Wind [1]

[248] Wind, I. eine im Verhältnisse zur Erdoberfläche fortschreitende, durch Aufhebung des Gleichgewichts der Atmosphäre erregte Bewegung der Luft. Man bezeichnet A) die W-e nach der Himmelsgegend, aus welcher sie wehen, theilt zu diesem Zweck den Horizont in acht gleiche Theile u. erhält so den Nord-, Nordost-, Ost-, Südost-, Süd-, Südwest-, West- u. Nordwestwind (Cardinalwinde). Der in der Mitte zwischen Nord- u. Nordostwind liegende W. heißt Nordnordost, der zwischen Nordost u. Oft liegende Ostnordost etc. Meist setzt man dafür nur die Anfangsbuchstaben, z.B. N, NO, NNO etc. Vgl. Windrose. Zur Bestimmung der Windrichtung in der Nähe der Erdoberfläche dienen die Windfahnen (s.d.); die Richtung der höhern Luftströmungen erkennt man am Zuge der Wolken. B,) Nach dem Grade der Geschwindigkeit u. dadurch bewirkten Intensität od. Kraft unterscheidet man schwache W-e (Lüftchen, Luftzug, Aura), welche nur 3–5 Fuß in der Secunde durchlaufen; sanfte Winde, von 5–10 F.; mäßige, steife, harte W-e, Stürme verschiedenen Grades (von 40–60 F. Geschwindigkeit), Orkane, welche in den Tropengegenden oft noch höhere Schnelligkeit u. Kraft annehmen u. am Cap u. zuweilen im Mittelmeere Travados (weil, wenn dieselben eintreten, angestrengt gearbeitet werden muß) genannt werden; denselben geht Windstille vorher u. ein einzelnes weißes Wölkchen (Ochsenauge) am Horizonte ist Vorbote derselben; ferner die auf dem Chinesischen u. Japanischen Meere oft plötzlich nach einer Windstille entstehenden Windstöße (Stoßwinde, Typhonen), welche in einer Secunde oft 124 F. durcheilen.

II. Mittel zur Bestimmung der W-e. Die Geschwindigkeit der W-e bestimmt man mittelst des Windmessers (s.d.). Die mittlere Windrichtung eines Ortes bestimmt man, indem man die während einer gewissen Zeit beobachteten Windrichtungen zusammensetzt u. daraus die mittlere Richtung berechnet. Da bei den bisherigen meteorologischen Beobachtungen nur selten Messungen über Stärke u. Dauer jeder einzelnen Windrichtung existiren, so legt man dieser Berechnung nur die Anzahlen der verschiedenen Windrichtungen zu Grunde. Hat z.B. an einem Orte der Nordwind 30, der Südwind 20 Mal geweht, so ist der Erfolg derselbe, als ob der Nordwind nur 30–20 = 10 Mal geweht hätte. Hätte der Nordwind u. Ostwind jeder 20 Mal geweht, so ist die mittlere Windrichtung = Nordost. Bezeichnet man die Richtung des Südwindes mit 0°, die des Westwindes mit 90°, des Nordwindes mit 180° u. des Ostwindes mit 270°, so ist die mittlere Windrichtung in England 60°, in Frankreich u. Holland 88°, in Deutschland 76°, in Dänemark 62°, in Norwegen 59°, in Rußland u. Ungarn 177°. Um die mittlere Itensität des W-es für einen Ort zu finden, so setzt man die absolute Zahl aller beobachteten Windrichtungen = 1000 u. dividirt damit in die Stärke der mittlern Windrichtung. Wenn z.B. für einen Ort als mittlere Windrichtung S 63° W. u. als Intensität 158 angegeben wird, so heißt dies, daß die 1000 daselbst beobachteten W-e auf die Verrückung der Atmosphäre ebenso gewirkt haben, als ob 158 W-e aus einer zwischen Süd u. West liegenden Richtung, welche um 63° von Süden absteht, geweht hätten.

