Lamm [1]

[80] Lamm, Schaf oder Ziege, von der Geburt bis zum vollendeten ersten Lebensjahr. – In der altchristlichen Kunst der Katakomben war das L. schon seit dem 3. Jahrh. ein anfangs selten, später häufig vorkommendes Symbol Christi (mit Rücksicht auf Ev. Joh. 1, 29 und das jüdische Passahlamm), zuerst mit einem Hirtenstab und einem die nach der Kommunion gereichte Milch enthaltenden Gefäß an Stelle des Guten Hirten (s. d.), seit dem Beginn des 4. Jahrh. mit Kreuz und Nimbus, später auch mit Kreuzesfahne, die dann das ständige Attribut geworden ist. Gewöhnlich steht das L. auf einem Berg, an dessen Fuß die vier Flüsse des Paradieses entspringen (auf Wandgemälden, Sarkophagen, Goldgläsern u. dgl.). In der weitern Entwickelung wurde das L. auch das Symbol der Gläubigen, zunächst in Verbindung mit dem guten Hirten, der das verirrte L. zum Schafstall, d.h. zu seiner Kirche, zurückbringt, später auch in Verbindung mit dem auf dem Berge stehenden göttlichen L., zu dem aus zwei Städten, Jerusalem und Bethlehem, d.h. aus dem Judentum und Heidentum, eine Reihe von Lämmern, gewöhnlich je sechs, hinzueilen. Diese zwölf Lämmer werden auch auf die zwölf Apostel gedeutet. Auf gewissen künstlerischen Darstellungen erscheint das L. als Sinnbild von Tugenden, die an einem Verstorbenen gerühmt werden (Unschuld, Sanftmut, Geduld, Reinheit etc.). In diesem Sinne ist das L. auch als Attribut der Charitas und der heil. Agnes und in sinnbildlichen Darstellungen allgemeiner Art aufzufassen. Bei den Darstellungen Johannes' des Täufers weist das L. auf sein Wort von dem L., das die Sünde der Welt trägt. Auf dem berühmten Altarbilde der Brüder van Eyck (Anbetung des Lammes) ist das apokalyptische L. (Offenb. Joh. 7, 9) dargestellt. S. auch Agnus Dei. Vgl. Martigny, Etude archéologique sur l'Agneau et le Bon pasteur (Mâcon 1860).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 80.
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