Lavoisier

[269] Lavoisier (spr. -wūasjē), Antoine Laurent. Chemiker, geb. 16. Aug. 1743 in Paris, gest. daselbst 8. Mai 1794, studierte Naturwissenschaft und erwarb sich eine ungewöhnlich vielseitige und besonders auch mathematische Bildung. 1771 wurde er einer der Generalpächter der Steuern und benutzte die ihm nun reichlich zu Gebote stehenden Mittel zur Lösung der wichtigsten wissenschaftlichen Probleme. 1776 wurde er Leiter der Salpeter- und Pulverfabriken, 1788 Administrator der Diskontokasse und 1791 Kommissar des Nationalschatzes. Aber trotz seiner Verdienste um die Wissenschaft und um öffentliche Einrichtungen ward er 1794 als ehemaliger Generalpächter der Erpressung angeklagt und hingerichtet. L. war einer der größten Forscher der neuern Zeit; mit durchdringendem Scharfsinn und unvergleichlicher Klarheit der Gedanken bemächtigte er sich der wichtigsten Entdeckungen seiner Zeit und führte auf Grund derselben die fruchtbarste Umwälzung der Chemie herbei, die diese Wissenschaft je erlebt hat. Er brachte für die Entscheidung chemischer Fragen Methoden und Hilfsmittel in An wen dung, die damals als physikalische betrachtet wurden, und benutzte namentlich genauere Wägungen und Messungen zu Ausgangspunkten von Schlußfolgerungen, welche die Grundlehren der Chemie betrafen. So brachte er in verhältnismäßig kurzer Zeit ein neues chemisches System zur Geltung, vielsach[269] mit Benutzung fremder Arbeiten, die er besser zu deuten wußte als ihre Urheber (und die er oft widerrechtlich als eigne Entdeckungen bezeichnete), jedenfalls aber auch mit einer damals sonst nirgends zu findenden Unabhängigkeit von den herrschenden Lehren. Die der neuen Lehre entsprechende chemische Nomenklatur arbeitete er namentlich mit Guyton-Morveau 1787 aus, und 1789 faßte er sein System im »Traité de chimie« (3. Aufl. 1801, 2 Bde.; deutsch von Harmbstädt, Berl. 1792, 2 Bde.; 2. Aufl. 1803) zusammen. Lavoisiers wichtigste Arbeiten betreffen den Verbrennungsprozeß, der das Mittel zum Sturz der Phlogistontheorie wurde; er zeigte, daß die Verbrennungsprodukte Verbindungen der verbrannten Körper mit Sauerstoff sind, daß manche Elemente sich in mehreren Verhältnissen mit Sauerstoff verbinden können, und daß die bei der Oxydation gewisser Elemente sich bildenden Säuren um so stärker sind, je mehr Sauerstoff sie enthalten. Er lieferte aber auch eine Theorie der alkoholischen Gärung, physiologische und mineralogische Arbeiten, und ebenso bemühte er sich um Fortschritte in der Technik, um Anhaltspunkte für die Statik des Landbaues und für die meteorologische Kenntnis Frankreichs. 1900 wurde ihm in Paris ein Denkmal (von Barrias) errichtet. Sein Bildnis s. Tafel »Chemiker I«. Von seinen Schriften sind noch hervorzuheben: »Opuscules physiques et chimiques« (1774, 2. Aufl. 1801) und die von seiner Gattin herausgegebenen »Mémoires de chimie« (1805, 2 Bde.). Eine Gesamtausgabe erschien 1864 bis 1893, 6 Bde. Seine Arbeit über die Wärme (mit Laplace) erschien in Ostwalds Klassikern (Leipz. 1892). Vgl. Kopp, Die Entwickelung der Chemie in der neuern Zeit (Münch. 1871–74); Volhard, Die Begründung der Chemie durch L. (Leipz. 1870); E. Schultze, L., der Begründer der Chemie (Hamb. 1895); Grimaux, L. d'après sa correspondance, etc. (Par. 1888, 3. Aufl. 1899); Kahlbaum u. A. Hoffmann, Die Einführung der Lavoisierschen Theorie, im besondern in Deutschland (Leipz. 1897).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 269-270.
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