III. Die Ursache der W-e beruht fast stets auf einer durch Temperaturdifferenzen benachbarter Gegenden entstandenen Störung im Gleichgewicht der Atmosphäre. Wenn man im Winter die Thüre zwischen einem warmen u. einem kalten Zimmer etwas öffnet, so bilden sich in dieser Öffnung zwei W-e; im obern Theile geht ein warmer Luftstrom aus dem warmen Zimmer ins kalte, im untern ein kalter Luftstrom aus dem kalten Zimmer ins warme, was man durch eine in die Thüröffnung in verschiedener Höhe gehaltene Lichtflamme deutlich beobachten kann. Ebenso findet man, wenn von zwei benachbarten Gegenden die eine stärker erwärmt wird, als die andere, in den obern Schichten der Atmosphäre einen W., welcher von der wärmern Gegend nach der kältern geht, während sich am Boden die Luft von der kältern nach der wärmern bewegt. Als Mittelpunkte der Luftströmungen sind daher die Stellen der Erde anzusehen, welche von der Sonne am meisten erwärmt werden. Sieht man vorläufig von der mit der Jahreszeit wechselnden Declination der Sonne ab, so kommt vermöge der Achsendrehung der Erde die Sonne im Laufe eines Tages für jeden Punkt des Äquators in das Zenith, man hat also parallel dem Äquator einen heißesten Gürtel, während, von localen Unregelmäßigkeiten abgesehen, an den Polen die geringste Wärme herrscht. Folglich strömt in den obern Regionen[248] der Atmosphäre wärmere Luft vom Äquator nach den Polen, in den untern kältere von den Polen nach dem Äquator. Die Richtungen dieser Luftströmungen würden also genau Süd u. Nord sein, wenn sie nicht noch durch die Achsendrehung der Erde modificirt würden. Die Luft nämlich, welche vom Pol gegen den Äquator strömt, kommt von Punkten geringerer Umdrehungsgeschwindigkeit zu Punkten größerer, u. da sie folglich nicht mit der gleichen Geschwindigkeit von West nach Ost sich bewegen, wie alle Körper an der Erdoberfläche, so scheint der W. auf der nördlichen Halbkugel anstatt von Nord aus Ost od. Nordost zu kommen. Dagegen bringt die Luft, welche vom Äquator nach dem Nordpol strömt, eine größere Geschwindigkeit von West nach Ost mit, der W. scheint daher aus West od. Südwest statt aus Süd zu wehen Ganz das Analoge gilt für die südliche Halbkugel, wo die vom Pol kommende Strömung sich in Ost od. Südost, die vom Äquator kommende in Nordwest verwandelt. So hat man also einen mittelsten heißen Gürtel um die Erde, wo die horizontale Luftströmung durch das energische Aufsteigen der erhitzten Luft gehemmt ist, welcher daher den Namen Region der Calmen führt u. wo nur heftige Gewitterstürme die Windstille unterbrechen; ferner an der nördlichen u. südlichen Grenze dieses Gürtels die regelmäßig von den Polen kommenden Luftströmungen, welche durch die Achsendrehung der Erde als Ost mit geringer Neigung gegen Nord od. Süd erscheinen, das sind die Passatwinde (Etesische W-e, franz. Vents alizés, engl. Tradewinds); endlich jenseits der Region der Passatwinde in der nördlichen u. südlichen gemäßigten Zone die veränderlichen W-e, nämlich einen Wechsel zwischen Polar. u. Äquatorialströmungen, welche herrschend bei uns als Nordost u. Südwest erscheinen. Indem mit den verschiedenen Jahreszeiten die Sonne ihre Declination ändert, verschieben sich diese Zonen weiter nach Norden od. Süden, wobei noch zu bemerken ist, daß die Region der Calmen im Allgemeinen mehr nördlich liegt, weil hier die größere Ländermasse, daher stärkere Erwärmung der Erdoberfläche sich befindet. Die mittlere Breite