[29] Schraube, Maschinenelement aus Metall, Holz, Horn etc., das zur Herstellung lösbarer Verbindungen (Befestigungsschraube), zum Einstellen von Maschinenteilen und Apparaten (Stellschraube), zur Ausübung eines Druckes (Druck- und Preßschraube), zur Übertragung einer Bewegung (Bewegungsschraube: Mikrometer-, Transportschraube, Leitspindel, endlose S., Schiffsschraube) dient. Zur Betätigung dieser Aufgaben gehören stets zwei Teile, die Schraubenspindel (Schraubenbolzen, Massivschraube, gewöhnlich kurzweg S. genannt) und die Schraubenmutter (Hohlschraube, Mutter), welche die erste umschließt und sich mitunter erst infolge der Drehbewegung der S. bildet (z. B. in Holz, in Wasser etc.).
Die wesentlichen Merkmale einer S. lassen sich am einfachsten aus folgendem erkennen. Wenn auf der Oberfläche eines massiven oder im Innern eines hohlen Zylinders ein Punkt (Fig. 1) unter einem gleichbleibenden Winkel ansteigt, so beschreibt er eine Schraubenlinie, die in der abgewickelten Zylinderfläche (Fig. 2) als gerade Linien ab, cd erscheint, die unter dem Winkel α gegen die Linie ae geneigt liegen. Man nennt den Winkel α den Steigungswinkel, einen Umgang ab den Schraubengang (Gang), die Entfernung ac zweier Gänge die Ganghöhe.
Legt man (Fig. 3 u. 4) längs der Schraubenlinie um den Massivzylinder (Kern) vom Durchmesser d oder an der innern Wand eines Hohlzylinders einen prismatischen Stab, so entstehen daraus die eigentliche S. und die Mutter (Fig. 4 M) mit den Gewinden. Spindel und Mutter gehören derart zusammen, daß das Gewinde der Spindel in die Zwischenräume (vertiefte Gänge) zwischen dem Gewinde der Mutter paßt. Hieraus ergibt sich ohne weiteres die Eigenschaft der S., auf der der ganze Wirkungskreis beruht, und die darin besteht, daß sich eine drehende Spindel in der festen Mutter in der Längsrichtung ebenso verschieben muß wie eine drehende Mutter längs der festen Spindel, und zwar bei jeder ganzen Umdrehung um die Größe der Ganghöhe. Schrauben mit zwei verschiedenen Ganghöhen verschieben die Mutter deshalb auch nur um die Differenz der Ganghöhen: Differentialschrauben. Die Höhe des Prismas über dem Kern bildet die Gangtiefe, seine Dicke am Kern die Gangbreite. Man unterscheidet scharf-, flach- und rundgängige Schrauben, je nachdem das Prisma dreieckig (Fig. 3), viereckig (Fig. 4) oder an der äußern Kante abgerundet ist, und, wenn 2,3 und mehr Gänge parallel nebeneinander verlaufen, zwei-, drei- etc. gängige Schrauben. Besonders scharf sind die Gewinde von Holzschrauben (Fig. 5), damit sie sich in das Holz einschneiden können; diese Schrauben erhalten mitunter ein sehr steiles Gewinde, damit sie sich in das Holz einschlagen lassen. Läuft der Gang einer S. von links nach rechts aufwärts, so ist die S. rechtsgängig, umgekehrt ist sie linksgängig (rechte und linke Schrauben); die rechten Schrauben bilden die Regel, die linken die Ausnahmen. Die Gewinde der größern Befestigungsschrauben (für Maschinenbau, Eisenkonstruktionen etc.) sind seit langer Zeit in bestimmte Systeme gebracht, nach denen jeder S. von bestimmtem Durchmesser ein Gewinde von bestimmter Ganghöhe zukommt. Es hat das den Vorteil, daß man innerhalb des Geltungsbereiches eines solchen Gewindesystems überall dieselben Schraubensorten antrifft, also z. B. zerbrochene Schrauben leicht durch passende ersetzen kann. Ein internationales System gibt es noch nicht, doch haben das Whitworthsche und das Sellerssche System weite Verbreitung gefunden. Daneben hat der Verein Deutscher Ingenieure ein metrisches System (von Delisle) aufgestellt. Wichtig sind die Schraubensicherungen, d. h. Vorrichtungen, die unerwünschtes Losdrehen der S., z. B. infolge Erschütterungen, vermeiden sollen und zahlreich erfunden sind. Am häufigsten begnügt man sich jedoch mit einem Vorsteckstift (Splint, Spließstift), der dicht über der fest angezogenen Mutter durch ein Loch des Schraubenbolzens gesteckt wird, oder mit einer zweiten Mutter (Gegenmutter, Kontermutter), die an die eigentliche Mutter angeschraubt wird.
Metallschrauben werden hergestellt durch Gießen (z. B. grobe Schrauben an Zinn- und Messinggegenständen), durch Drücken auf der Drehbank (besonders in der Blechverarbeitung, Lampenfabrikation üblich) durch Walzen, in der Regel aber durch Einschneiden der vertieften Gänge mittels besonderer Werkzeuge: 1) Das Schneideisen (Schneidklinge, Schraubenblech, Fig. 6), ein Stahlblech mit einer Anzahl Löcher von verschiedenem Durchmesser und mit Muttergewinden versehen.
