[628] Merck, Johann Heinrich, Schriftsteller, geb. 11. April 1741 in Darmstadt, gest. daselbst 27. Juni 1791, bezog 1757 die Universität Gießen, begleitete dann einen Herrn v. Bibra auf Reisen und wurde 1767 in seiner Vaterstadt als Sekretär der Geheimkanzlei, im folgenden Jahr als Kriegskassierer mit dem Titel eines Kriegsrats angestellt. Seine eigne schriftstellerische Tätigkeit, die er schon im 21. Jahr durch anonyme Veröffentlichung von Übersetzungen englischer Werke begann, hatte weniger Bedeutung als der von ihm kritisch geübte Einfluß auf die Produktion hervorragender Zeitgenossen. Goethes Genius ist von keinem Menschen so früh erkannt und in den ersten Schaffensjahren so günstig geleitet worden als von M. Aber auch zahlreiche andre ausgezeichnete Männer empfingen von ihm unmittelbar und mittelbar geistige Förderung und Beratung. Außer mit Goethe stand M. mit Herder, G. Schlosser, Boie, Wieland, Nicolai, den Brüdern Jacobi, Claudius, Lavater, G. Forster, Lichtenberg u. a. in eifrigem Briefwechsel. Er war eine Zeitlang die Seele der auf seine Anregung 1772 wesentlich umgestalteten »Frankfurter Gelehrten Anzeigen« und gehörte später zu den wichtigsten Mitarbeitern von Wielands »Merkur« und der »Allgemeinen deutschen Bibliothek« Nicolais. Als literarischer Kritiker hat er die Lichtseiten wie die Schattenseiten der Sturm- und Drangperiode unbefangen gewürdigt. In seinen Aufsätzen zur Kunstkritik betrat er ein Gebiet, das bis dahin in den deutschen Zeitschriften sehr vernachlässigt worden war. Unter seinen dichterischen Versuchen verdient die Romanze »Pätus und Arria« (1775) Erwähnung. Fürstliche Personen suchten den Verkehr mit ihm; die Landgräfin Karoline von Hessen-Darmstadt wählte ihn 1773 zum Begleiter auf ihrer Reise nach Petersburg; der Herzog Karl August von Weimar, der ihn wochenlang auf der Wartburg bei sich hielt, ließ sich von ihm nicht nur in Kunst-, sondern auch in Staatsangelegenheiten gern beraten. Neben so vielfacher Tätigkeit, zu der seit 1782 eifrig betriebene paläontologische Studien kamen, befaßte sich M. auch mit mancherlei industriellen Unternehmungen. Hier schien ihm aber alles zu mißlingen. Fehlgeschlagene Versuche auf diesem Gebiet trübten zuletzt die Klarheit seines Geistes. Dazu kam noch häusliches Mißgeschick; seine Frau, die er in der französischen Schweiz kennen gelernt hatte, vermochte sich nicht in Deutschland einzuleben, und von sechs Kindern sind ihm vier früh gestorben. Die Verdüsterung seiner Seele, die sich auf einer Reise nach Paris 1790 nur vorübergehend lichtete, äußerte sich zuletzt in der ungegründeten Sorge, Verwirrung in seinen Kassengeschäften werde ihn in Schmach und Armut stürzen. Er endete selbst sein Leben durch einen Pistolenschuß. Mercks zahlreiche Korrespondenz wurde gesammelt von Wagner in: »Briefe an Joh. Heinr. M. von Goethe, Herder, Wieland und andern bedeutenden Zeitgenossen« (Darmst. 1835), »Briefe an und von J. H. M.« (das. 1838), »Briefe aus dem Freundeskreise von Goethe, Herder, Höpfner und M.« (Leipz. 1847). Ungedruckte Briefe Mercks an Wieland wurden veröffentlicht in der Zeitschrift »Im neuen Reich«, 1877. Über eine ungedruckte Streitschrift Mercks berichtete gut Löbell in der Schrift »Der Anti-Necker J. H. Mercks und der Minister Fr. K. v. Moser« (Darmst. 1896). Seine »Ausgewählten Schriften zur schönen Literatur und Kunst« gab Stahr heraus (Oldenb. 1840). Vgl. Zimmermann, Johann Heinrich M., seine Umgebung und Zeit (Frankf. 1871); Löbell, Mephistopheles-Merck (in den »Quartalblättern des historischen Vereins für das Großherzogtum Hessen«, 1896).