der Calmenregion beträgt gegen 6°, im August steigt sie bis gegen 10°, im December mindert sie sich bis fast auf 2°. Die Breite jeder Passatzone beträgt etwa 20°. Am regelmäßigsten wehen die Passatwinde auf dem Großen u. dem Atlantischen Ocean, weniger regelmäßig auf dem Indischen Meere, noch mehr werden sie auf dem festen Lande durch das vielfache Entstehen anderer Luftströmungen modificirt. In der Nähe der Küsten werden sie ebenfalls verschiedenartig von ihrer ursprünglichen Richtung abgelenkt u. in die gleichfalls beständigen Küstenwinde umgewandelt. Hierher gehört z.B. der an der Westküste Mexicos herrschende Westwind. Steigt man in der Passatregion auf einen hohen Berg, z.B. auf den Pik von Teneriffa, so findet man einen, dem in der untern Region wehenden Passate entgegengesetzten W. Dies kommt daher, daß, während beständig in den untern Schichten von den Polen her Luft gegen den Äquator strömt, die hier aufsteigende in den obern Schichten der Atmosphäre gegen die Pole abfließen muß In der heißen Zone befinden sich diese beiden Ströme übereinander, in weiterer Entfernung vom Äquator dagegen sinkt der Äquatorialstrom durch Abkühlung herab, so daß endlich beide Ströme neben einander hinfließen. In einigen Gegenden der Erde weht der Passatwind nur so lange, als die Sonne vermöge ihrer Abweichung dieser Gegend die Ursache der Passate mittheilt. Dann tritt er als periodischer od. aussetzender W. auf, z.B. auf dem Atlantischen Ocean zwischen 24 u. 32° nördl. Breite. Solche an bestimmte Breiten u. Jahreszeiten gebundene W-e nennt man auch Moussons (Mousoons). Sie wehen einen Theil des Jahres hindurch nach einer bestimmten Richtung, worauf sie aufhören od. in die entgegengesetzte Richtung umspringen. Letzteres thun bes. die Moussons im Indischen Meere, an den Küstenländern Asiens u. Afrikas. Sie entstehen in Folge ungleicher Erwärmung der dieses Meer einschließenden Länder; die starke Erwärmung des Landes von Südasien während des Sommers bewirkt nämlich, daß hier der Südostpassat bis weit über den Äquator herübergezogen wird, wogegen im Winter der Nordostpassat an seine Stelle tritt. Während der nördlichen Abweichung der Sonne weht daher der W. hier aus Südwest, während der südlichen Abweichung aus Nordost. Ebenso aussetzend, aber nicht in jährlichen, sondern tägigen Perioden, sind die Land- u. Seewinde. Da sich das Land bei Tage stärker erhitzt, des Nachts aber auch stärker abkühlt, als das Meer, so muß am Tage der W. vom Wasser nach dem Lande zu, des Nachts vom Lande zur See wehen. Auch in der Nähe großer Binnenseen, wie des Genfer Sees, findet dieselbe Erscheinung Statt. Auch für die W-e der gemäßigten u. kalten Zonen sind die zwei einander entgegengesetzten Hauptströme als nächste Ursache anzunehmen. Weil aber hier die beiden Luftströme nicht mehr, wie in der heißen Zone über sondern neben einander hinfließen u. jeder derselben in mehre Arme getheilt sein kann, auch durch die Achsendrehung der Erde in seiner Richtung fortwährend abgeändert wird u. über den andern Strom Einfluß gewinnt, so können die W-e der kühlern Erdstriche nicht so regelmäßig sich gestalten, wie die der heißen, u. die Entwirrung der gegenseitigen Verhältnisse dieser W-e wird daher mit der größern Entfernung vom Äquator immer schwieriger. Der Nordstrom wird wegen der ungleichen Rotationsgeschwindigkeit der verschiedenen Erdstriche bei ihrer Achsendrehung, je näher den Polen, desto mehr östlich, der