Dalmatien [1]

[653] Dalmatien, 1) (a. Geogr., Dalmatia), Theil von Illyrien, welcher die Bebischen u. Skordischen Gebirge u. die Küsten zwischen den Flüssen Titius u. Drinus, als das j. Kroatien, das christliche D. u. das türkische D. umfaßte, von den Römern, welche das Land 23 v. Chr. durch Statilius Taurus eroberten, in D. maritĭma u. D. mediterranĕa u. zu der Provinz Illyrien geschlagen, als unterer Theil von Illyria barbara. Im weiteren Sinne aber begriff D. das ganze Illyria barbara (das Land zwischen Istria u. Dyrrhachium, dem Adriatischen Meere u. der Donau). Die Bewohner hießen Dalmătä od. Dalmătes, ein tapferes, wildes Volk, auf der See einheimisch u. Handel, aber auch Seeräuberei treibend Sie berauschten sich oft in einer Art Gerstenbier (Sabaja). Die Dalmates galten für die tapfersten Soldaten des römischen Heeres. D. war das Vaterland mehrerer Kaiser, z.B. des Diocletianus, die mehrere Städte anlegten u. Wein- u. Ackerbau hier einführten; sonst fand man auch Gold; 2) (n. Geogr.), Königreich, südlichste Provinz des Kaiserthums Österreich, schmales Küstenland am Adriatischen Meere, zwischen diesem, der Europäischen Türkei u. der Kroatischen Militärgrenze; dazu gehören noch 61 Inseln u. mehre noch unbewohnte Klippen längs der Küste hin. Das Festland D. ist in drei Theile zerstückelt, da die Präfectur Ragusa südlich wie nördlich durch türkisches Gebiet von den übrigen getrennt ist. In der Richtung der Küste wird das Land von Gebirgen durchzogen, die eine Fortsetzung der Dinarischen Alpen sind; nördlich auf der Grenze gegen Kroatien steht das Morlacher (Vellebit-) Gebirge, das im Monte Santo seine größte Höhe von 5405 Fuß erreicht; daran nach einander südlich die Monti Tartari, das Mossergebirge u. ein Küstenzug, in dem den Monte Biocova noch 5521 Fuß Höhe hat; die Gebirgszüge auf den Inseln sind gleichlaufend u. bestehen gleich jenen aus Kalk, mit Lagern von Feuersteinen, Steinkohlen, Asphalt, Thoneisenstein, Braunkohlen, die aber nicht ausgebeutet werden. Die Gebirge fallen steil zur Küste ab, u. diese ist sehr zerrissen u. hat mehrere Busen, worunter die von Cattaro, Ragusa u. Castelli die größten sind. Die Meerengen u. Kanäle zwischen den Inseln sind gewöhnlich tief u. haben wegen ihrer geringen Breite wenig Wellenschlag. Das Land hat nur Küstenflüsse (Zermagna, Kerka, Cettina, Narenta, Ombla u.a.); viel Seen (die von Vrana, Nadine, Poglizza, Scordona, Zablachie, Morigne, Jesero, Jeseratz, Desla, Poglian); das Klima ist mild, aber trocken; die häufigen Winde von O. u. NO., an sich trocken, treiben die Ausdünstung des Meeres Italien zu; daher die Sommer regenarm sind u. man sich gewöhnlich mit Cisternenwasser behelfen muß; bringt Zuchtthiere (Schafe), Wild (Wölfe), Geflügel, Fische, Bienen, Spanische Fliegen; die Vegetation ist eine arme; die Gebirge werden kahler u. kahler, von den ehemaligen Waldungen ist kaum noch Gebüsch übrig, daher strichweise Holzmangel; kümmerlich wachsen Heliotropium, Pfefferkraut u. eine Art Euphorbia, sehr reichlich dagegen der Feigenbaum; die Olivenpflanzungen liefern ein vorzügliches Öl; auch der Weinbau ist bedeutend, gibt einen im Allgemeinen feurigen, starken u. dunkelfarbigen Wein; ferner gedeiht Obst in Menge, besonders die sauern Kirschen auf den Inseln, aus denen der berühmte Liqueur Maraschino gefertigt wird; die Cultur des Feldes ist sehr gering, besser die der Wiesen; die Fischerei nährt die Küstenbewohner u. beschäftigt ihren Handel (mit Sardellen, Makrelen u.a.); auch die Korallenfischerei ist beträchtlich, bes. um Sebenico; Flächengehalt 233,4 QM. mit 411,000 Einwohnern, Slawen, die im Allgemeinen Dalmater, aber auch Morlakken im Norden, im Süden Ragusaner u. Bocchesen heißen sonst noch Italiener, Albanesen u. einige Juden; der Dalmatter[653] ist stark, groß u. regelmäßig gebaut, vonschwarzem od. dunkelbraunem, selten blondem Haar; die gewöhnlichste Kleidung ist ein brauner Mantel, den die Wohlhabenderen in Roth tragen; die Fußbekleidung bilden die Opanken, Sohlen aus roher Ochsenhaut; Schuhe hat nur der Reichere. Die Frauen lieben den Schmuck, wenn er in die Augen fallend ist. Die Sprache ist eine slawische Mundart; die Gebildeten sprechen italienisch. Die herrschende Religion ist die römisch-katholische, die mehrere Bisthümer, 60 Mönchs- u. 9 Nonnenklöster hat; doch gibt es auch viele griechische Christen. An Bildungsanstalten besitzt D. in Ragusa eine philosophische Lehranstalt u. 3 Gymnasien in Spalato, Ragusa u. Zara. Die Regierung ist uneingeschränkt; die Männer sind alle Soldaten, das Landesgubernium ist in Zara u. hat mehrere Untergerichte unter sich. Wappen: 3 goldene Leopardenköpfe in blauem Felde. Bestandtheile: das eigentliche D. (das ehemals Venetianische), die Republik Ragusa, Boccha di Cattaro u. zwei Inseln des Quarnero (Arbe u. Pagano); alle diese waren früher in 4 Kreise: Zara, Spalato, Ragusa u. Cattaro, seit 1850 sind sie in 7 Präfecturen: Cattaro, Macarsca, Ragusa, Sebenico, Sige, Spalato u. Zara getheilt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 653-654.
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