[782] Entwickelung, 1) das Heraustreten des Mannigfaltigen, welches irgendwo gleichsam verschlossen liegt; so E. einer Pflanze, eines Thieres nicht nur in seinem anfänglichen Entstehen aus seinem Keime, sondern auch in seinem allmäligen Weiterbilden. 2) Die in gewissen Lebensepochen stärker hervortretende Ausbildung des menschlichen Körpers u. Geistes[782] sowohl im Allgemeinen als auch einzelner Theile u. Thätigkeiten dieser u. des Geistes, den verschiedenen Altersstufen des Jugendalters folgend, u. bes. in 3 Epochen (Entwickelungsepochen, Entwickelungsstufen) mehr sich offenbarend, namentlich beim ersten Zahnen, wo neben den Zähnen hauptsächlich das Gehirn eine mehrere Ausbildung erlangt, beim zweiten Zahnen vom 7. u. 8. Lebens. jahre bis zum 14., wo vorzüglich die Respirationsorgane, die Muskeln etc. mehr ausgebildet werden, u. zur Zeit der Geschlechtsentwickelung, Pubertät (im engeren Sinne Entwickelungsperiode), vom 14. bis 18. u. 21. Jahre, wo mit Ausbildung der Geschlechtstheile u. Vollendung ihrer Thätigkeiten zugleich der Körper seine volle Reise erhält. Der vorwaltenden Richtung der Naturthätigkeit nach sind die verschiedenen E-sepochen auch durch besondere Gebiete des Körpers u. Geistes vorzüglich treffende Krankheiten (Entwickelungskrankheiten) ausgezeichnet, so die erste Entwickelungsstufe durch Neigung zu Kopfleiden, Krämpfen, Hirnwassersucht, Speichelfluß, Durchfällen, Gesichts- u. Kopfausschlägen; die zweite durch Geneigtheit zu Epilepsie, Veitstanz etc.; die dritte durch Auftreten von Bleichsucht, mancherlei Gemüths- u. Seelenstörungen u. Nervenkrankheiten, als Veitstanz, Epilepsie, Starrsucht etc. Krankheiten aus dieser Ursache dürfen nicht unvorsichtig unterdrückt werden, da sie zu normalen Zuständen überleiten. In gerichtlich-medicinischer Rücksicht sind vorzüglich die psychischen E-skrankheiten von größter Wichtigkeit, weil sie oft, selbst mehr od. weniger versteckt, Ursachen schwerer Vergehungen, selbst Verbrechen werden können. Vgl. A. Henke, Über die Entwickelungen u. die Entwickelungskrankheiten, Nürnb. 1814; Osiander, Über die Entwickelungskrankheiten in den Blüthenjahren des weiblichen Geschlechts, Tüb. 1820, 2 Thle. 3) (Philos.), Auseinandersetzung, Erklärung u. Verdeutlichung eines Gegenstandes, von welchem man vorher nur eine dunkle, unausgebildete Vorstellung hatte, od. von welchem nur ein Entwurf vorhanden war. Die E. eines Begriffs geschieht durch Zergliederung in seine Merkmale. 4) (Ästh.), in der Kunst, die Aufführung der den darzustellenden Gegenstand bildenden Züge. 5) (Evolution, Militärw.), die Bildung der Linie aus einer aufgeschlossenen Colonne, wobei sich die hintenstehenden Truppenabtheilungen durch einfache Bewegungen in die Frontlinien der vorderen od. einer durch das Commando bestimmten Abtheilung setzen.