Burg [1]

[469] Burg, 1) im Mittelalter befestigter Wohnsitz eines Fürsten, Grafen, Dynasten od. Ritters. Wo der Felsen durch Natur u. Kunst steil war, befand sich nur eine Umfassungsmauer ohne Graben, an den flachen Stellen aber wohl eine Mauer nebst doppeltem Graben, mit Zwinger u. Außenwerken. bes. vor den Thoren. In der Mitte lag ein hoher isolirter Wartthurm (Bergfried), meist mit Gewölben, welche als Gefängniß (Burgverließ, Donjon) dienten; eine Kapelle war fast in jeder B. Größere Burgen (Hofburgen) hatten mehrere Gebäude, darunter den Palas (s.d.), in dessen oberem Stocke sich der Speise- u. Versammlungssaal befand. Diese Gebäude umschlossen einen inneren Hof (Ballium, Bayle). Der äußere, mit einer Ringmauer (Zingel, Cingulum) umgebene Hofraum (Zwinger od. Zwingolf) war durch einen Graben geschützt, über welchen eine Zugbrücke nach dem mit einem Fallgatter versehenen Burgthore führte. Eine kleinere B. (Burgstall) enthielt außer den Wirthschaftsgebäuden nur einen aus mehreren Stockwerken bestehenden Thurm. Die Frauen bewohnten in fast allen B-en ein eigenes Gebäude, die Kemnate genannt; der Burgherr hatte seine Wohnung entweder im Palas od. im Bergfried. Ohne Erlaubniß des Landesherrn durfte Niemand eine B. bauen; verlieren konnte man solche, wegen Aufnahme eines flüchtigen Friedbrechers, verübter Nothzucht an einer auf die B. entführten Frauensperson, Gefangenhaltung einer Person, welche der Kaiser hatte fordern lassen, u. wegen verweigerter Leistung des Eides, daß man die B. nicht zum Unfrieden od. zur Empörung brauchen wolle. Die B-en gaben aber als Schlupfwinkel Anlaß zu Räubereien. So entstanden in Thüringen, am Rhein, in Franken eine sehr große Menge B-en, welche die Kaiser später wieder zu zerstören strebten, u. bes. Rudolf von Habsburg deren viele zerstörte; viele Burgen verfielen nach der Erfindung des Schießpulvers, dessen weithin reichender Kraft ihre Höhe nicht mehr widerstehen konnte, von selbst, u. noch jetzt krönen sie als Ruinen die Gipfel der Berge; manche sind auch wiederhergestellt worden, namentlich am Rhein. Vgl. Bergschloß. In Westfalen, Niedersachsen, Flandern, Holland u. wo man sonst keine steilen Höhen hatte, baute man die Burgen in Sümpfe u. hinter Wassergräben; 2) so v.w. Stadt, weil diese ursprünglich Burgen waren. Hiervon das französische Bourg u. das englische Borough; 3) (Herald.), so v.w. Castell; 4) so v.w. Biberbau.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 469.
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