[150] Pontĭfex (lat.), in Rom ein Mitglied des angeblich von Numa eingesetzten obersten Priesterkollegiums, das die Aussicht über das gesamte staatliche und private Kultwesen führte und ursprünglich die vom König in seiner Eigenschaft als Gemeindepriester ausgeübten Funktionen übernahm. Zuerst aus 6 Mitgliedern bestehend, wurde es 300 v. Chr. auf 9, von Sulla auf 15, von Cäsar auf 16 erhöht, und die Kaiser ernannten als Pontifices maximi (s. unten) nach Willkür Mitglieder. Ursprünglich ergänzte es sich durch Kooptation; etwa um 250 v. Chr. wurde die Wahl des P. maximus, 104 auch der übrigen Mitglieder aus einer Anzahl vom Kollegium vorgeschlagener Kandidaten den Tributkomitien übertragen. Erfordernis war anfangs patrizische Geburt. Augegliedert waren dem Kollegium der rex sacrorum, die flamines und die Vestalinnen. Die Amtsgeschäfte bestanden in der Aussicht über die Ritualhandlungen und über die Priesterschaften, in der Führung des Kalenderwesens und in den unwidersprechlichen Entscheidungen über sakralrechtliche Fragen. Auch mußten die Pontifices manchen Verrichtungen des Staats- und Privatlebens, die auf dem Sakralrecht beruhten (Weihungen etc.), persönlich beiwohnen. Endlich verrichteten sie gewisse Kulthandlungen, Opfer u. dgl. Ihr Amtslokal war die Regia, angeblich die ehemalige Residenz des Numa, am Vestatempel, an welche die Amtswohnung des P. maximus stieß. Er war der eigentliche Träger des Amtes; die übrigen bildeten nur ein beratendes und ausführendes Hilfspersonal. Er besetzte die wichtigsten Staatspriesterämter (des Rex sacrorum, der Flamines, Vestalinnen u. a.), über die er auch eine Gerichtsbarkeit ausübte, veröffentlichte die Gutachten des Kollegiums, führte die Listen der jährlichen Magistrate, stellte die Jahreschronik zusammen (s. Annalen) u. a. Inhaber der Würde waren seit Augustus die Kaiser, bis 382 Gratian das ganze Institut aufhob. Die Tradition über das Sakralwesen beruhte auf den geheim gehaltenen libri pontificii; von diesen sind zu scheiden acta pontificum, Protokolle über die Amtshandlungen, und commentarii pontificum, die Sammlung der Gutachten des Kollegiums. Vgl. Preibisch, Fragmenta librorum pontificiorum (Tilsit 1878); Mommsen, Römisches Staatsrecht, 3. Aufl., Bd. 2, S. 17 ff. (Leipz. 1888). In der christlichen Zeit ist P. maximus Bezeichnung für den Papst.