenen Klasse der Gefäßkryptogamen, die wahrscheinlich ebenfalls Makro- und Mikrosporangien besessen hat. Vgl. Duval-Jouve, Histoire naturelle des Equisetum (Par. 1864); Milde, Monographia Equisetorum, in den »Nova acta Acad. Leop-Carolinae«, Bd. 32 (1865).
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