Hermann der Lahme

[215] Hermann der Lahme (Hermannus contractus, Hermann von Reichenau), deutscher Geschichtschreiber, Sohn des schwäbischen Grafen Wolverad von Altshausen, geb. 1013, gest. 24. Sept. 1054, seit 1020 im Kloster Reichenau erzogen und später Mönch daselbst, war von Jugend auf an den Beinen gelähmt und konnte kaum verständlich sprechen, erwarb sich aber eine erstaunliche Gelehrsamkeit und zog viele Schüler nach Reichenau, die ihn sehr verehrten. Sein wichtigstes Werk ist das »Chronicon ab urbe condita [215] ad annum 1054« (Basel 1529 u. 1536) mit der Fortsetzung (bis 1066) seines Schülers Bertold (der auch ein mit vieler Wärme geschriebenes Lebensbild seines geliebten Lehrers hinzufügte), wegen seiner chronologischen Genauigkeit hochgeschätzt und im Mittelalter vielbenutzt, für die Jahre 1040–54 eine Quelle ersten Ranges. Neueste Ausgabe in den »Monumenta Germaniae historica«, Scriptores, Bd. 5; deutsch von Nobbe (Berl. 1851). Eine andre H. zugeschriebene, verloren gegangene Schrift über die Taten Konrads II. und Heinrichs III. ist wahrscheinlich nur von ihm verbessert, aber Wipos (s. d.) Werk. Sein dichterisches Talent bewies H. in dem an Nonnen gerichteten Lehrgedicht »De octo vitiis principalibus« (hrsg. in Haupts »Zeitschrift für deutsches Altertum«, Bd. 13). Auch die Kirchengesänge: »Salve regina«, »Alma redemptoris« und »Veni sancte Spiritus« werden ihm zugeschrieben. Über Mathematik und Astronomie sind Werke von H. erhalten. Vgl. Hansjakob, Herimann der Lahme (Mainz 1875).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 215-216.
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