Körber

[481] Körber, 1) Ernst von, österreich. Minister, geb. 6. Nov. 1850 in Trient als Sohn eines Majors, studierte die Rechte, trat 1872 beim Landesgericht in Wien ein, wurde 1874 in das Handelsministerium berufen und 1887 Leiter der Präsidialabteilung. Er bewährte sich bei der Organisation der Staatseisenbahnen, wurde 1892 Sektionschef der neuerrichteten Präsidialsektion, 1895 Generaldirektor der Staatsbahnen und 1896 von Badeni als Sektionschef in das Ministerium des Innern berufen. Im November 1897 übernahm er das Handelsministerium im Kabinett Gautsch, blieb nach dessen Rücktritt im März 1898 zur Disposition und wurde, nachdem er im September ins Herrenhaus berufen worden war, 1. Okt. 1899 im Ministerium Clary Minister des Innern, trat zwar mit diesem Ende Dezember wieder zurück, wurde aber 19. Jan. 1900 zum Ministerpräsidenten und Minister des Innern ernannt. Er erhielt die Aufgabe, das durch die Obstruktion der Tschechen in seinen Verhandlungen gestörte Abgeordnetenhaus wieder arbeitsfähig zu machen. Da die Obstruktion jedoch schon im Mai wieder einsetzte, mußte K. das Haus vertagen; er entschloß sich, im September noch einen Versuch zu machen, die reichsrätliche Bewilligung der sogen. Staatsnotwendigkeiten zu erlangen. Als auch dieser scheiterte, wurde das Abgeordnetenhaus 7. Sept. aufgelöst. K. machte von der Bestimmung des § 14, der dem Ministerium in dringenden Angelegenheiten das Verordnungsrecht einräumt, wenn der Reichsrat nicht versammelt ist, nur den allernotwendigsten Gebrauch und ordnete sofort Neuwahlen an, die im Januar 1901 vorgenommen wurden. Allein gleich die erste Sitzung des Reichsrats (30. Jan.) begann im Zeichen der Obstruktion, die erst im März durch die kluge Einbringung der Investitionsvorlage (483 Mill. Kronen für Eisenbahnbauten) und durch das Wasserstraßengesetz gemildert wurde. In der Herbstsession erwies sich der Reichsrat wiederum arbeitsunfähig, so daß K. in einer Sitzung (9. Dez.) mit einer »Radikalkur« drohte, welche Drohung er aber in einer zweiten Rede (24. Febr. 1902) milderte. Im Oktober versuchte K. von neuem, in einer Konferenz der Deutschen und Tschechen eine Regelung der Sprachenfrage in Böhmen und Mähren herbeizuführen, doch ohne Erfolg. Im April 1903 wurde K. durch die Verleihung des Großkreuzes des Stephansordens für seine Bemühungen um die Zustandebringung des Ausgleiches mit Ungarn, der am 31. Dez. 1902 von Szell und K. unterzeichnet worden war, ausgezeichnet. Die im Juni 1903 eingetretenen ungarischen Wirren, die mit Fragen der gemeinsamen Armee zusammenhingen, veranlaßten K., sein Demissionsgesuch zu überreichen, das aber 7. Juli durch ein überaus schmeichelhaftes Handschreiben des Kaisers abgelehnt wurde. Als im weitern Verlauf der noch ungelösten ungarischen Krise der Kaiser durch den Armeebefehl von Chlopy vom 17. Sept. den ungarischen Forderungen bezüglich der Armeesprache entschieden entgegentrat, wurde die Initiative zu diesem Entschluß von den Ungarn K. zugeschrieben und dieser von ungarischer Seite aufs heftigste angegriffen. Im Frühjahr und Sommer 1904 traf die Regierung Körbers Verfügungen, durch welche die bislang stillstehenden innerpolitischen Verhältnisse in Fluß gerieten. Die Angliederung einer italienischen Fakultät an die deutsche Universität in Innsbruck führte dort zu Straßenkämpfen; ein eigenartiges Privileg für die Agramer Universität und der Plan tschechischer und polnischer Parallelklassen an den Lehrerbildungsanstalten in Troppau und Teschen erregten die deutschen Parteien aufs höchste. Dazu kamen die Aufsehen erregende Reise des Ministerpräsidenten nach Galizien im August bis September und schließlich die Rekonstruktion des Ministeriums im Oktober, bei der Randa tschechischer Landsmannminister wurde. Unter solchen Umständen begann die am 17. Nov. eröffnete neue Reichsratssession ungemein stürmisch; es zeigte sich, daß K. sich die deutschen Parteien entfremdet hatte, während die Tschechen bei ihrer Obstruktionspolitik beharrten. Anfang Dezember erlitt das Ministerium im Budgetausschuß eine empfindliche Niederlage, und Körbers Demission wurde 31. Dez. 1904 vom Kaiser angenommen.

2) Gustav Wilhelm, Botaniker, s. Kbr.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 481.
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