Man erzeugt damit kleine Schrauben, indem man Drahtabschnitte etc. in diese Muttern hineindreht. 2) Die Kluppe (Schraubenkluppe, Fig. 7, S. 30), die aus einem Rahmen r mit viereckiger Öffnung zur Aufnahme stählerner Muttern (Schraubenbacken, Schneidbacken) b besteht, deren Kanten schneidend wirken, wenn man sie mit gehörigem Druck drehend längs der Schraubenspindel[29] bewegt. Den Druck erzeugt man durch die S. s, die Bewegung durch die Arme a, a. Da in den Backen stets mehrere Gänge sitzen, so erfolgt die Längsverschiebung durch Fortschrauben in den angeschnittenen Gängen der Backen.
Unter den zahlreichen Kluppenkonstruktionen verdienen die amerikanischen Kluppen (Fig. 8) mit feststehenden Backen den Vorzug wegen der Gleichmäßigkeit der Gewinde.
Die Backen b bilden eine Scheibe, die durch die S. t in dem Ring s so festgehalten wird, daß sie durch Drehung der Kluppe vermittelst der Arme g, g nicht ausweicht. Die sehr viel gebrauchte Scharnierkluppe (Scherenkluppe, Fig. 9) besteht aus zwei durch ein Scharnier vereinigten Teilen ab, welche die Schneidbacken c aufnehmen und durch Stellschrauben d, e auf das genaueste eingestellt werden, so daß diese Kluppe sich besonders dazu eignet, vollkommen gleiche Schrauben zu schneiden.
Zum Anschneiden von Gewinden an dickern Röhren und Stangen bedient man sich des Gewindeschneidgerätes (Fig. 10). Das Rohr a wird von zwei Backen mittels der Schrauben b c festgehalten. In einer mit dem Schneckenrad d versehenen drehbaren Büchse sitzt der Schneidbacken, von dem Hebel h und einer Schnecke auf der Welle e in Umdrehung versetzt und zum Schneiden gebracht, während sich das Stück g mit dem Rohr a längs der Führung f verschiebt.
3) Der Schraubstahl mit der Drehbank. Der Schraubstahl (Strähler, Fig. 11) besteht aus einem breiten, nach dem Gewinde gezahnten Meißel, der gegen die auf der Drehbank rotierende Spindel gehalten und längs derselben fortgeschoben wird. Lange Schrauben, z. B. für Pressen u. dgl., erzeugt man auf der Leitspindeldrehbank (s. Drehbank, S. 180).
Schraubenmuttern schneidet man 1) mit Schraubenbohrern (Gewindbohrern, Mutterbohrern). Dieses Werkzeug ist eine stählerne S. (Fig. 12), deren Gewinde nach dem Ende a zu allmählich abnehmen, nur bei b vollständig erhalten und der ganzen Länge nach mit Furchen ab versehen sind, welche die Schneiden hervorbringen.
Indem man den Bohrer mit einem auf den viereckigen Zapfen c gesteckten Griff oder Hebel (Wendeisen) in dem Loche der Mutter herumdreht, greifen die Zähne, welche die einzelnen Gänge bilden, allmählich an, so daß bei einem Durchgang des Bohrers die Mutter geschnitten ist. 2) Mit Schraubstählen, an denen die Schneiden (Fig. 11) seitwärts sitzen, damit sie in das Loch der auf der Drehbank bewegten Mutter eingeführt werden können (inwendiger Schraubstahl).
Zum Schneiden hölzerner Schrauben erhält die Kluppe (Schneidzeug) zwei Geißfüße i i (Fig. 13) und einige Schraubengänge zur Führung.
Das Muttergewinde erzeugt man mittels rohrartiger Gewindebohrer (Fig. 14) mit einem Zahn m oder mittels massiver Bohrer (Fig. 15). Zur Fabrikation der Holzschrauben zerschneidet man Draht mit einer Schere in Stücke von bestimmter Länge.
Diese werden sodann wie die Drahtstifte angeköpft, mit dem für den Schraubenzieher bestimmten Einschnitt durch Einpressen oder Einschneiden (Einstreichen) mittels Kreissägen versehen und auf einer einfachen Drehbank, unter Verschiebung der Drehbankspindel mit Hilfe eines auf derselben sitzenden S., sowie einer sogen. Patrone unter Anwendung eines schmalen Meißels mit dem Gewinde ausgestattet.[30] Zur Massenfabrikation der Schrauben dient vielfach die Drehbank, namentlich unter Anwendung der Revolver, sodann auch ein Walzwerk (s. Tafel »Fahrradbaumaschinen«, S. II), ganz besonders aber die Gewindeschneidemaschine, die in zahlreichen Ausführungen in Verwendung steht. Eine neuere Ausführung zeigt Fig. 16. Eine durch die Riemenscheiben a und b mit offenem und gekreuztem Riemen in Drehung versetzte Spindel nimmt bei d einen Schraubenbohrer oder die Schneidbacken auf, während das Arbeitsstück in dem Schieber i sitzt und durch den Handgriff h vorgeschoben wird. Das Werkzeug in d muß vor- und zurückgedreht werden. Zu dem Zwecke dient der Doppelreibkegel c, der durch den Stift e die Spindel rechts mitnimmt, wenn er durch den Fußtritt f, Hebel l und Schieber s an a mit dem offenen Riemen und links, wenn er von der in der Spindel liegenden Feder gegen die Scheibe b mit gekreuzten Riemen angedrückt wird. Vgl. Frey, Die S. (4. Aufl., Halle 1900).
Brockhaus-1911: Archimedische Schraube
Lueger-1904: Nachlaßkette, -schraube · Schraube ohne Ende · Senksatz, -schraube, -zeug · Griffith-Schraube · Hirsch-Schraube · Leuchtbolzen, -schraube, -stand
Meyers-1905: Hirsch-Schraube · Griffith-Schraube · Archimedische Schraube
Pierer-1857: Schraube ohne Ende · Versenkte Schraube · Archimedische Schraube · Schraube
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