[842] Zahnpflege (Zahndiätetik), die Gesamtheit aller Maßregeln zur Erhaltung der Zähne. Hauptmaßregel ist peinliche Sauberkeit. Im Munde, besonders zwischen den Zähnen zurückbleibende Speisereste, besonders Kohlehydrate, bilden leicht Säuren, die den phosphorsauren Kalk der Zähne lösen. Zahlreiche Bakterien und Pilze, die stets im Munde vorhanden sind, tragen weiter zur Zerstörung der Zähne bei. Zur Reinigung der Zähne benutzt man eine Bürste, mit der alle Seiten der Zähne, namentlich auch das Zahnfleisch und alle Stellen am Ober- und Unterkiefer, die sie überhaupt erreichen kann, kräftig bearbeitet werden müssen. Als Hilfsmittel benutzt man warmes Wasser (3840°), das zur Beseitigung aller Speisereste, von Schleim etc. viel wirksamere Dienste leistet als kaltes Wasser. Die Räume zwischen den Zähnen, in denen sich besonders leicht Speisereste festsetzen, lassen sich mit der Bürste nicht hinreichend reinigen. Hierzu dient vorteilhaft ein Zahnhölzchen, das man zwischen die Zähne schiebt. Indem man mit dem Hölzchen die Zahnfleischzipfel sanft drückt und reibt, befördert es die Widerstandsfähigkeit und Gesundheit des Zahnfleisches. Als Zahnpulver zur Unterstützung des Bürstens empfiehlt sich Kreide, doppeltkohlensaures Natron oder medizinische Seife, als Mundwasser eine warme Kochsalzlösung oder eine Lösung eines antiseptischen Mittels. Bei aller persönlichen Sorgfalt ist es unbedingt nötig, daß die Zähne regelmäßig, bei Erwachsenen einmal, bei Kindern zweimal im Jahre vom Zahnarzt untersucht werden, um die meist nicht auffallenden Stellen, an denen sich Karies zu entwickeln beginnt, zu ermitteln und gegen die Krankheit einzuschreiten. Je früher ein kranker Zahn in Behandlung kommt, um so sicherer ist er zu[842] erhalten, um so geringer die Gefahr, daß er gesunde Zähne ansteckt. Kranke Wurzeln und Zähne, die nicht mehr gefüllt werden können, sind zu entfernen. Vor allem ist auch der grüne Zahnbelag der Kinder, der aus einem Pilz besteht und den Zahn erweicht, zu entfernen. Ebenso der Zahnstein (fälschlich Weinstein der Zähne genannt), der aus Mineralstoffen, Speiseresten, Speichel, Schleim etc. sich bildet, zwischen Zahnfleisch und Zahn dringt und den Zahn lockert. Das Ausfallen der Zähne bei alten Leuten wird hauptsächlich durch den Zahnstein veranlaßt. Seine Bildung wird durch gründliches Bürsten verhindert. Die Meinung, daß kalte oder heiße Speisen und Getränke den Zähnen schaden, ist nicht begründet, was Lippe und Zunge in dieser Richtung ertragen, das erträgt auch der Zahn. Auch daß Zucker schädlich sei, ist nicht erwiesen, aber man soll den Mund reinigen, damit Zuckerreste nicht zwischen den Zähnen haften bleiben und dort Säuren erzeugen. Die Milchzähne des Kindes bedürfen ebenso sorgfältiger Pflege wie die bleibenden. Das Kind braucht sehr notwendig gute Kauwerkzeuge, und die Milchzähne halten den Platz offen für die dauernden Zähne. Wenn die hintern Milchzähne früh zugrunde gehen, so erscheinen die im 6. Jahr erscheinenden ersten Mahlzähne nicht an den ihnen zukommenden Plätzen, sondern rücken zu weit nach vorn. Die später erscheinenden bleibenden Zähne finden dann nicht Raum und schieben sich übereinander. Entzündungen und Eiterungen an den Wurzeln der Milchzähne schädigen die Kieferknochen und die sich entwickelnden bleibenden Zähne. Schiefstehende Zähne bedürfen ärztlicher Behandlung. Die Orthodontie (s. d.) ist in der jüngsten Zeit wesentlich ausgebaut worden. Man bringt nicht nur vor- und zurückstehende Zähne in die Reihe und ihre richtige Stellung, auch mit der Dehnung oder Erweiterung der Kieferbogen werden bemerkenswerte Erfolge erzielt. Mit dem Richten der Zähne ist nicht zu beginnen, bevor der zweite bleibende Mahlzahn erschienen ist. Vgl. Röse, Anleitung zur Zahn- und Mundpflege (6. Aufl., Jena 1901); Günther, Die Zähne des Menschen, Verfall und Erhaltung (Bonn 1906).