Rangawis

[594] Rangawis (Rangabé), 1) Alexandros Risos, namhafter neugriech. Gelehrter, Dichter und Staatsmann, geb. 25. Dez. 1810 in Konstantinopel aus einer Fanariotenfamilie, gest. 29. Jan. 1892 in Athen, siedelte 1818 mit seinem Vater Joannes Risos R., einem hohen Beamten in der Walachei, nach Bukarest über und erhielt seine wissenschaftliche Ausbildung in Odessa und auf der Kriegsschule in München. Nachdem er Artillerieoffizier in der bayrischen Armee geworden, ging er 1831 nach Griechenland und trat dort in den Staatsdienst. Bis 1841 mit der obersten Leitung des Unterrichtswesens betraut, erwarb er sich um dasselbe hohe Verdienste durch Gründung vieler Volksschulen und mehrerer Gymnasien und war 1837 einer der Mitbegründer der Archäologischen Gesellschaft in Athen. 1845 wurde er als Professor der Archäologie an die Universität Athen berufen und fungierte vom Februar 1856 bis Mai 1859 als Minister des Äußern. 1867 griechischer Gesandter in Washington, 1868 in Paris, bekleidete er 1874–86 den gleichen Posten beim Deutschen Reich und wurde 1878 als zweiter Bevollmächtigter Griechenlands beim Berliner Kongreß delegiert. R. hat sich als sein gebildeten Dichter, allerdings mit einer dem Volkstümlichen durchaus abgekehrten Tendenz, gezeigt in einer Reihe dramatischer, epischer und lyrischer Dichtungen (»Διάφορα ποιήματα«, Athen 1837–40, 2 Bde.) und sich mit Glück auch auf dem Felde der historischen Novelle versucht (»Διάφορα διηγήματα«, das. 1855, u. a.). Von seinen Dramen wurde das aristophanische Lustspiel »Die Hochzeit des Kutrulis« von Sanders (2. Ausg., Berl. 1875) und dem Verfasser selbst (Bresl. 1883), »Die dreißig Tyrannen«, »Der Vorabend« und die Tragödie »Dukas« von Ellissen (das. 1881–1883), von den Novellen »Der Fürst von Morea« von Ellissen (das. 1884), »Novellen« (das. 1886 u. 1889) und »Der Notar von Argostoli«, »Leila« (das. 1887), außerdem das erzählende Gedicht »Der Volksführer« von Ellissen (Berl. 1888) ins Deutsche über setzt. Unter seinen philologischen und archäologischen Arbeiten sind hervorzuheben die »Ἀρχαιολογία«. (Athen 1866, 2 Bde.) und besonders die für griechische Epigraphik wichtigen »Antiquités helléniques« (das. 1842–55, 2 Bde.). Auch veröffentlichte er eine »Geschichte der neugriechischen Literatur« (franz., Berl. 1877; deutsch, Leipz. 1884; griech., Athen 1888) und begann die Herausgabe eines »Illustrierten archäologischen Lexikons« (Athen 1888 ff.). Eine Sammlung seiner Werke in 13 Bänden ist seit 1874 in Athen erschienen. – Sein jüngster Sohn, Ämilios Risos R. (geb. 1853), machte als preußischer Offizier den Krieg gegen Frankreich mit und starb 22. April 1874 in Alexandria. Sein Kriegstagebuch erschien deutsch in Reclams Universal-Bibliothek.

2) Kleon, Diplomat und Dichter, ältester Sohn des vorigen, geb. 10. Okt. 1842 in Athen, studierte in Berlin und Heidelberg, wurde 1866 Sekretär der griechischen Gesandtschaft in Washington, 1871 in Peters burg und in demselben Jahr in Wien, 1873 Generalkonsul in Bukarest, 1880 politischer Agent in Ägypten, 1882 Gesandter in Sofia, und ist seit 1891 griechischer Gesandter in Berlin. Er schrieb: »Ὁ καϑ᾽ Ὅμηρον οἰκιακὸς βίος« (»Das Familienleben zur Zeit Homers«, 1863; 2. Aufl., Leipz. 1883), einige TragödienJulian der Abtrünnige«, 1877; »Theodora«, 1884; »Heraklios«, 1885; deutsch, Berl. 1900; »Die Herzogin[594] von Athen«, deutsch in Reclams Universal-Bibliothek; »Die Bilderstürmer«, deutsch von Presber, Berl. 1906) und ein Lustspiel (»Das Feuer unter der Asche«, 1885), die preisgekrönte Novelle »Herald«, deutsch bei Reclam; lyrische Gedichte, wie die Sammlung »Ἄλγη; λυρικαὶ ποιήσεις« (Leipz. 1893; daraus deutsch: »Aus dunklen Tiefen«, Bresl. 1905), und »Die Lebenskraft des Griechentums« (Philippopel 1889). R. ist, wie sein Vater, in der Sprache durchaus Purist.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 594-595.
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