Dampf

[669] Dampf (Vapor, Vapeur, Steam), jede luftförmige Flüssigkeit, welche sich unter Einfluß der Wärme u. des Druckes aus tropfbar flüssigen od. festen Körpern gebildet hat u. bei veränderter Wärme od. Druck wieder in die andere Aggregatform zurückkehrt. Es gibt also so viele verschiedene Dämpfe, als wir chemisch verschiedene Körper kennen, welche außer der luftförmigen auch eine andere Aggregatform annehmen können, z.B. Wasserdampf, Alkoholdampf, Schwefeldampf etc., u. sie unterscheiden sich ihrer chemischen Zusammensetzung nach von den betreffenden festen od. tropfbaren Körpern nicht. Im Gegensatz zu ihnen nennt man diejenigen luftförmigen Stoffe, welche man durch keine Temperatur od. keinen Druck in eine andere Aggregatform überzuführen im Stande ist, Gase od. genauer permanente Gase; den Dämpfen schreibt man nur die Form der Gase zu. Früher schwankte noch die Bezeichnungsweise, u. man brauchte wohl auch für D. den Ausdruck Dunst; doch ist dieser aus der Physik streng genommen verschwunden u. wird höchstens noch für eine mit tropfbar flüssigen Bläschen (Nebel) gemischte Luftart, z.B. Wasserdunst in der Atmosphäre, od. wohl auch für ein Gemisch verschiedener, namentlich durch den Geruch sich verrathender Dämpfe gebraucht, um zu bezeichnen, daß man sie ihrer Entstehung nach vorläufig nicht weiter untersucht hat od. untersuchen will, z.B. Dunst in einem chemischen Laboratorium, in einem Pferdestall. Die weißen D-wolken, welche der Esse einer Hochdruckmaschine entströmen, sind im physikalischen Sinne bereits nicht mehr D., sondern schon niedergeschlagene Wasserbläschen, welche sich aber in der Atmosphäre sofort wieder zu D. verflüchtigen. Der Übergang aus der tropfbar flüssigen Aggregatform zur Gasform, Verdampfung, ist ein plötzlicher; es gibt keinen Zwischenzustand, wie etwa den der Weichheit zwischen dem festen u. tropfbar flüssigen. Zur Bildung des D-es aber wirkt erstlich die Wärme insofern, als zur Verwandlung einer gewissen Quantität von Flüssigkeit in D. eine bestimmte Menge Wärme verbraucht wird, welche sich im D. so verbirgt, daß sie durch das Gefühl od. das Thermometer nicht unmittelbar wahrgenommen werden kann, u. welche nur dazu dient, die Cohäsionskräfte der Molecüle soweit zu überwinden, daß die Gasform zum Vorschein kommt; diese Wärme heißt latente od. gebundene Wärme u. sie wird genau in derselben Menge wieder frei u. fühlbar, wenn der D. in die tropfbare Form zurückkehrt. Um[669] 1 Pfund Wasser von 100° C. in 1 Pfund D. von 100° zu verwandeln, ist ebensoviel Wärme nöthig, als um die Temperatur von 550 Pfund Wasser um 1° zu erhöhen u. umgekehrt, wenn 1 Pfund Wasserdampf von 100° in 550 Pfund Wasser von 99° geleitet wird, so wird er selbst zu Wasser von 100° u. erhitzt auch jene 550 Pfund auf 100°. Die latente Wärme des Wassers ist also 550, die des Alkohols ist 210, des Schwefeläthers 90, des Terpentinöls 75. Daß beim Verdampfen Wärme gebunden od., wie man sich auch ausdrückt, Kälte erregt wird, zeigt die Kälte, welche man empfindet, wenn man aus dem Bade steigt, od. die Hand mit Spiritus benetzt od. Wasser ins Zimmer sprengt; ebenso der Kryophor von Wollaston, die Alcarazzas genannten porösen Thongefäße, in denen sich wegen der äußeren Verdampfung das Wasser kühl erhält. Andererseits wird durch die wieder frei werdende Wärme des D-es bei Destillirapparaten das Kühlwasser in kurzer Zeit bedeutend erwärmt, u. sie kommt bei Niederdruckmaschinen größtentheils wieder zur Verwendung, indem sie im Condensator zur vorläufigen Erwärmung des nachher in den Kessel zu bringenden Wassers dient. Zweitens kommt bei der D-bildung der Druck in Betracht, welcher auf der Oberfläche der Flüssigkeit lastet. Jeder Dampfart kommt nämlich so wie den Gasen eine gewisse Spannung, od. ein Bestreben, sich auszudehnen, zu, welche nach dem Mariotteschen Gesetze mit der Dichtigkeit des D-es, jedoch bis zu einer gewissen Grenze, wächst. Im Allgemeinen kann man also in einem Gefäß mit einer beweglichen Wand eine abgesperrte Menge D. auf ein kleines Volumen zusammendrücken, u. man bedarf den doppelten Druck, um ihn auf das halbe Volumen zu bringen. Der Unterschied zwischen den Gasen u. Dämpfen besteht nun aber darin, daß es für die Dämpfe ein gewisses mit der Temperatur veränderliches Dichtigkeitsmaximum um gibt, über welches sich der D. nicht weiter zusammendrücken läßt; vermehrt man den Druck von da an noch, so verwandelt sich der D. vielmehr in tropfbare Flüssigkeit; er wird