[99] Klausthal (Clausthal), wichtigste Bergstadt auf dem Oberharz, im preuß. Regbez. Hildesheim, Kreis Zellerfeld, liegt zwischen den Quellbächen der Innerste und an der Staatsbahnlinie Halle-K., 604 m ü. M. auf einem rauhen Plateau, auf dem Ackerbau nicht mehr betrieben werden kann, und ist von der Nachbarstadt Zellerfeld nur durch den kleinen Zellbach getrennt. Die Stadt hat eine evangelische und eine kath. Kirche, Gymnasium, Bergakademie und Bergschule (mit Bibliothek, großen Sammlungen von Modellen und Mineralien und einem Laboratorium), Oberbergamt, Hüttenamt, Berginspektion, Oberförsterei und (1900) 8565 meist evang. Einwohner. Hauptbeschäftigung sind Bergbau und Hüttenbetrieb; außerdem findet sich dort Zigarrenfabrikation, Holzsägerei, eine Strickwarenfabrik und Bierbrauerei. Die Bergwerke in der Nähe von K. gehören zu den wichtigsten des preußischen Harzes, namentlich die Gruben des Burgstädter Zugs: Herzog Georg Wilhelm, Anna Eleonore und Bergmannstrost. Die erstgenannte hat nächst dem Samson bei Andreasberg den tiefsten Schacht des Harzes, den Kaiser Wilhelm-Schacht (865 m). Als Ersatz für die nach und nach eingehenden kleinen Pochwerke ist 1 km von der Stadt entfernt eine großartige, mit den modernsten Maschinen versehene Aufbereitungsanstalt erbaut; die Zuführung der Erze zur Aufbereitung geschieht durch den mit elektrischen Fördermaschinen versehenen Ottiliä-Schacht (570 m), dem die Roherze durch elektrische Lokomotivförderung unter Tage zugeführt werden. Noch 1 km weiter liegt die Frankenscharner Silberhütte mit 14 Schmelzöfen und weiter talabwärts die bedeutende Grube Bergwerkswohlfahrt. Der Bergbau umfaßt außer den Klausthaler Gruben auch noch die Bergwerke bei Zellerfeld, Bockswiese, Lautenthal, Grund und Andreasberg sowie die denselben dienenden Hüttenwerke zu K., Lautenthal, Altenau und Andreasberg. Gefördert werden hauptsächlich silberhaltiger Bleiglanz, Kupfer- und Zinkerze. Die Grundwasser werden durch zwei Stollen abgeführt, von denen der Georgsstollen (177999 erbaut) sich durch sämtliche Gruben (außer den Lautenthaler) erstreckt, etwa drei Stunden Länge hat und bei der Bergstadt Grund mündet (284 m ü. M.), während der noch 140 m tiefere Ernst August-Stollen (185164 gebaut) an seinem Anfangspunkt bei der Grube Karolina in 392 m Tiefe eindringt und bei Gittelde (210 m ü. M.) mündet. Letzterer, eins der bedeutendsten Werke der Markscheidekunst, sichert in Verbindung mit der 230 m unter dem Ernst August-Stollen und 37 m unter dem Meer liegenden tiefsten Wasserstrecke den Bergbau auf die längste Zeitdauer. Zum Betrieb der Werke werden nicht nur sämtliche Quellwasser und Bäche des Plateaus aufgefangen und in 67 Teichen, von denen der Hirschler Teich allein über 15 Hektar groß ist, gesammelt, sondern auch die Quellwasser des 22 km entfernten Brockenfeldes und des Bruchberges durch den sogen. Dammgraben den Klausthaler Werken zugeführt. Der fiskalische Bergbau des Oberharzes beschäftigte 1903: 3269 Arbeiter. Es wurden in diesem Jahre gefördert 14,021 Ton. Bleierze, 19,037 T. Zinkerze, 7 T. Kupfererze und 13 T. Silbererze. Die Produktion der Hütten betrug 48.88 kg Gold, 37,430,98 kg Silber, 10,342 T. Blei und 333 T. Kupfer. Der Bezirk des Oberbergamts K. umfaßt die preußischen Regierungsbezirke Hildesheim (mit Ausnahme der Grafschaft Hohnstein), Hannover, Lüneburg und Stade, den Regierungsbezirk Kassel und die Provinz Schleswig-Holstein. Die erste Besiedelung des Oberharzes geschah in der Mitte des 12. Jahrh. durch Gründung des Benediktinerklosters Cella, die wahrscheinlich vom reichsunmittelbaren Stift Simonis et Judae in Goslar ausging. Das Kloster, von dem noch unbedeutende Reste in Zellerfeld vorhanden sind, wurde 1431 vom Papst aufgehoben. Die zweite Besiedelung erfolgte zu Anfang des 16. Jahrh. infolge des Interesses, das die braunschweigischen Herzoge, namentlich Heinrich der Jüngere, am Bergbau nahmen. 1532 gab er dem braunschweigischen Teil des Oberharzes die erste Bergfreiheit, und schon 1538 wurde in Zellerfeld die erste Kirche gebaut. Im grubenhagenschen Anteil erließ Herzog Ernst 1553 die erste Bergfreiheit. Die um diese Zeit entstandene Bergstadt K. erhielt 1570 die erste Kirche. Diese und die andern Bergstädte wuchsen schnell durch das rasche Aufblühen des Bergbaues und die Einwanderung fränkischer Bergleute; noch heute ist der Dialekt der Einwohner in den Bergstädten ein oberdeutscher, dem fränkischen ähnlich. Der Bergbau war gewerkschaftlich, bis er 1864 nach Abfindung der noch vorhandenen Anteilsbesitzer in die Hände des Staates überging. Vgl. Behme, Geologischer Führer durch die Umgebung der Stadt K. (Hannov. 1898).