Südstrom dagegen unter gleichen Verhältnissen immer mehr westlich, während in der südlichen Halbkugel das Gegentheil stattfindet. Ein Nordwind geht daher bei uns durch Nordost in Ostwind, ein Südwind durch Südwest in Westwind über; überhaupt dreht sich also der W. auf der nördlichen Halbkugel rechts, auf der südlichen links um die Achse der Windrose. Im nördlichen Mitteleuropa haben die W-e der Westseite das Übergewicht über die der Ostseite, nach dem Innern des Continents zu nimmt aber dieses Übergewicht ab. In der Nähe des Atlantischen Meers haben die westlichen W-e mehr südliche Richtung, gegen das Innere des Landes werden sie West- od. Nordwestwinde. In Südeuropa herrschen die Nordwinde vor. Im Winter sind die W-e meist südlicher, als durchschnittlich im übrigen Jahre, im Frühlinge sind Ostwinde, im Sommer Westwinde, im Herbst Südwinde häufig. Dabei übt allerdings auch die Tageszeit u. viele andere Witterungsverhältnisse einen Einfluß auf die Windrichtung aus. Die Stärke der W-e ist im Winter (Januar u. Februar) am größten, bes. gegen Mittag hin, die Nächte sind[249] verhältnißmäßig ruhig od. windstill. Obwohl die W-e ursprünglich eine Folge der atmosphärischen Temperaturdifferenzen sind, so üben sie doch auch ihrerseits einen großen Einfluß auf die Temperatur aus, so daß jedem W-e an einer bestimmten Stelle der Erde eine bestimmte mittlere Temperatur entspricht. Die Nordwinde kühlen im Sommer die Luft ab, die Südwinde erwärmen sie im Winter, der Frühling schließt sich mit seinen Westwinden dem Sommer, der Herbst mit seinen Südwinden dem Winter an. Diese Temperaturunterschiede der W-e nehmen aber von den kältern zu den wärmern Monaten hin ab, bes. ändert der Nordostwind mit der Jahreszeit seine Temperatur. Bei Ostsüdost- u. Südwinden steigt das Thermometer, bei Südwest fällt es, ebenso bei Westnordwest u. Nordwind, u. bei Nordost geht es vom Fallen zum Steigen über. Der kälteste W. kommt bei uns etwa aus Nordnordost, der wärmste aus Südsüdwest; im Winter u. Frühling kommt der kälteste W. mehr von Ost, der wärmste mehr aus West, im Sommer der kälteste aus Nordwest, der wärmste aus Südost. Am merkwürdigsten sind, hinsichtlich ihrer Temperatur, die heißen W-e, bes. die in den großen, vegetationsarmen Ebenen u. Wüsten der größern Continente wehenden W-e. Erst in der neuesten Zeit haben zuverlässige Beobachter, bes. Ludw. Burckhard, während eines mehrjährigen Aufenthalts in der Wüste die Natur dieser heißen W-e näher kennen gelehrt. In Arabien, Persien u. den meisten Gegenden des Orients heißt dieser heiße W. Samum (s.d.). Außer den Wüsten von Afrika u. Südwestasien kommen auch in Hindostan, in Louisiana, Chile u. den großen Ebenen am Orinoco, sowie in Australien, also in eben nicht vegetationsarmen Gegenden, heiße u. trockene W-e vor. Selbst in Europa gibt es manche Gegenden, welche durch heiße W-e sich auszeichnen: so ist in Spanien der Solano u. in Italien der Sirocco (s. b.) berüchtigt. Im Allgemeinen besitzen die aus entfernten Gegenden zu uns kommenden W-e einen Theil der Eigenschaften, welche das Klima dieser Gegenden charakterisiren. So sind die zu uns kommenden Westwinde feuchter, als die aus dem trockenen Continente wehenden Ostwinde, welche zugleich auch, bes. im Frühjahr, sich durch schneidende Kälte auszeichnen u. daher so oft den Grund zu rheumatisch-katarrhalischen Krankheiten legen. In Südeuropa bekommen die nördlichen, durch Heftigkeit u. Kälte