Moratīn

[133] Moratīn, 1) Nicolas Fernández de, span. Dichter, geb. 20. Juli 1737 in Madrid, gest. daselbst 11. Mai 1780, studierte in Valladolid die Rechte, widmete sich daneben den schönen Wissenschaften und erhielt nach beendeten Studien ein Amt bei Hofe. Er wandte sich zuerst dem Drama zu und trat 1762 mit dem Lustspiel »La petimetra« auf, in dem er den nationalen und den französischen Geschmack miteinander zu vereinigen suchte. Diesem folgte 1764 eine Sammlung vermischter Gedichte: »El poeta«, und das ganz regelstreng geschriebene Trauerspiel »Lucrecia«. Dieser Richtung blieb er in seinen spätern Tragödien: »Hormesinda« und »Guzman el Bueno« getreu. Der geringe Ertrag seiner schriftstellerischen Tätigkeit bewog ihn, 1772 zur Advokatur überzugehen; doch wurde er bald nachher zum Professor der Poetik ernannt. Sein letztes und vorzüglichstes Werk war der »Canto épico de las naves de Cortez destruidas« (1785), eins der besten Heldengedichte der Spanier. Auch sein didaktisches Gedicht: »La Diana, ó arte de la caza« enthält Schönheiten. Unter den kleinern Gedichten finden sich treffliche Anakreontika und Romanzen. Eine Ausgabe der Werke veranstaltete sein Sohn Leandro als »Obras póstumas« (Barcelona 1821); vollständiger erschienen sie in der »Biblioteca de autores españoles« (Bd. 2, Madr. 1848), neuerdings Paris 1881. Noch Ungedrucktes veröffentlichte R. Foulché-Delbose (»Poesias ineditas«, Madr. 1892).

2) Leandro Fernández de, berühmter span. Dramatiker, Sohn des vorigen, geb. 10. März 1760, gest. 21. Juni 1828 in Paris, wurde von seinem Vater früh in die Dichtkunst eingeweiht, erlernte jedoch auf dessen Wunsch bei seinem Oheim das Juwelierhandwerk. 1779 trug er durch sein Gedicht »La toma de Granada« und drei Jahre später durch seine »Leccion poética« das Akzessit der Akademie davon. Jovellanos' Vermittelung verschaffte ihm 1786 eine Sekretärstelle beim Grafen Cabarrus, den er nach Paris begleitete, wo die Bekanntschaft mit Goldoni ihn in dem Vorhaben bestärkte, die spanische Bühne durch Einführung der französischen Regeln zu reformieren. Nach der Rückkehr ins Vaterland (1789) erhielt er durch den Minister Florida-Blanca eine Präbende, die ihn in den Stand setzte, seinen literarischen Neigungen zu leben. Er widmete sich nun ganz der dramatischen Dichtkunst. Sein erstes Lustspiel: »El viejo y la niña« (1790), wurde von den Afrancesados mit großem Beifall aufgenommen, von den Anhängern des alten Nationalgeschmacks aber hart angegriffen, wofür M. sich durch das satirische Lustspiel »La comedia nueva« (1792) rächte. Der Friedensfürst Godoy gewährte ihm Mittel zu einer längern Reise durch Frankreich, England, Deutschland, die Schweiz und Italien, von der er erst 1796 zurückkehrte. In die nächsten Jahre fallen die Lustspiele: »El baron«, »La mogigata« und »El sí de las niñas«, welch letzteres einen außerordentlichen Erfolg hatte und bald in verschiedene Sprachen übersetzt wurde. Nach der französischen Okkupation schloß er sich an die neue Regierung an und wurde vom König Joseph 1811 zu seinem Bibliothekar ernannt. In der Folge sah er sich mehrmals verfolgt und zur Flucht genötigt, bis er sich 1822 dauernd in Paris niederließ. Moratins Lustspiele zeichnen sich durch gute Erfindung, natürliche Entwickelung, Wahrheit der Charaktere und Lebhaftigkeit des Dialogs aus, doch fehlt es ihnen an Phantasie und Schwung. Um die Geschichte des spanischen Dramas hat er sich durch seine »Origenes del teatro español« verdient gemacht. Die vollständigsten Ausgaben seiner »Obras« sind die von der spanischen Akademie besorgte (Madr. 1830–31, 6 Bde.) und im 2. Bande der »Biblioteca de autores españoles« (das. 1848); »Obras postumas« erschienen daselbst 1867, 2 Bde. Seine lyrischen Gedichte gab Garnier heraus (Par. 1882), eine Auswahl enthält Wolfs »Floresta de rimas modernas castellanas« (das. 1837, 2 Bde.); die »Comedias« allein erschienen in Paris 1875; die lyrischen Gedichte von Vater und Sohn zusammen Madrid 1874. Gute Schulausgaben (»Comedia nueva« und »El si de las niñas«, mit Biographie und Anmerkungen) bot F. Oroz in der »Collection Mérimée« (Par. 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 133.
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