condensirt. Bei jedem Stoffe steigt mit wachsender Temperatur dies Dichtigkeitsmaximum des D-es; hat sich nun in einem abgeschlossenen Raume über die Flüssigkeit bereits so viel D. gesammelt, daß er sein Dichtigkeitsmaximum erreicht hat, so kann sich aus der Flüssigkeit kein D. weiter entwickeln, denn er würde durch den herrschenden Druck sogleich wieder condensirt werden. Hierbei ist noch zu bemerken, daß der Druck, welcher von einem chemisch verschiedenen Gase auf die Oberfläche der Flüssigkeit ausgeübt wird, die D-bildung nicht absolut hindert; es löst sich vielmehr der D. in dem anderen Gase auf, so daß der D. sich in einem lufterfüllten Raume bis zu derselben Dichtigkeit für sich ansammelt, wie in einem luftleeren Raume; man sagt dann die Luft od. überhaupt das fremde Gas, auch der Raum sei mit jenem D. gesättigt. Ein Unterschied zwischen beiden Arten der Verdampfung findet nur rücksichtlich der Geschwindigkeit statt, indem unter einem luftleeren od. luftverdünnten Raume die D-blasen auch aus dem Innern der Flüssigkeit aufsteigen, während dies nicht der Fall sein kann, so lange der äußere Luftdruck die Hebung der oberen Schichten verhindert; durch die weit schnellere Verdampfung des Äthers im luftverdünnten Raume u. die damit verbundene Bindung von Wärme kann auch im Sommer unter der Luftpumpe Wasser zum Gefrieren gebracht werden. Steigert man jedoch die Temperatur der Flüssigkeit, so kann der D. eine solche Spannung erhalten, daß er den Widerstand des äußeren Luftdrucks überwindet u. in Blasen aufsteigt. Diejenige Art der D-bildung, welche wegen des äußeren Druckes nur von der Oberfläche der Flüssigkeit ausgeht, nennt man Verdunstung; die D-bildung dagegen, welche mit Überwindung des Luftdruckes auch aus dem Inneren der Flüssigkeit erfolgt, nennt man Sieden od. Kochen, u. diejenige Temperatur, bei welcher die Spannung des D-es in seinem Dichtigkeitsmaximum dem mittleren Luftdruck gleichst, den Siedepunkt des betreffenden Stoffes. Über denselben hinaus läßt sich die Flüssigkeit, so lange sie an der freien Luft steht, nicht erhitzen, weil alle weiter hinzugeführte Wärme zur D-bildung verbraucht u. latent wird. Der Siedepunkt des Schwefeläthers bei 760 Millim. Barometerstand ist 38° C., des Alkohols 80°, des Wassers 100°, des Terpentinöls 157°, des Schwefels 300°, des Quecksilbers 350°. Unter geringerem Drucke, z.B. auf hohen Bergen, erreichen die Flüssigkeiten schon bei niedrigerer Temperatur ihren Siedepunkt; unter höherem Drucke z.B. wenn der D. in abgeschlossenem Raume sich sammelt, steigt der Siedepunkt u. die Flüssigkeit läßt sich dann stärker erhitzen. Für den Siedepunkt unter dem mittleren atmosphärischen Luftdruck haben alle Dämpfe gleiche Spannung, nämlich gleich dem Luftdruck. Dalton glaubte nun, daß auch für eine gleiche Anzahl Grade über od. unter dem Siedepunkt die Spannkraft verschiedener gesättigter Dämpfe noch immer gleich sei, daß also die Spannkraft des Alkohols z.B. bei 92° od. 54° so groß sei, als die des Wasserdampfes, resp. bei 112° od. 74°, doch geht aus mehreren Versuchen neuerer Physiker hervor, daß dies Daltonsche Gesetz nicht genau ist. Der D., welcher durch seine Verbreitung u. Anwendung bei weitem der wichtigste ist, daher oft schlechtweg D. genannt wird, ist der Wasserdampf. Über seine Eigenschaften sind die genauesten Untersuchungen angestellt; die latente Wärme des Wasserdampfes nimmt man, wie oben bemerkt, als Mittel verschiedener Messungen, namentlich von Brix, Despretz, Rumfort, Dulong, Regnault u. Magnus in runder Zahl gleich 550 an. Wenn man ferner von einer gewissen Spannkraft od. Elasticität des Wasserdampfes spricht, so versteht man immer seine Spannung im Dichtigkeitsmaximum. Sie ist von der Temperatur abhängig; beim Siedepunkt, welcher mit 100° der Celsiusschen Thermometerscala bezeichnet ist, ist sie gleich dem äußeren Luftdruck, also = 28 Zol (od. 760 Millim. Quecksilber. Für niedrigere Temperaturen ist sie kleiner, für höhere größer. Auch unter 0° hat der Wasserdampf noch einige Spannung, denn auch Eis verdunstet. Über das Quantitative dieses Gegenstandes bestand bis vor kurzer Zeit viel Verschiedenheit der Angaben; doch haben 1844 Regnault u. Magnus unabhängig von einander sehr genau übereinstimmende Resultate veröffentlicht. Ein Auszug aus ihren Tabellen ist folgender: Wenn man die Spannkraft des Wasserdampfes e nach Millim. Quecksilber mißt, welchen sie das Gleichgewicht halten, die Temperatur t aber nach Celsius, so ist für

