[230] Fußbekleidung. Das Bedürfnis einer F. wurde, wie das der Bekleidung überhaupt, bei der Urbevölkerung durch die Unbilden des Wetters und durch die Notwendigkeit, den Fuß für beschwerliche Wanderungen gebrauchs- und widerstandsfähig zu machen, hervorgerufen. Sohlen von Tierfellen mit der behaarten Seite nach innen gekehrt oder von geflochtenen Pflanzenstoffen, die mit Bändern aus Tiersehnen u. dgl. über dem Spann befestigt wurden, waren die älteste Form der F. Sohlen aus Schafs-, Ziegen- u. Rinderfellen haben sich noch bis in die neueste Zeit bei den Bewohnern der römischen Campagna und der Gebirge (daher von ciocia, Sandale, Ciociaren genannt), bei herumziehenden Zigeunern, bei Landleuten in Südeuropa u. dgl. erhalten (s. Tafel »Volkstrachten I«, Fig. 3,17 u. 18). Bei den alten Ägyptern waren Sohlen aus Leder oder aus den gespaltenen Blättern der Papyrusstaude geflochtene anfangs nur bei den vornehmern Ständen in Gebrauch. Sie wurden mit einem breiten Band über dem Spann und mit einem schmalen, zwischen den großen und den Nebenzehen hindurchgezogenen Riemen, der mit dem Spannbande verbunden wurde, befestigt und mit goldenen Zieraten an den Seiten versehen (s. Tafel »Kostüme I«, Fig. 1). Ähnlich war die F. der alten Assyrer, nur daß die Sohle meist mit einem breiten Hackenleder versehen war, zu dem dann noch Seitenleder hinzutraten, woraus sich der Schuh entwickelte. Für die Kriegertracht kam später ein bis zu den Knöcheln oder bis zur halben Höhe des Unterschenkels reichender Schnürstiefel auf, der sich über den ganzen Orient und bald auch über das Abendland verbreitete. Auch bei den Griechen war die Riemensohle (Sandale) die älteste Form der F., zu der sich aber bald reichere Cormen gesellten (s. Tafel »Kostüme I«, Fig. 4; Näheres s. Sandalen, mit Abbildung). Daneben gab es über dem Leisten gearbeitete Hohlschuhe und Schnürstiefel, letztere besonders für Jäger und Wanderer (kôthornos, Näheres s. Kothurn). Besonders geschätzt waren die lakonischen Männerschuhe. Die F. der Frauen war besonders die Riemensohle, die aus seinem, oft farbigem (purpurrotem) Leder verfertigt und mit Stickereien an den Niemen und mit Metallzieraten versehen wurde. Lydische und tyrrhenische Schuhe waren am meisten beliebt. Auch bei den Römern waren die Schnürsohlen (soleae) und der sockenartige Schuh (calceus, s. d.), daneben für die Kriegstracht ein festgearbeiteter Schuh mit Seiten- und Hackenledern und reichem Riemenwerk (caliga) und ein hoher, meist vorn geschnürter Stiefel (cothurnus) die Hauptformen der F. Die Frauen bevorzugten den Schuh. Der Stoff war Leder oder Filz. Die antiken Formen der F. wurden auch in Byzanz beibehalten und erhielten sich nach durch einen Teil des Mittelalters, mit den durch das Klima gebotenen Veränderungen und Anpassungen. Eine Eigentümlichkeit der Franken war es, daß sie Füße und Unterschenkel mit Riemen oder farbigen Binden umwanden, die, wenn nicht Schuhe dazu getragen wurden, die Zehen frei ließen (s. Tafel »Kostüme I«, Fig. 10). Im allgemeinen schmiegte sich die F. in der Form des Schuhes der natürlichen Form des Fußes an, anfangs mit mäßiger Spitze, die aber mehr und mehr verlängert wurde. Daraus bildeten sich schon im 12. Jahrh. an den Fürstenhöfen in Frankreich und England Übertreibungen der Mode heraus, die zuletzt dahin führten, daß die verlängerten Fußspitzen mit Werg ausgestopft (s. Tafel »Kostüme II«, Fig. 5) und die Schuhe zum Schutz der Spitzen mit hölzernen Unterschuhen (Trippen) versehen wurden (Näheres s. Schnabelschuhe, mit Abbildung). Gegen diese Mode, die