Leutwein

[483] Leutwein, Theodor, Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika, geb. 9. Mai 1849 zu Strümpfelbronn in Baden, trat 1868 in das damalige 5. badische Infanterieregiment, wurde 1869 Leutnant, 1877 Oberleutnant, 1885 Hauptmann und trat, nach einer Wirksamkeit als Lehrer an den Kriegsschulen in Neiße und Hersfeld, 1891 als Kompaniechef in das 46. Infanterieregiment. 1893 zum Major befördert und zur Dienstleistung beim Auswärtigen Amt kommandiert, ging L. im November 1893 nach Südwestafrika, mit dem Auftrag, den Hauptführer der unruhigen Hottentottenstämme, Hendrik Witbooi, zur Botmäßigkeit zu zwingen. L. unterwarf die Khanas-Hottentotten, deren Häuptling, Andries Lambert, kriegsrechtlich erschossen wurde, und die Franzmanns-Hottentotten des Häuptlings Simon Kooper. Mit der Schutztruppe trieb L. auch Witbooi in die Enge und veranlaßte ihn nach der Niederlage in der Naukluft 9. Sept. 1894 zur freiwilligen Anerkennung der deutschen Oberhoheit. Witbooi wurde in seinem Stammsitz Gibeon angesiedelt und hat dann jahrelang als Unterhändler und Bundesgenosse wichtige Dienste geleistet. Durch Errichtung neuer, mit kleinen Truppenabteilungen besetzten Stationen brachte L. im ganzen Lande die deutsche Oberhoheit zur Anerkennung. Anfang 1895 wurde er definitiv zum Kommandeur der Schutztruppe und zum Landeshauptmann ernannt, erhielt 1898 den Titel Gouverneur und wurde 1900 Oberstleutnant, 1902 Oberst und 1905 Generalmajor. An allen deutschen Maßnahmen in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika seit 1895 war L. persönlich beteiligt, hat den Kampf und die Verhandlungen geleitet. In drei Gefechten besiegte L. 1896 die aufständischen Khauas-Hottentotten und die mit ihnen verbündeten Ostherero; die erstern wurden gefangen und in Windhuk interniert, von den letztern nur die Führer Kahimema und Nicodemus kriegsrechtlich erschossen. Der Oberhäuptling der Hereros, Samuel, mit 150 seiner Leute und ebenso Witbooi unterstützten dabei die Schutztruppe. Die 1897 ausgebrochene Rinderpest wurde verhältnismäßig schnell unterdrückt, und es begann nun die Fürsorge für die wirtschaftliche Entwickelung des Landes. Persönlich setzte L., während seiner Abwesenheit durch v. Lindequist (s. d.) vertreten, 1898 im Reichstage den Bau der Bahnlinie Swakopmund-Windhuk durch, die 1902 eröffnet wurde, und beförderte 1902 die Anlage der Privatbahn Swakopmund-Otavi. Zu kriegerischem Auftreten veranlaßten in dieser Zeit nur drei kleinere Aufstände, 1897 der des Hottentottenstammes der Afrikaner, 1898 der der Zwartbooi-Hottentotten und 1902 der der Grootfonteiner Bastards, die aber alle drei mit Hilfe eingeborner Bundesgenossen schnell niedergeworfen wurden. Im Oktober 1903 brach dann jedoch der Aufstand der Bondelszwaarts im äußersten Süden des Schutzgebiets aus, den L. noch mit Hilfe Eingeborner bis Januar 1904 unterdrückte. Unterdessen aber hatten sich die Herero (s. d., S. 207) erhoben, und im Verlaufe des schweren Kampfes gegen sie fiel auch Witbooi ab. Die ersten Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung traf L., namentlich leitete er die beiden großen Gefechte von Onganjira (9. April) und Oviumbo (13. April), gab aber Mitte Juni 1904 das Kommando der Truppen an General v. Trotha (s. d.) ab. Letzterer übernahm im November 1904 vorläufig auch die Gouverneurgeschäfte, L. wurde auf sein Ansuchen beurlaubt und traf Ende Dezember 1904 in Deutschland ein. Im August 1905 erhielt er seine Entlassung als Gouverneur. Vgl. Deutsch-Südwestafrika, S. 844.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 483.
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