ausgezeichneten W-e oft besondere Namen, wie z.B. der Bora in Dalmatien u. Istrien, der Mistral im untern Rhonethal, der Gallego in Spanien. Auf das Barometer hat die Windrichtung großen Einfluß, bei W-en zwischen Nord u. Ost steigt es, bei W-en zwischen Süd u. West fällt es, in Nordamerika steht es bei Nordwest am höchsten, bei Südost am niedrigsten. Im Allgemeinen steht das Barometer am höchsten bei den aus Norden u. dem Innern des Continents kommenden, am niedrigsten bei den vom Äquator u. vom Meere kommenden W-en. Da bei gewissen W-en vorzugsweise atmosphärische Niederschläge eintreten, bei andern nicht, so nennt man erstere in dieser Beziehung auch Regenwinde. Bei uns gehören die südwestlichen u. westlichen W-e hierher; doch machen die Jahreszeiten auch hier einen Unterschied. Im Winter schneit od. regnet es oft bei Nord- u. Ostwinden, im Sommer regnet es dann fast nie od. halten solche, meist plötzlich eintretende nordöstliche Regen nicht lange an. Außerdem führen die W-e oft allerhand der Atmosphäre beigemischte organische Ausdünstungen u. Miasmen in andere Gegenden über u. können auf diese Art zur Verbreitung epidemischer Krankheiten beitragen; eben so schnell aber, wie ein W. Krankheiten bringt, führt sie ein anderer hinweg. Ein W. von mindestens 40 Fuß Geschwindigkeit heißt ein Sturm. Solche W-e von gewaltiger Wirkung sind z.B. die Burans (s.d.) in Asien. Von diesen Stürmen verschieden sind noch die Orkane (Wirbelstürme, Cyclonen) nicht allein durch den Grad ihrer Heftigkeit, sondern insbesondere dadurch, daß gewöhnliche Stürme in allen Breiten vorkommen, oft über weite Strecken gleichzeitig bemerkt werden u. anhaltend wehen, während die Cyclonen auf die Nähe der Wendekreise beschränkt sind, plötzliche Richtungsänderungen zeigen u. immer auf einen verhältnißmäßig kleinen Raum beschränkt sind. In den Wirbelstürmen der nördlichen Halbkugel rotirt die Luft immer von Ost über Nord, West nach Süd, in denen der südlichen von Ost über Süd, West nach Nord, u. der ganze Wirbel, dessen Durchmesser 12–100 Ml. beträgt, schreitet außerdem fort Sie pflegen innerhalb der Zone der Passate zu entstehen, schreiten hier in der nördlichen Halbkugel von Südost nach Nordwest fort u. biegen plötzlich rechtwinkelig nach Nordost ab, wenn sie die Grenze der Passate erreichen; in der südlichen Halbkugel schreiten sie dem analog anfänglich von Nordost nach Südwest u. von der Grenze der Passate an nach Südost fort. Ihre Entstehung ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, daß der in den obern Regionen der Atmosphäre bestehende Äquatorialstrom, wenn ihm durch einen aufsteigenden Luftstrom der Weg versperrt wird, in den untern Polarstrom einbricht. Sie kommen hauptsächlich in dem Antillenmeere u. dem westlichen Theile des Indischen Oceans vor Die verheerendsten Orkane der neuern Zeit fanden statt im Octbr. 1839 auf den Azoren, im Octbr. 1844 auf Cuba u. dem Eriesee, im Mai 1846 zu Ludhiana in Ostindien, Ende October 1846 auf Cuba, Ende August 1848 zu St. Christoph in Britisch-Westindien, den 23. Aug. 1850 am Vierwaldstätter u. Luzerner See in der Schweiz, am 2. Oct. 1852 in Norddeutschland u. in der Nord- u. Ostsee, in der Nacht vom 11. zum 12. Novbr. 1855 auf Sicilien, den 12. April 1856 in der Umgebung Philadelphias in Nordamerika, im Juni 1857 zu Sala in der Provinz Principato citeriore, den 15. Jan. 1858 im mittlern Schweden, den 27. Juli 1862 in der chinesischen Provinz Canton.

