Jugurtha

[358] Jugurtha, König von Numidien, natürlicher Sohn des Mastanabal, eines Sohnes des Königs Masinissa, erhielt durch die Gunst seines Oheims Micipsa dieselbe fürstliche Erziehung wie dessen eigne Kinder und wurde von ihm förmlich adoptiert und zum Miterben des Thrones erklärt. Trotzdem ließ J. nach dessen Tode (118 v. Chr.) seinen jüngern Adoptivbruder, Hiempsal I., aus dem Wege räumen (117), besiegte den ältern, unkriegerischen Adherbal im offenen Kampf und brachte es durch Bestechung dahin, daß zehn römische Gesandte das numidische Reich zwischen ihm und Adherbal auf die Weise teilten, daß er selbst den bessern westlichen, Adherbal dagegen den östlichen Teil des Landes erhielt. Da J. auch dies Reich Adherbal nicht gönnte, begann er einen neuen Krieg; Adherbal wurde bei Cirta geschlagen, sodann in seiner Hauptstadt belagert und bei deren Übergabe mit einem großen Teil der Bevölkerung, darunter vielen römischen Bürgern, umgebracht (112). Endlich wurde in Rom, vornehmlich auf das Betreiben des designierten Volkstribuns Gajus Memmius, der Krieg gegen J. (Jugurthinischer Krieg, 111–106) beschlossen. Im ersten Jahr (111) wurde dieser vom Konsul Calpurnius Bestia anfangs nicht ohne Nachdruck geführt, dann aber infolge von Bestechung mit einer Scheinunterwerfung des J. beendet, die ihn im unbeschränkten Besitz des ganzen Reiches ließ. Auf Antrag des Memmius, der jetzt Volkstribun war, wurde J. nunmehr nach Rom berufen, um sich zu verantworten und seine Mitschuldigen zu nennen; hier aber trat er, von bestochenen Gönnern unterstützt, so dreist auf, daß er sogar einen sich dort aufhaltenden Vetter, Massiva, den Sohn Gulussas, ermorden ließ, worauf selbst seine Gönner nicht hindern konnten, daß er aus der Stadt gewiesen und die Erneuerung des Krieges gegen ihn beschlossen wurde. Die Führung übernahm der Konsul des J. 110, Spurius Postumius Albinus, doch war sie erfolglos, da das Heer ganz zuchtlos und verwildert war; sein von J. bestochener Bruder Aulus ließ sich sogar von ihm überfallen und schloß mit ihm einen Vertrag, wonach das römische Heer unter dem Joch hindurchgehen und ganz Numidien räumen mußte. Hiermit aber war das Maß der Schmach für die Senatspartei erfüllt, deren Angehörige bisher den Krieg geleitet hatten; es wurde auf Antrag des Volkstribuns Mamilius (lex Mamilia) eine Untersuchung gegen die Schuldigen eingeleitet, infolge deren mehrere derselben verurteilt wurden, und der Krieg mit Ernst und Energie und daher auch mit Erfolg geführt, zunächst in den Jahren 109 und 108 von dem Konsul Q. Cäcilius Metellus. Unterhandlungen, die J. mit diesem anknüpfte, führten nicht zum Abschluß; nach einer zweiten Niederlage durch Metellus floh er zu seinem Schwiegervater, dem König Bocchus von Mauretanien, und rückte mit diesem 107 gegen Cirta vor, wohin ihm das römische Heer entgegenging. Der Oberbefehl lag jetzt in der Hand seines bisherigen Legaten Gajus Marius, der vom Volk zum Konsul erwählt und zum Oberbefehlshaber in diesem Krieg bestimmt worden war. Er setzte ihn in den Jahren 107 und 106 in derselben Weise und mit demselben Geschick und Glück fort wie sein Vorgänger, indem er das Land durchzog und den[358] beiden Königen bei Cirta zwei Schlachten abgewann. Durch diese Mißerfolge entmutigt, setzte sich Bocchus mit den Römern in Verbindung und wurde hauptsächlich durch L. Cornelius Sulla, den Quästor des Marius, bewogen, J. auszuliefern (106). Von Marius gefesselt in seinem Triumph (104) ausgeführt, wurde er im Kerker hingerichtet. Eine meisterhafte Geschichte des Jugurthinischen Krieges, dessen Bedeutung weniger in der Erweiterung der römischen Macht als in dem Siege der Volkspartei über die durch ihre Korruption bloßgestellte Senatspartei liegt, haben wir von Sallustius. Vgl. Meinel, Zur Chronologie des Jugurthinischen Krieges (Augsb. 1883).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 358-359.
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