Dampf

[670] Bei 150° ist also die Spannung des Wasserdampfes schon mehr als 41/2 Atmosphären. Arago u. Dulong haben die Untersuchung bis zu einer Spannung von fast 24 Atmosphären verfolgt. Nach ihnen

Dampf

Auf der bedeutenden Spannung des Wasserdampfes bei höheren Temperaturen beruht die Anwendung desselben für die Dampfmaschinen. Die Dichtigkeit des gesättigten Wasserdampfes ist nach Gay-Lussacs Untersuchungen, die Dichtigkeit des Wassers

Dampf

2) (Bergb.), Dünste od. feuchte Luft in den Gruben; 3) (Dämpfigkeit), Krankheit der Pferde. Anzeichen: dumpfer, kurzer, trockener Husten, beschwerliches, angestrengtes Athmen, starke Bewegung der Rippen, heftiges Flankenschlagen, gewaltsames Aufreißen der Nasenlöcher u. sehr bemerkbares Hervor- u. Zurücktreten des Afters beim Athemholen. Bes. gut ist Fütterung mit Gras, zerstampften Möhren u. mit Wasser angefeuchteter Weizenkleie mit Hafer vermengt; auch Leinkuchen ins Tränkwasser gethan etc., Belladonnakraut, Anissamen u. Ammoniakgummi u. dergl. in Latwergen gereicht. In England wird gegen den D. das Ausschweißen angewandt, indem die Thiere so lange gehetzt werden, bis der Schweiß auf der Haut nicht mehr schäumt; man glaubt nämlich, die Ursache des D-s sei eine im Blute befindliche Schärfe, die durch Schwitzen entfernt werde.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 669-671.
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