[616] Sarpi, Paolo, berühmter ital. Geschichtschreiber, geb. 14. Aug. 1552 in Venedig, gest. 15. Jan. 1623, trat in den Orden der Serviten, wurde Mitglied des Kollegiums in Padua, kam in seinem 26. Jahr als Provinzial seines Ordens nach Rom und ward 1585 Generalprokurator desselben. Bei der Inquisition geheimer Verbindungen mit Ketzern angeklagt, sah er sich in jeder weitern Beförderung behindert. Endlich wählte ihn die Republik Venedig in dem Streit mit Papst Paul V. zu ihrem Theologen und Konsulenten, und S. verteidigte die Rechte der weltlichen Regierungen gegen die päpstliche Gewalt mit entschiedenstem Mut. Als er die Vorladungen des Inquisitionsgerichts unbeachtet ließ, wurden gedungene Banditen gegen ihn ausgesandt, die ihm 1607 drei Messerstiche beibrachten. S. war einer der namhaftesten Führer der katholischen Opposition seiner Zeit, der die Anmaßungen des Papstes, den blinden Glauben und den Jesuitismus kühn bekämpfte und in wesentlichen Punkten mit der evangelischen Lehre übereinstimmte. Sein Hauptwerk ist die pseudonym unter[616] dem Namen des Pietro Soavo Polano herausgegebene »Istoria del concilio Tridentino« (Lond. 1619; Flor. 1858, 4 Bde.; Prato 1870, 2 Bde.; deutsch von Rambach, Halle 176165, 6 Bde., und von Winterer, 2. Ausg., Mergenth. 1844, 4 Bde.), gegen die im päpstlichen Sinne der Kardinal Pallavicino seine Geschichte des Tridentinischen Konzils schrieb. Außerdem sind besonders seine Briefe schätzbar. Eine Gesamtausgabe seiner Werke erschien zuletzt Neapel 178990 in 24 Bänden. 1892 wurde ihm in Venedig ein Denkmal errichtet. Seine Biographie schrieben Münch (Karlsr. 1838), in italienischer Sprache Bianchi-Giovini (Zürich 1836, 2 Bde.), Arabella Campbell (Flor. 1875) und Pascolato (Mail. 1893), in englischer Sprache A. Robertson (Lond. 1894). Vgl. auch Rein, Paolo S. und die Protestanten (Helsingfors 1904).