[179] Drehbank (hierzu Tafel »Drehbank« mit Text), mechanische Vorrichtung, die ein Arbeitsstück in Drehung um eine horizontale Achse versetzt, um es durch dagegen geführte Werkzeuge zu bearbeiten. Für alle mechanischen Gewerbe, die Metalle, Holz, Horn, Elfenbein, Bernstein etc. verarbeiten, zur Erzeugung von Rotationskörpern aller Art und mit Zuhilfenahme gewisser Nebenapparate zum Bohren, Schraubenschneiden, Drücken, Fräsen und zur Erzeugung unrunder Körper ist die D. unentbehrlich. Der Teil der D., mit dem das Arbeitsstück zum Zwecke der Drehung verbunden wird, ist die Spindel, eine[179] Stahlachse, die mit Zapfen oder Spitzen in Lagern (Docken) des Spindelstocks oder Kastens auf dem einen Ende des Drehbankgestells ruht. An dem andern Ende des Gestelles befindet sich ein zweiter Stock (Reitstock, fahrende Docke) zum Tragen des zweiten Endes des Arbeitsstückes längs des Gestelles verschiebbar, aber auf jeder Stelle der Länge des Arbeitsstückes entsprechend zu befestigen. Zwischen Spindel und Reitstock werden, ebenfalls verstellbar, die Teile zur Aufnahme der Werkzeuge auf dem Gestell angebracht. Sie heißen Auflage oder Support, je nachdem sie nur zum Stützen oder auch zum Führen der Werkzeuge bestimmt sind. Das Gestell (Bett) besteht gewöhnlich aus zwei parallelen Balken (Wangen), bei kleinen Drehbänken aus einem prismatischen Stabe (Prismadrehbank), selten aus runden Stäben, und wird von Füßen getragen. Die Spindel tritt aus dem vordern Lager mit einem freien Teil (Kopf) vor, der mit einem groben Schraubengewinde und einer schlank-konischen Bohrung versehen ist, zur Aufnahme derjenigen Hilfsapparate (Futter), welche die Arbeitsstücke mit der Spindel verbinden. Am Reitstock genügt dazu in der Regel eine kegelförmige Spitze (Reitnagel, Pinne), die in ein Grübchen am rechten Ende des Arbeitsstückes eingeschoben wird, und um die sich das letztere ungehindert drehen kann. Damit das Arbeitsstück rund läuft (nicht schlägt), müssen die Oberflächen der Wangen parallel der Spindelachse genau eben (horizontal) gerichtet und mit solchen Führungen versehen sein, daß die Reitnagelspitze beim Verschieben des Reitstockes nicht aus der Richtung kommt. Zur Umdrehung der Spindel dient ein unter dem Gestell angebrachter Fußtritt, die Werkstatttransmission oder ein Elektromotor. Bei Fußdrehbänken setzt der Fußtritt mittels Zugstange eine mit Krummzapfen versehene Welle in Drehung, die diese von einer großen Schnurscheibe mittels Darm-, Leder- oder Stahlschnur auf eine kleine Schnurscheibe der Spindel überträgt; dabei bekommen beide Scheiben mehrere Rillen von verschiedenen Durchmessern, um durch Veränderung der Übersetzungsverhältnisse die Umdrehzahl des Arbeitsstückes dessen Material und Größe anpassen zu können. Die von der Transmission angetriebenen Spindeln erhalten Riemenstufenscheiben, in der Regel in Verbindung mit einem Zahnradvorgelege und zur Hervorbringung eines Wechsels in der Umdrehzahl einen Satz (bis 60 Stück) auszuwechselnder Zahnräder (Wechselräder).
Sehr verschieden sind die Mittel zur Befestigung der Arbeitsstücke mit der Spindel (Einspannen).
Entweder gibt man dem Arbeitsstück an jedem Ende durch Einschlagen eines Körners (Ankörnen) ein Grübchen und bringt es zwischen die Spitzen der Spindel und des Reitstockes (Spitzendrehbank). Die Mitnahme wird bewirkt durch einen sogen. Führer (gewöhnlich in der Form eines Herzstückes, Fig. 1), der durch eine Schraube d auf dem Arbeitsstück a befestigt wird, und einen Mitnehmer m in der Gestalt eines Hakens ⌜ in dem Spindelkopf, oder in einer Scheibe auf dem Spindelkopf. Oder aber das Arbeitsstück ruht mit einem Ende auf dem Reitnagel und mit dem andern Ende in einem Futter, in dem das Arbeitsstück oft nur durch Einschlagen festgeklemmt (Klemmfutter) oder zwischen Schrauben (Schraubenfutter, Fig. 2) festgehalten wird. Außerordentlich mannigfaltig sind die sogen.
Universal- oder Zentrierfutter (Fig. 3), in denen sich mehrere Backen gleichzeitig radial verschieben, das Arbeitsstück zwischen sich nehmen und zugleich zentrieren. Zum Aufspannen hohler Gegenstände dient der Expansionsdorn (s. Dorn). Scheibenartige und ringartige Arbeitsstücke werden auf Planscheiben zwischen vier radial verstellbaren Backen oder Schrauben befestigt. Für sehr große Arbeitsstücke, z. B. Schwungräder u. dgl., erhalten diese Planscheiben entsprechend große Durchmesser (Planscheibendrehbänke). Zur Vermeidung des Durchbiegens langer Stücke dient ein besonderes Lager (Setzstock, Lünette, Brille) in der Nähe der Arbeitsstelle.