IV. Drehungsgesetz des W-es. Schon seit Aristoteles' Zeit ist in unserem Himmelsstriche eine gesetzmäßige Drehung der W-e beobachtet worden, so daß meistens die W-e in der Ordnung von Nord, Nordost, Ost, Südost, Süd, Südwest, West, Nordwest, Nord auf einanderfolgen, u. Dove hat davon folgende Erklärung gegeben. In der Zone der Punkte, für welche die Sonne im Laufe des Tages durch das Zenith geht, findet in Folge der Erhitzung ein steter aufsteigender Luftstrom Statt, der an der Erdoberfläche dadurch gebildete leere Raum wird aber fortwährend durch kältere von den Seiten herzuströmende Luft gefüllt, während die heiße Luft an der obern Grenze der Atmosphäre nach dem Nord- u. Südpol hin abfließt. Dies gibt für die nördliche Halbkugel den kalten Polarstrom u. den heißen Äquatorialstrom, welche in den Ge[250] genden der gemäßigten Zone, wo der Äquatorialstrom durch die Abkühlung sich schon wieder gesenkt hat, an der Erdoberfläche sich begegnen u. häufig einander verdrängen. Das andere, die Drehung des W-es bewirkende Moment ist die Rotation der Erde. Vermöge dieser bewegen sich nämlich, wenn kein W. herrscht, alle Theile der Atmosphäre mit derselben Geschwindigkeit von West nach Ost, als die Punkte der Erdoberfläche, über denen sie senkrecht stehen. Diese Geschwindigkeit ist für die verschiedenen geographischen Breiten verschieden u. beträgt am Äquator in 24h 5400 Meilen od. in 1''1/16 Meile; sie wird aber immer geringer, je näher man dem Pole kommt, wo sie sich endlich immer nur um sich selbst dreht, ohne vorwärts zu kommen. Denkt man sich daher die Luft des Pols plötzlich an den Äquator versetzt, so würde sie, weil sie nicht sogleich die Geschwindigkeit der festen Erde annehmen kann, gegen diese zurückbleiben u. also als Ostwind erscheinen. Fängt nun an einem bestimmten Orte der gemäßigten Zone der Polarstrom an zu wehen, so kommen zuerst Lufttheile aus Orten von nicht viel höherer geographischer Breite, also nicht viel geringerer Rotationsgeschwindigkeit, also ist der W. nur wenig von Norden nach Osten abweichend; nach u. nach aber langt Luft von immer nördlicheren Gegenden an, welche eine viel geringere Geschwindigkeit von West nach Ost, scheinbar also eine stärkere Bewegung von Ost nach West haben u. den an sich von Norden kommenden Polarstrom mehr nach Osten abgelenkt erscheinen lassen. Der Nordwind geht also allmälig von Nord über Nordost beinahe nach Osten, in welcher Richtung er dann gewöhnlich länger verbleibt. Dringt nun aber allmälig der Äquatorialstrom durch, so vereinigt er sich erst mit dem vorhandenen Oststrome zu Südost, wird nach u. nach Süd u. bleibt dann in der Regel als Südwest, welches der durch die Rotationsgeschwindigkeit abgelenkte Äquatorialstrom ist, längere Zeit constant. Mit wieder eintretendem Polarstrom wendet sich der Südwest über West nach Nord. Die Periode einer vollständigen Umdrehung ist bald von kürzerer, bald von längerer Dauer. Oft wird diese regelmäßige Drehung des W-es durch ein Zurückspringen des W-es nach entgegengesetzter Richtung gestört, u. zwar geschieht dies im Sommer u. auf der westlichen Seite der Windrose häufiger, als im Winter u. auf der östlichen Seite. Eine vollständige Umdrehung des W-es in entgegengesetzter Richtung ist eine höchst seltene Erscheinung. In der südlichen gemäßigten Zone verhält sich Alles der nördlichen entsprechend u. dreht sich daher der W. in der Regel umgekehrt als hier, nämlich Süd, Ost, Nord, West, Süd. In der tropischen Zone pflegt an der Erdoberfläche nur der Polarstrom zu herrschen u. daher gibt es hier gar keine vollständige Drehung, sondern nur eine der Entfernung des Beobachtungsortes von der äußern Grenze des Stromes proportionale constante Ablenkung, welche sich nur durch die Veränderung jener Grenze mit den Jahreszeiten etwas modificirt; dies sind die Passate. An manchen Orten der tropischen Zone wechselt wegen localer Verhältnisse der Äquatorialstrom im Laufe des Jahres einmal mit dem Polarstrome (Moussons), u. hier gibt es also eine in einem Jahre sich vollendende Drehung.

