[265] Kollegĭum (Kolleg, lat.), Gesamtheit mehrerer Personen von gleichem Amt und Beruf (Kollegen, collegae), besonders im Staatsleben; im alten Rom auch von gewissen Korporationen, Zünften etc. gebräuchlich. Im modernen Staatswesen heißt K. jede aus einer Mehrzahl von Personen bestehende Behörde, deren Mitglieder gleiches Stimmrecht haben. Insbesondere spricht man in diesem Sinne von Richterkollegien und Kollegialgerichten (s. Kollegialsystem). Vorzugsweise üblich ist ferner das Wort als Bezeichnung für die Lehrer einer mehrklassigen Lehranstalt, sofern sie als einheitlicher Körper auftreten (Lehrerkollegium). An den mittelalterlichen Universitäten nannte man Collegium (auch neulat. Collegiatura) eine Stiftung zum wohlfeilen und geordneten Zusammenleben von Lehrern, später auch von Lehrern und Schülern. Derartige Kollegien waren nach Analogie der Ordenshäuser eingerichtet, die um so näher lag, da die Gelehrten fast ausnahmslos Kleriker, wenigstens niederer Weihen, waren. Das Muster fast aller spätern war das C. Sorbonicum (s. Sorbonne) in Paris (1257), dem das C. Navarrēnum (1305) an Ruf und Einfluß nahekam. Solche Collegia entstanden an den französischen und englischen Universitäten so zahlreich und so reich ausgestattet, daß mehr und mehr in sie der Schwerpunkt des akademischen Lebens fiel. Daher in den Ländern romanischer und englischer Zunge Universitäten und andre hohe Schulen oft geradezu Collegia (Collège, Collegio, College, s. d.) heißen. Auch die jesuitischen Hochschulen entlehnten von diesem Muster Namen und Grundzüge der Einrichtung. Vgl. Kaufmann, Geschichte der deutschen Universitäten, Bd. 1, S. 291 ff. (Stuttg. 1888). Auf deutschen Universitäten werden wenigstens infolge jener inzwischen verschwundenen mittelalterlichen Einrichtung die Vorträge der Lehrer, zu denen die Studierenden sich versammeln, Kollegien genannt. Man unterscheidet unter diesen collegia publica (unentgeltliche Vorlesungen), privata (gegen Honorar) und collegia privatissima (Unterrichtsstunden im engern Kreis). S. auch die Artikel »Collegia pietatis« und »Helvetisches Kollegium«. Über die römischen Kollegien s. Collegia nationalia und Collegium Romanum. Bekannt ist die alte lateinische Rechtsregel: Tres faciunt collegium, »drei gehören zu einem K.«-H eiliges K., soviel wie Kardinalskollegium (s. Kardinal).
Brockhaus-1911: Kollegium · Helvetisches Kollegium
Meyers-1905: Helvētisches Kollegium · Heiliges Kollegium