Kümmel [1]

[797] Kümmel (Karve, Garbe, Carum carvi L.), zweijährige Pflanze aus der Familie der Umbelliferen und der Gattung Carum (s. d.), mit spindelförmiger, etwas ästiger Wurzel, 0,3–1 m hohem, vom Grund an ästigem, kantig-gerieftem, kahlem Stengel, doppelt gefiederten Blättern, fiederteiligen Blättchen und schmal linealischen Läppchen, ohne Hüllen und Hüllchen, weißen Blüten und 5 mm langen Früchten. Der K. findet sich im mittlern und nördlichen Europa bis zur Birkengrenze, in Südsibirien und im Elburzgebirge, wächst auf guten, trocknen Wiesen und wird in Holland, bei Halle, Erfurt, Hamburg, Nürnberg, in Ostpreußen, Tirol, Norwegen, Schweden, Finnland, Rußland auf Feldern kultiviert. Sein Anbau gehört zu den einträglichsten Kulturen. Er fordert mürben, etwas bindigen, kalkhaltigen, warmen, trocknen Boden. Man sät ihn während der Baumblüte in 30 cm voneinander entfernten Reihen und sorgt dafür, daß die Pflanzen in den Reihen 15 cm voneinander entfernt stehen. Man sät den K. aber auch auf Gartenbeeten und verpflanzt ihn im Juli bei trübem Wetter auf den Acker. Im Herbst schneidet man das Kraut bis zum Herzblatt ab und verbraucht es zur Fütterung. Im folgenden Jahr blüht der K. im Mai und muß geschnitten werden, sobald die oberste Dolde zu reisen beginnt und die übrigen grüne, entwickelte Früchte haben. Man bindet ihn in kleine Bündel und trocknet diese auf dem Acker oder dem Hofe. Vgl. Handelspflanzen. Man baut den K. auch zur Benutzung der Wurzeln, sät ihn dann stets auf den Acker, stellt die Pflanzen beim Jäten 20–25 cm voneinander und erntet die Wurzeln im Oktober, die dann ein der Pastinake ähnliches, aber nicht für jedermann angenehmes Gemüse geben. Der K. leidet durch Mäuse, Kaninchen, Engerlinge und die Larve des Pfeifers oder der Kümmelschabe (Depressaria nervosa Hawort). Der Same enthält viel ätherisches Öl, schmeckt beißend gewürzhaft und dient als Gewürz, in der Bäckerei, Käsefabrikation und in der Küche, als Zugabe zu Mastfutter, zur Darstellung von ätherischem Öl und Likören (s. unten und Kümmelöl), seltener als Arznei. Das Kümmelstroh dient als Schaffutter, zum Einstreuen, als Brennmaterial und zum Besenbinden. Der Rückstand von der Destillation des Öles ist ein gutes Futtermittel. Er enthält 20–23,5° Rohprotein und 14–16 Proz. Fett. Den besten K. des Handels liefert Holland; 1896 führte Deutschland 2,153,100 kg ein, davon aus Holland 1,978,500 kg. K. wurde schon im Altertum angebaut und als Gewürz benutzt, er wird in den mittelalterlichen Arznei- und Destillierbüchern oft genannt und im 12. Jahrh. pries ihn die Äbtissin Hildegard als Arzneimittel. Auch in den deutschen Arzneibüchern des 12. und 13. Jahrh. wird er erwähnt. In städtischen Spezereitaxen wird K. zuerst 1304 in Brügge, dann in der Mitte des 15. Jahrh. in Danzig ausgeführt. Der römische oder Mutterkümmel stammt von Cuminum Cyminum (s. Cuminum).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 797.
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