[463] Geheimnis (Arcanum, Mysterium), alles Dunkle, Verborgene, Unbegreifliche, besonders in Sachen der Religion. In diesem Sinne nennt man Geheimnisse z. B. die Lehren von der Trinität, von der doppelten Natur Christi, von der Gegenwart des Leibes und Blutes im Abendmahl etc. Vgl. Mysterien. Das [463] Interesse an der Wahrung des persönlichen und geschäftlichen Lebens vor unberufenem Eindringen hat bisher keineswegs den strafrechtlichen Schutz der Reichsgesetzgebung gefunden, den es eigentlich notwendig hat. Nach § 300 des Strafgesetzbuches werden Rechtsanwalte, Advokaten, Notare, Verteidiger in Strafsachen, Ärzte, Wundärzte, Hebammen, Apotheker sowie die Gehilfen dieser Personen, wenn sie unbefugt Privatgeheimnisse, d. h. Tatsachen des Privatlebens, an deren Geheimhaltung derjenige, den sie betreffen, Interesse hat, offenbaren, die ihnen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes anvertraut sind, mit Geldstrafe bis zu 1500 Mk. oder mit Gefängnis bis zu 3 Monaten bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. Der Verrat und die rechtswidrige Verwertung sowie die Bestimmung zum Verrat von Geschäftsgeheimnissen oder Betriebsgeheimnissen, d. h. jede auf Herstellung und Vertrieb von Waren bezügliche, vor Unberufenen mit Erfolg geheim gehaltene Tatsache, deren Bekanntwerden den Betrieb des Geschäfts schädigen würde, ist durch § 9, bez. § 11 des Unlauteren Wettbewerbsgesetzes unter Strafe gestellt, wenn er zum Zweck des unlauteren Wettbewerbs unternommen wird. Ebenso wird der Verrat von Betriebs- und Fabrikgeheimnissen seitens Mitglieder von Genossenschaftsvorständen, Sachverständigen und Schiedsgerichtsbeisitzenden nach den Reichsversicherungsgesetzen, der Reichsgewerbeordnung, dem Margarine-, Wein- und Patentgesetz gestraft, wenn die genannten Personen kraft ihres Amtes oder Auftrags von diesen Betriebsgeheimnissen Kenntnis erhalten haben. Besonders geregelt ist der Verrat militärischer Geheimnisse durch das Reichsgesetz vom 3. Juli 1893 gegen den Verrat militärischer Geheimnisse. Unter diesen versteht das Gesetz (§ 1) alle bisher unbekannt gebliebenen Gegenstände, wie Schriften und Zeichnungen, deren Geheimhaltung im Interesse der Landesverteidigung erforderlich ist, z. B. Mobilmachungspläne, Festungspläne, Zeichnungen und Modelle von Gewehren und Geschützen etc. Die einfache Ausspähung oder Verrat derartiger Geheimnisse wird mit Gefängnis oder Festungshaft, der schwere, d. h. wenn dadurch die Sicherheit des Deutschen Reiches gefährdet wird, mit Zuchthaus gestraft. Über den Schutz des Briefgeheimnisses s. d. Vgl. Brouardel, Le secret médical (2. Aufl., Par. 1893); Placzek, Berufsgeheimnis des Arztes (2. Aufl., Leipz. 1898); Hallays, Le secret professionnel (das. 1890); Brunstein, Der Schutz des Fabriks- und Geschäftsgeheimnisses (Wien 1887); Friedländer, Der strafrechtliche Schutz des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses (Berl. 1903).