sich mit kurzen Unterbrechungen bis ins 16. Jahrh. erhielt, machte sich um 1470 eine Reaktion geltend, indem wieder stumpfere Schuhe (s. Entenschnäbel) auftraten, die dann zu Anfang des 16. Jahrh. den vorn ganz abgerundeten Bärenklauen (s.d.) oder Ochsen- (Kuh-)mäulern Platz machten (s. Tafel »Kostüme II«, Fig. 10). Die F. des Landvolks war der Bundschuh, ein aus dem altgermanischen Fellschuh hervorgegangener, großer, bis über die Knöchel reichender Schuh, der über dem Spann mit Riemen festgebunden wurde (vgl. Bundschuh), daneben aber ein hoher, bis an die Knie reichender, oben umgekrempter Stiefel, der auch von Rittern getragen wurde, wenn sie nicht ganz gepanzert waren. Der Stiefel blieb fortan ein Bestandteil der kriegerischen Tracht, ging aber zu Beginn des 17. Jahrh. auch in die Tracht der Stutzer über, die ihn weit und tief herabgeklappt, oben sogar mit Spitzen besetzt trugen, und wurde in [230] Frankreich sogar hoffähig (Schlappstiefel, s. Tafel »Kostüme III«, Fig. 5). Um 1630 trat jedoch ein Umschwung ein, indem der Stiefelschaft fast röhrenförmig gestaltet wurde (Rohrstiefel). Die steifen Röhren erhielten sich das ganze 17. und auch einen Teil des 18. Jahrh. hindurch (Kanonenstiefel), bis sie dem zierlichern Husarenstiefel wichen (s. Tafel »Kostüme III«, Fig. 13). In der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. wurden Stiefel mit gelbledernen Stulpen auch zu den Kniehosen der bürgerlichen Tracht getragen, was als ein Zeichen freiheitlicher Gesinnung galt.
Der Schuh behielt im 16. Jahrh. den breiten Zehenabschluß mit hohem Hacken- und ganz niedrigem Seitenleder, wurde auch noch oft mit Puffen verziert. Gegen Ende des 16. Jahrh. schmiegte sich der Schuh wieder mehr und mehr der Gestalt des Fußes an, und er wurde vollends anschließender, seitdem man ihn nicht mehr aus einem, sondern aus zwei Stücken, einem Vorder- und einem Hinterteil, anfertigte, die an den Seiten durch Nähte verbunden wurden. An dem Hinterteil befanden sich Laschen, die über dem Vorderteil zusammengebunden wurden. Als letzteres gegen die Mitte des 17. Jahrh. höher und breiter geworden war, wurden die Laschen unter dem Vorderteil befestigt, das mit einer Rosette oder Bandschleife verziert wurde, die, bisweilen durch Draht gesteift, unter Ludwig XIV. ungeheure Dimensionen (bis 40 cm) annahm (s. Tafel »Kostüme III«, Fig. 1). Die Absätze waren rot oder gelb gefärbt. Gegen Ende des Jahrhunderts wurden die Laschen wieder über dem Vorderteil zusammengezogen, aber nicht durch Bänder, sondern durch eine Schnalle aus Stahl, bisweilen auch aus Silber und Gold mit Edelsteinen, die sich bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrh. erhielt, auch nachdem die Laschen wieder unter dem Vorderteil zusammengebunden wurden (s. Tafel »Kostüme III«, Fig. 7 u. 10). Der Frauenschuh folgte im allgemeinen demselben Wechsel der Mode, nur daß mit ihm, besonders in der zweiten Hälfte des 18. Jahrh., noch ein größerer Luxus getrieben wurde. Man fertigte Schuhe aus vergoldetem und gefärbtem Maroquin, wobei das Hackenleder anders gefärbt wurde als das Vorderleder, aus Seide, Spitzen u. dgl., und versah sie mit sehr hohen Absätzen. Die Schnallenschuhe haben sich auch noch im 19. Jahrh. und bis in die Gegenwart in der Volkstracht (s. Tafel »Volkstrachten I«, Fig. 19), in der Hoftracht (vgl. Escarpins), in gewissen Amtstrachten (z. B. bei den Senatoren in Hamburg), in der Dienerlivree etc. erhalten. Die reichste Sammlung von Fußbekleidungen aller Zeiten und Völker besitzt das Museum Cluny in Paris. Über die moderne F. s. Schuh.