V. Die Wirkungen u. der Nutzen der W-e sind sehr bedeutend. Wenngleich die Verheerungen, welche Stürme u. Orkane anrichten, zuweilen sehr beträchtlich sind, was man leicht abnehmen kann, wenn man bedenkt, daß z.B. ein Orkan von 120 Fuß Schnelligkeit auf einen Kirchthurm od. ein Schiff mit einer Kraft von 6–9 Mill. Pfunden einwirkt, so spielen doch die W-e im Allgemeinen im Welthaushalt eine so wichtige Rolle, daß ohne dieselben alle Organisation bald zu Grunde gehen müßte. Durch die W-e wird die Kälte hochnordischer u. die Hitze der tropischen Gegenden gemildert; ohne dieselben würden Regen u. andere wässerige Niederschläge im Innern der Continente fast ganz unbekannt sein u. diese zu völligen Wüsten werden; Thiere u. Pflanzen würden bald umkommen, wenn nicht die Luftmasse, in welcher sie leben sollen, fortwährend durch die W-e erneuert würde; auch bei der Befruchtung der Pflanzen sind die W-e von Wichtigkeit, indem der Blüthenstaub oft gar nicht anders als durch W. zu den weiblichen Geschlechtstheilen gebracht werden kann. Mannigfaltig werden die W-e vom Menschen zur Betreibung von Maschinen angewendet. Vgl. Coudraye, Théorie des vents, Fontenay 1786; Romer, Tableau des vents, des marées et des courans, Par. 1817; Capper, Observations on the winds and monsoons, Lond. 1801; Dove, Meteorologische Untersuchungen, Berl. 1837; Derselbe, Über das Gesetz der Stürme, ebd. 1857; Maury, Wind and Current Charts, Washington 1845 ff., 120 Blätter.

Bei der Schifffahrt ist der W. nebst dem Rudern, der Schraube, den Schaufelrädern u. den übrigen durch Dampf getriebenen Apparaten das vorzüglichste u. war vor Erfindung der Dampfmaschinen, resp. deren Anwendung in der Nautik für die Hochbordschiffe das einzige Mittel die Schiffe fortzubewegen. Die W-e werden unterschieden nach der Himmelsgegend, aus welcher sie wehen (vgl. Himmelsgegenden u. Windrose), aber auch nach der Richtung, welche sie zur Richtung des Schiffs u. des Curses desselben haben, als Gegenwind, welcher der Richtung der Fahrt gerade entgegenweht (Nebenwind); Rückenwind (Vorwind), welcher gerade nach der Gegend weht, wohin man fahren will; voller W., welcher das Schiff vollkommen am Hintertheile faßt, u. Seitenwind, welcher von der Seite, wodurch das Schiff mit halbem W-e fährt, Breitwind, welcher in einer Richtung weht, daß das Schiff die meisten Segel gebrauchen kann; die Richtung desselben ist von nahe am W-e bis zum halben Vorwinde. Die rechte Benutzung des Wes macht einen vorzüglichen Theil der Schifffahrtskunde aus. Es scheint zwar, als sei derjenige der günstigste W., welcher genau nach der Himmelsgegend weht, nach welcher man steuert, aber nicht blos, daß man selten gerade einen solchen W. hat, sondern er bewirkt auch nicht den schnellsten Lauf des Schiffes, weil dabei die hintern Segel die vordern bedecken u. denselben den W. rauben. Am schnellsten fährt man mit einem W-e, welcher etwas von der Seite kommt, nur muß man dabei den Segeln verschiedene Richtung geben. Man kann Curs halten, so lange der W. nicht über den rechten Winkel hinaus die Richtung des Curses durchschneidet Nähert sich der W. mehr dem Gegenwind, so kann man ihn nur noch dadurch benutzen, daß man lavirt. Einem Schiffe den W. abschneiden od. abkneifen heißt sich mit seinem Schiffe so legen, daß man der Gegend, aus[251] welcher der W. weht, näher