Amerikanische Alterthümer

[413] Amerikanische Alterthümer. Dieselben sind für das Studium der Culturzustände der Völker, welche in Amerika vor der Unterjochung durch die Europäer ihre Ausbreitung u. zum Theil staatliche Entwickelung fanden, von größter Wichtigkeit. Alexander v. Humboldt unterwarf sie zuerst seiner wissenschaftlichen Forschung. Seitdem haben sowohl ganze Gesellschaften (u. a. die Ethnographische in Neu-York), als auch einzelne Gelehrten sich erfolgreich mit der Aufsuchung derselben beschäftigt, das Gefundene ausführlich beschrieben u. das Sammelbare in Museen aufgehoben; so zu Neu-York, Mexico, Washington. Dennoch dürfte bisher nur erst ein sehr kleiner Theil dieser Überbleibsel zu Tage gefördert worden sein. Vieles fand sich fast gänzlich überschüttet, manches von ganzen Wäldern überwuchert. Man theilt sie in nordamerikanische, südamerikanische u. mittelamerikanische Alterthümer. Von den einfachsten Culturzuständen zeugen die in den Vereinigten Staaten Nord-Amerikas gefundenen. Es sind meist nur Wallwerke von großer Ausdehnung u. Grabhügel von konischer Form, bald aus Erde, bald aus Steinen erbaut. Nur wenige der letzteren ähneln der mexicanischen Stufenpyramide. Die Zeit ihrer Entstehung mag um etwa 800–1000 n. Chr. sein. Weit bedeutender sind die Stein- u. Felsbauten Süd-Amerikas, darunter (unweit La Paz in Bolivia) die riesigen Mauern bei Tiaguanoco, aus Felsblöcken von 4000 Kubikfuß bestehend, dann die Ruinen eines Inkatempels u. die des Pachacamac; ferner die ungeheuere, theils über Abgründe, theils durch Felsen geführte Straße von Quito nach Cuzko, endlich der Sonnentempel zu Cuzko. Künstlerische Bedeutung haben eigentlich nur die mexicanischen Denkmäler (12. od. 13. Jahrh.), deren Architektur durchaus den pyramidalen Charakter trägt. Die Teocallis (Gotteshäuser) steigen meist terrassenartig bis zu erstaunlicher Höhe (120–160 Fuß) empor u. haben oben eine größere od. kleinere Scheitelfläche, auf der sich eine Kapelle od. eine Halle befindet. An einer od. mehreren Seiten sind sie mit breiten steilen Treppen versehen, die oft zickzickartig von Stufe zu Stufe weiter führen. Große Höfe u. Priesterwohnungen umgaben den Fuß dieser abgestumpften Pyramiden. In den Tempeln u. Wohnungen fand man gemeiselte Ornamente, auch Statuen u. Reliefs von strenger aber nicht unedler Form, kolossale Götzenbilder, alles meist mit lebhaften Farben angemalt; das Meiste ist indessen Ruine. Bruchstücke solcher Malereien u. Skulpturen befinden sich u. a. auf der Bibliothek zu Dresden u. in der reichhaltigen Uhde'schen Sammlung in Handschuchsheim bei Heidelberg. Vgl. Braunschweigs Amerikanische Denkmäler, Berl. 1840; Brandford, American Antiquities, Neu-York 1841; Kingsborough Antiquities of Mexico, Lond. 1829, 4 Bde.; Galindo, Gailhabaud, Stepsens, Incidents of Travel in Central-America; Lond. 1842, 2 Bde.; Nebel, Voyage pittoresque et archiologique en Mexique, Par. 1836; Waldeck, Voyage pittoresque et archéologique en Yucatan, Par. 1834; Normann, Rambles in Yucatan; Alex. v. Humboldt, Voyage aux régiens équinoxiales de Nouveau Continent etc.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 413.
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