Gemeines Recht

[534] Gemeines Recht ist dasjenige Recht, das in einem ganzen Rechtsgebiet auf Grund einer für dieses verbindlichen Rechtsquelle (Gesetzgebung oder allgemeine Übung) Geltung hat im Gegensatze zum partikulären Rechte, das in einem Teil eines Rechtsgebiets auf Grund einer nur für diesen Teil verbindlichen Rechtsquelle gilt. Gemeines deutsches Recht hieß bis zum Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches (1. Jan. 1900) im Gegensatze zum Landrecht oder Stadtrecht dasjenige Recht, das in dem vormaligen heiligen römischen Reiche deutscher Nation durch eine für dessen ganzes Gebiet verbindliche Rechtsquelle zur Geltung gelangt ist. Es hatte jedoch nur subsidiäre Kraft, d. h. es war nur insoweit maßgebend, als nicht land- oder stadtrechtliche Bestimmungen bestanden. Gemeines deutsches Recht ist aber seit Errichtung des neuen Deutschen Reiches auch das auf der Reichsgesetzgebung beruhende für das Reichsgebiet eingeführte Recht. Sein Charakter ist jedoch der eines absoluten Rechtes, d. h. es hebt alle entgegenstehenden Bestimmungen des Partikularrechts auf (Reichsverfassung, Art. 2). G. R. entstand früher vornehmlich auf dem Gebiete des Privatrechts und hatte hier im römischen und kanonischen Recht seine Wurzeln. Quellen des gemeinen deutschen Privatrechts waren vor allen: das Corpus juris civilis, das Corpus juris canonici clausum (s. Corpus juris) und die langobardischen Lehenrechtsbücher (libri feudorum). Neben diese Rechtsquellen traten noch die Gesetze des frühern Deutschen Reiches und die deutschen Rechtsgewohnheiten. An die Stelle des gemeinen Rechtes ist nunmehr das Bürgerliche Gesetzbuch (s.d.) getreten. Vgl. Deutsches Recht, S. 747.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 534.
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