ist, folglich wird der Pulverdampf auf das feindliche Schiff getrieben u. das feindliche Schiff hat den Nachtheil, daß es eine größere Fläche über dem Wasser hat, u. bietet gefährlichere Grundschüsse dar, auch kann es sein Geschütz nicht so gut brauchen; das feindliche Schiff ist dann unter dem W., das eigene Schiff vor dem W.; den W. abgewinnen heißt dagegen es vorbeisegeln. An den W. steuern heißt das Vordertheil des Schiffs gegen den W. wenden u. mit einem Seitenwinde fahren; an den W. kommen od. gehen heißt sich mit seinem Schiffe nahe an ein anderes legen, als ob man gegen dessen Strich steuerte, auch das Schiff so legen, als ob man gegen den W. steuerte; bei dem W. liegen, die Segel so stellen, daß sie keinen W. fassen; bei dem W. segeln od. halten, wenn man den W. nicht mehr zur Seite, sondern schon in schiefer Richtung von vorn bekommt; dicht beim W. segeln, beinahe gerade in od. gegen den W. segeln; das Schiff beim W. schmeißen, es beidrehen; in den W. drehen, gerade gegen den W. segeln; ober dem W., auf der Luvseite; unter dem W., in Lee fahren; vor dem W. halten (abhalten), die Richtung des Schiffs so ändern, daß der W., welcher vorher auf das Vordertheil od. auf die Seite des Schiffs gerichtet war, nunmehr von hinten zu in die Segel fällt; vor dem W. segeln, so daß man den W. gerade von hinten in die Segel bekommt; vor den W. wenden (halsen), das bei dem W. segelnde Schiff erst so weit abfallen lassen, bis es den W. gerade von hinten bekommt u. dann auf der andern Seite wieder anluven, damit das Schiff daselbst wieder bei dem W. zu liegen komme. Der vortheilhafteste von allen W-en ist aber der Backstagwind, bei welchem man auch mehre Segel führen kann; das Schiff läuft durch den W., wenn es sich wider Willen des Steuermanns umdreht; man folgt dem W., wenn man sich wider Willen dem Treiben des W-es überlassen muß; der W. springt, wenn er schnell aus einer Himmelsgegend in die andere umsetzt. Es geschieht dies bisweilen schnell um die ganze Windrose herum. Andere Ausdrücke sind noch: der W. ist wau, wenn er sich gar nicht spüren läßt; er ist flau, wenn er sich ein wenig spüren läßt; er kriecht aus u. ein, wenn er abwechselnd ist, seine Richtung verändert u. diese wieder bekommt; der W. ist auf u. nieder, wenn er sich gar nicht spüren läßt, so daß die Flaggen u. Wimpel niederhängen; von einem guten W. einen schlechten machen, bei anhaltendem, dem Laufe des Schiffs günstigem W. das Schiff umkehren u. bei dem W. drehen.

Im Jagdwesen ist der W. gut (Gegenwind), wenn er dem Jäger in das Gesicht kommt u. das Wild daher denselben schwerer wittert; er ist Rücken- (conträrer) W., wenn er dem Jäger in dem Rücken ist u. das Wild ihn also leicht wittert; Seiten- (Schneide-) W., wenn er von der Seite kommt; Kessel- (Kiesel-) W. ist ein Kreiselwind, bei welchem der W. schnell nach allen Seiten umspringt; auch bei ihm wittert das Wild, wenn es bereits in der Nähe des Jägers ist, denselben leicht. Überwind, wo eine Erhöhung des Bodens od. sonst ein Gegenstand den W. abhält; das Wild setzt sich gern in demselben. Man muß stets suchen sich dem Wild gegen (unter) den W, zu nähern, u. auf Treibjagen, bes. im Holz, die Schützen so anzustellen, daß sie den W. im Gesicht haben.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 248-252.
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