Die Drehwerkzeuge (Dreheisen, Drehstähle) sind gehärtete und zugeschärfte Stahlstangen von mannigfaltiger Form. Das allgemeinste Werkzeug zum Drehen der Metalle ist der Stichel, ein quadratischer Stab, der an seinem einen Ende in einer diagonalen Ebene angeschliffen ist und daher eine Spitze mit zwei daran liegenden geraden Schneiden hat. Zum Vorarbeiten im Groben dient der Schrotstahl oder der Spitzstahl, während der Schlichtstahl die Arbeit vollendet.
Zum Ausdrehen dienen die am Ende kurz und rechtwinkelig abgebogenen Hakenstähle und Ausdrehstähle, mit einer fast parallel mit dem Stiele laufenden Schneide, und Mondstähle, mit bogenförmiger, seitwärts stehender Schneide. Alle diese Werkzeuge stecken in kurzen, von der Hand gefaßten Heften oder in langen beim Drehen auf die Achsel gestützten Heften (Drehhaken), in die man den Schrothaken, Spitzhaken oder Schlichthaken befestigt. Die Drehstähle für Holz sind messerartig scharf, bald flach, bald halbrund (Drehröhre). Bei größern Drehbänken wird der Support entweder mittels Zahntrieb und Zahnstange oder von einer langen Schraube (Leitspindel; Leitspindeldrehbank) bewegt, die drehbar zwischen oder vor den Wangen liegt, ihre Mutter in dem Support hat und von der Spindel aus durch Zwischenräder (zugleich Wechselräder) in Umdrehung versetzt wird, wobei der Support eine Längsverschiebung erhält. Die einzelnen Teile der D. müssen um so sorgfältiger hergestellt werden, je genauer die D. arbeiten soll (Präzisionsdrehbank). Die Größe der D. wird bestimmt nach dem Abstand zwischen Spindelachse und Wangenoberfläche, der Spitzenhöhe. Bei Drehbänken für sehr große Arbeitsstücke, z. B. Schwungräder, fallen die Wangen fort, so daß die D. nur aus zwei Böcken für Spindel und Reitstock und einem[180] Supportbock besteht. Andre Drehbänke, z. B. zum Abdrehen von Eisenbahnwagenrädern auf ihren Achsen, erhalten zwei Spindelstöcke und zwei Supports (Räder-, Achsendrehbank). Mitunter arbeiten zugleich zwei Stähle einander gegenüber (Duplexdrehbank). Kleine Drehbänke bekommen wohl einen Spitzenkasten mit einer Spindel, die an beiden Enden einen Kopf hat zu gleichzeitiger Bearbeitung zweier Arbeitsstücke (Doppeldrehbank). Für besondere Arbeiten dienen die Schrauben-, Wellen-, Kugel-, Drückdrehbänke etc. Für Holz- und Horndrechsler, für Stellmacher und sonstige Holzarbeiter bekommen die Drehbänke gewöhnlich Wangen, Spindelkasten, Füße etc. von Holz.
Zum Bohren auf der D. wird das Arbeitsstück wie zum Abdrehen an der Spindel befestigt, während man den Bohrer mit der Hand oder durch den Reitnagel dagegendrückt, oder man befestigt den Bohrer selbst in einem Futter auf der Spindel und führt das Arbeitsstück dagegen. Um an einem Arbeitsstück auf der D. rasch verschiedene Werkzeuge hintereinander zur Arbeit bringen zu können, z. B. Stichel, Bohrer, Schneidbacken etc., befestigt man diese in einer Drehscheibe (Revolver, Revolverdrehbank), die sich an der Stelle des Supports befindet und nach Vordrehung des betreffenden Werkzeugs mittels eines Hebels an das Arbeitsstück vorgeschoben wird. Für die Bearbeitung großer Arbeitsstücke hat man eine Anordnung getroffen, bei der die Planscheibe wagerechte und somit die Spindel senkrechte Lage erhält. Da diese D. (Drehmaschine) zugleich das Aufbringen und Zentrieren der Arbeitsstücke wesentlich erleichtert, so erlangt sie fortwährend weitere Verbreitung zum Abdrehen von Schwungrädern, Seil- und Riemenscheiben, Turbinenrädern u. dgl. bis zu einem Durchmesser von 10 m und einer Höhe von 2,5 m. Drehbänke für die verschiedensten Arbeiten heißen Universaldrehbänke. Die Beschreibung der Drehbänke s. auf beifolgender Tafel. Vgl. Martin, Kunst des Drechslers (Weim. 1879); Neumann, Handbuch der Metalldreherei (das. 1882); Hanausek, Technologie der Drechslerkunst (Wien 1884); Fischer, Werkzeugmaschinen (Berl. 1902); Pregel, Neuere Werkzeugmaschinen. Drehbänke etc. (Stuttg. 1898).
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