Cinnamȳ

[149] Cinnamȳ, C18HO2, ein hypothetisches, dem Benzoyl u. Salicyl entsprechendes Radical der organischen Chemie, welches man in dem Zimmtöl, der Zimmtsäure u. einigen anderen Verbindungen annimmt. In der Zimmtcassie u. den Zimmtblüthen finden sich nach Blanchet u. Sell 2 verschiedene Öle: ein schweres mit Baryt verbindbares u. ein leichtes, indifferentes. Außerdem verändert sich das Zimmtöl an der Luft; es bilden sich 2 Harze (C29H15O4 u. C12H5O), Zimmtsäure u. ein Öl C18H8O2. Dieses Öl wurde nach Dumas u. Peligot unter 0° fest, setzte bei 20° Krystalle ab, schmeckte brennend scharf u. ist Cinnamylwasserstoff od. Cinnamylhydrür (= Zimmtöl), welches auch künstlich durch Oxydation des Styrols mittelst Platinschwarz dargestellt werden kann. Es verwandelt sich an der Luft allmälig ohne weitere Nebenproducte in Cinnamylsäure (Zimmtsäure). Mit Jodkalium verbindet es sich zu einer rothbraunen krystallinischen Masse (nach Apjohn C18H8O2, 3J2KJ). Gewöhnliche Salpetersäure gibt mit diesem Öle (schwieriger mit dem künstlichen Zimmtöl), außer einen gelben Körper u. einen wie Bittermandelöl riechenden Öl, eine weiße krystallinische Masse: salpetersauren Cinnamylwasserstoff, der sich im Wasser wieder in Salpetersäure u. das Öl scheidet, bei längerem Stehen u. Kochen salpetrige Säure u. Benzoylwasserstoff entwickelt, während im Rückstand sich Benzoesäure findet. Rauchende [149] Salpetersäure gibt ebenfalls eine krystallinische Masse, die im Wasser Bittermandelöl u. ein rothes Harz liefert. Mit Chlor entstehen chlorhaltige Öle, Benzoesäure, Chlor- C. od. Chlorbenzoyl, u. ein vierfach gechtortes Derivat, nach einem farblosen krystallinischen in Schwefelsäure sich nicht verändernden Körper. Salzsäuregas bildet eine grüne, ein flüchtiges Öl u. die salzsauere Verbindung zweier Harze enthaltende Masse. Concentrirte Schwefelsäure erzeugt ebenfalls eine dicke grüne Masse, aus der sich andere Harze abscheiden lassen. Schwarze Kalilauge löst das künstliche Zimmtöl unverändert auf; starke färbt es braun u. die Destillation gibt Bittermandel-, Zimmt- u. ein drittes leichtes Öl; im Rückstand bleibt benzoesaures Kali. Bei Erhitzen des Öls mit trockenem Kalihydrat entwickelt sich Wasserstoff u. entsteht Bittermandelöl u. benzoesaures Kali. Die Cinnamylsäure (Zimmtsäure), C18H8O4 = C18H7O3, HO, die sich aus dem Perubalsam, Tolubalsam u. dem Storax bildet (s. oben), krystallisirt in farblosen, etwas kratzend schmeckenden, ziemlich harten Blättern u. Säulen, ist in Wasser schwerer löslich als Benzoesäure, bildet mit Basen denen der letzteren ähnliche Salze, schmilzt bei 127°, kocht bei 200°, gibt mit Salpetersäure behandelt, Benzoylwasserstoff, Benzoesäure u. später Nitrobenzoesäure mit Schwefelsäure u. Chromsäure destillirt: reinen Benzoylwasserstoff; durch Destillation mit überschüssigem Kalk Cinnamomin (Cinnamol), ein farbloses, steinölartig riechendes, bei 80° C. kochendes Öl, welches durch Schwefelsäure gebräunt wird, wobei sich ein zäher, weißer Körper, Sulfo-C., absetzt u. mit concentrirter Salpetersäure Benzoylwasserstoff erzeugt. Mit überschüssigem Kali geschmolzen bildet sie Essigsäure u. Benzoesäure, zugleich entsteht etwas Salicylsäure. Mit Bleisuperoxyd erhitzt, entwickelt sie einen Geruch nach bittern Mandeln u. liefert benzoesaures Bleioxyd. Mit wasserfreier u. auch concentrirter Schwefelsäure vereinigt sich die Zimmtsäure zu Zimmtschwefelsäure (Sulfozimmtsäure), die leicht zersetzbare, meist nicht krystallisirbare Salze bildet; mit Chlorgas zu Chlorzimmtsäure, die rein gar nicht, sonst campherartig riecht, krystallisirbare, leicht lösliche Salze bildet; mit Brom, durch Einwirkung desselben auf zimmtsaures Silber: Bromzimmtsäure. Mit Jod gibt die Zimmtsäure eine farblose krystallisirbare Verbindung. Cinnameïn, C16H7, O2, ölartiger Bestandtheil des hellen Perubalsams, ist fast geruchlos, schmeckt scharf, ist in Alkohol u. Äther löslich, nicht in Wasser, ist entzündlich u. zersetzt sich beim Erhitzen; Salpetersäure bildet damit Bittermandelöl, Kali eine seifenartige Masse, die aus zimmtsaurem Kali u. Äthyloxyd, myroxylinsaurem Kali u. Peruvin besteht. Bei Behandlung einer alkoholischen Lösung des Cinnameins mit Kali erhält man nach Plantamour Zimmtsäure, Zimmtsäureäther, ein farbloses, stark lichtbrechendes Öl, Styron (Peruvin, Cinnamylalkohol), C18H10O2, genannt, u. Kohlenbenzoesäure = C15H5O3 + aq., die in warzenähnlichen Häuschen krystallisirt u. sublimirbar ist. Cinnamēn (Styrol), C16H8, farbloses, aromatisches Öl, erhalten durch trockne Destillation des zimmtsauren Baryts od. durch Destillation eines alkalischen Extracts von Storax; bildet sich auch, wenn Dämpfe von Zimmtsäure über glühenden Aimstein geleitet werden; es ist in Alkohol u. Äther leicht löslich, in Wasser unlöslich, specifisches Gewicht 0,95; in verschlossenen Gefäßen bei 200° erhitzt, wird es glasartig fest; mit Chlor bildet es ein farbloses, nicht flüchtiges Öl, mit Brom nadelförmige Krystalle. Das Styrol gibt mit Salpetersäure einen krystallinischen stickstoffhaltigen Körper: Nitrostyrol, einen weißen, haarförmig krystallisirenden Körper: Styracin = C36H16O4, der mit Natron destillirt, ein eigenthümliches, angenehm riechendes, ätherisches Öl, das Styron, C18H10O2, u. Zimmtsäure liefert.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 149-150.
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