[229] Swinburne (spr. ßwinnbörn), Algernon Charles, engl. Dichter, geb. 5. April 1837 in London als Sohn des Admirals Ch. Swinburne und einer Lady Ashburnham, Sprosse ältester anglodänischer Adelsfamilien, studierte in Eton und Oxford, ohne einen akademischen Grad zu erwerben. Seine frühesten Verse, schon von höchster Vollendung und Eigenart, stammen aus dieser Zeit. 1864 bereiste er das Festland und besuchte Walter Savage Landor in Florenz. Er trat als Dichter mit den Dramen »The queen mother« und »Rosamond« (1860) auf, die im Stil der Elizabethiner geschrieben und seinem Freunde D. G. Rossetti gewidmet sind, aber erst durch seine klassische Tragödie »Atalanta in Calydon« (1865; deutsch von A. Graf Wickenburg, Wien 1878; neue Ausg., Halle 1902) fand er begeisterte Aufnahme, um darauf mit seinen sinnenglühenden, politisch wie religiös radikalen »Poems and ballads« (1866) ebenso heftige Entrüstung zu erregen. Er verteidigte sich in »Notes on poems and reviews« (1866). Zwei weitere Serien »Poems and ballads« (1878 und 1889) sind weit gemäßigter. Sie enthalten auch französische und lateinische Gedichte sowie Übertragungen nach François Villon. S. ist unbedingter Bewunderer Baudelaires und Victor Hugos, die neben Rossetti und den Elizabethinern bestimmenden Einfluß auf ihn ausübten. Als Freund Mazzinis und seiner italienischen Freiheitsbewegung widmete er ihm »A song of Italy« (1867). V. Hugo ist die »Ode on the proclamation of the French republic« (1870) gewidmet. Ihren Höhepunkt erreicht seine politische Lyrik in den republikanischen »Songs before sunrise« (1871), denen »Songs of two nations« (1875) folgten. Andre Sammlungen pflegen hauptsächlich eine leidenschaftliche betrachtende Lyrik, daneben finden sich gewaltige Hymnen auf das Meer und liebliche Gedichte auf Kinder; es sind: »Studies in song« (1874), »Songs of the springtides« (1880), »A midsummer holiday« (1884), »Astrophel« (1894), »A Channel passage« (1904). Eine künstliche altfranzösische Form belebte er in »A century of roundels« (1883). Ein Liebesepos in leuchtenden Farben ist sein »Tristram of Lyonesse« (1882), dem sich »The tale of Balen« (1896) und »Rosamond, Queen of the Lombards« (1899) anschließen. Großartiges schuf er auch als Dramatiker, doch wagt sich unsre Zeit noch nicht an die Ausführung seiner über das gewöhnliche Bühnenbedürfnis weit hinausragenden Stücke. Zu den genannten sind noch zu nennen: die Maria Stuart-Trilogie: »Chastelard« (1865; deutsch von Horn, Brem. 1873), »Bothwell« (1874) und »Mary Stuart« (1881), die klassische Tragödie »Erechtheus« (1876), »Marino Faliero« (1885), »Locrine« (1887) und »The sisters« (1892). Weniger bedeutend ist sein Roman in Briefen »Love's cross-currents« (1905) Von höchstem Werte sind seine kritischen Schriften, wie: »William Blake« (1868), »Under the microscope«, eine Verteidigung gegen die Anklage, mit Rossetti und W. Morris eine »fleischliche Schule der Poesie« zu bilden (1872), »George Chapman« (1875), »Essays and studies« (1875), »A note on Charlotte Brontë« (1877), »A study of Shakespeare« (1879), »A study of Victor Hugo« (1886), »Miscellanies« (1886), »A study of Ben Jonson« (1889), »Studies in prose and poetry« (1894). Seit 1904 erscheint eine Gesamtausgabe von Swinburnes Werken. Eine Auswahl seiner Gedichte übersetzte O. Hauser (Großenhain 1905), der auch in zahlreichen Essays S. in Deutschland bekannt zu machen suchte. Vgl. Shepherd, Bibliography of A. C. S. (Lond. 1887); Th. Wratislaw, Algernon S., a study (das. 1901) und die biographische Einleitung zu »Atalanta in Calydon and Lyrical poems by A. Ch. S.« in der Tauchnitz-Ausgabe (Leipz. 1901).