Klenze

[130] Klenze, Leo von, Architekt, geb. 29. Febr. 1784 auf dem Gute seines Vaters im Fürstentum Hildesheim, gest. 26. Jan. 1864 in München, bezog zu kameralistischen Studien die Universität in Berlin, hörte jedoch fast ausschließlich Vorlesungen über Architektur und andre Künste. Mit Schinkel vereinigte er sich zu einem eifrigen Studium der nachgelassenen Arbeiten Friedrich Gillys, die auf seine spätere Entwickelung von Einfluß wurden. Nachdem er in Berlin die Prüfungen der Bauakademie bestanden, ging er 1803 nach Paris, wo er als Schüler der Polytechnischen Schule den Unterricht von Durand und Percier genoß und sich daneben bei Bourgeois insbes. in der dekorativen Malerei weiter ausbildete, und einige Jahre später nach England und nach Italien, wo er besonders die antiken Ruinen studierte. 1808 wurde er vom König Jérôme zum Hofarchitekten und 1810 zum Hofbaudirektor in Kassel ernannt. Die Ereignisse von 1813 führten ihn ins Privatleben zurück, bis er 1815 einen Ruf nach München erhielt. Die Reihe seiner dortigen Werke eröffnete er mit der Glyptothek (1816–30); es folgten das Hotel des Herzogs von Leuchtenberg, die königliche Reitbahn, der Basar, das Kriegsministerium und das anatomische Theater. Er brachte damals zuerst auf deutschem Boden den Stil florentinischer Paläste in Anwendung. Mit dem Regierungsantritt König Ludwigs I. begann eine neue glänzende Periode seiner Wirksamkeit, die durch seine amtliche Stellung als Oberbaurat noch gehoben wurde. Von seinen Schöpfungen dieser Periode sind die hervorragendsten: das Eingangstor in den Hofgarten, das Postgebäude, die Alte Pinakothek im Stile des Bramante, die Allerheiligen-Hofkirche im italienisch-romanischen Stil,[130] das Odeon und das Palais des Herzogs Max in moderner Renaissance, der Königsbau im florentinischen Palaststil, der Festsaalbau im Stil des Palladio, die Walhalla bei Regensburg, die Befreiungshalle bei Kelheim, die bayrische Ruhmeshalle und die Propyläen in München, jene im römischen, diese beiden im hellenischen Stil. 1834 reiste K. in Angelegenheiten des Hofes nach Griechenland und erhielt dort von der Regierung den Auftrag, die Prüfung und Umarbeitung des Planes der neuen Hauptstadt zu übernehmen. Seit 1839 stand er in Verbindung mit dem Hofe in Petersburg und war 1852 zum siebentenmal in dieser Stadt, um mehrere Bauten, z. B. das Museum der Eremitage, den Kaiserpalast und die St. Isaakskirche, auszuführen. 1853 wurde K. der Stelle als Direktor der obersten Baubehörden in Bayern enthoben. Mit Thorwaldsen, Rauch u. Kaulbach stand K. in engerer Beziehung, während er ein entschiedener Gegner von Cornelius war. Er veröffentliche unter anderm: »Über das Hinwegführen plastischer Kunstwerke aus dem jetzigen Griechenland« (Münch. 1821); »Sammlung architektonischer Entwürfe« (das. 1831–50,10 Hefte); »Versuch einer Wiederherstellung des toskanischen Tempels nach seinen historischen und technischen Analogien« (das. 1822); »Aphoristische Bemerkungen, gesammelt auf der Reise nach Griechenland« (Berl. 1838); »Die Walhalla in artistischer und technischer Beziehung« (Münch. 1843). K. war mehr ein mit Geschmack und weiser Benutzung der vorhandenen Mittel, namentlich griechischer und italienischer Vorbilder, reproduzierendes als selbständig schaffendes Talent. Seiner Ansicht nach gab es nur eine Baukunst: die hellenische; was vorausging und nachfolgte, sind nur Bauarten. Mehr Hofmann als Künstler, hatte er sich in seiner dominierenden Stellung nur dadurch zu behaupten gewußt, daß er sich in die Launen seiner königlichen Bauherren fügte. Auch als Landschaftsmaler in Öl und Aquarell hat sich K. mit Glück versucht.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 130-131.
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