[446] Schuh, 1) Kleidungsstück zur Bedeckung der Füße, welches höchstens bis an die Knöchel reicht. Je nach dem Stoffe, woraus sie verfertigt sind, gibt es Filz-, Haar-, Bastschuhe, Spardilles (aus Binsen, Bindfaden od. Bast geflochten), Gummi- (aus dem Ganzen gegossen, wegen ihrer Wasserdichtigkeit vorzüglich als Überschuhe benutzt), Holzschuhe (Sabots), ganz aus Buche, Birke, Erle u. wilder Kastanie gemacht, wozu das Holz geräuchert wird, damit es weniger reiße u. härter werde; od. Gallochen, wo ein Obertheil von Leder auf Holzsohlen aufgenagelt ist; bes. aber 2) das Fußbekleidungsstück, dessen unterer Theil (Sohle) von Leder verfertigt ist. Nach dem verschiedenen Stoffe, von welchem der obere Theil dieses S-es gemacht ist, unterscheidet man seidene, Tuch-, Zeug-, Sammet-, Lederschuhe, von letztern hat man wieder Saffian-, Corduan-, kalblederne, rindslederne, lackirte S-e; bes. leicht u. dünn sind die Ball- od. Tanzschuhe (Escarpins); etwas stärker (Stadtschuhe) zum Gehen in Städten, gröber u. stärker, die starten S-e, zum Gehen aus dein Land, für Fuhrleute, Bauern u. dgl. Jeder S. besteht aus dem Quartier (Hinterleder), welches die Ferse bis zur Fußbeugung an beiden Seiten deckt; dem daranstoßenden Oberleder (Schuhblatt), welches den obern Theil des Fußes von der Spanne bis zu den Zehen deckt; Zeugschuhe erhalten häufig an der Spitze eine Kappe von Leder u. an den Seiten Seitenleder (Bällchen, Oberstemmen). Alle diese Theile sind zunächst an die innerste Sohle (Brandsohle) angenäht; unter dieser wird bei starken S-en der Rahmen (s.d. 13) angenäht u. an diesen die eigentliche, äußere Sohle. Bei den S-en für Männer (Herrenschuhen) bildet das Oberleder oft Laschen, welche mit Bändern od. Schnallen, bei gemeinen Leuten mit Riemen vereinigt werden. Zum Schutz gegen Feuchtigkeit versteht man die S-e mit Doppelsohlen, wobei man die innere aus Leder od. auch aus Kork macht. Schuhschnallen, von verschiedener Größe u. Material (Gold, bes. von Silber, bei gewöhnlichen Leuten von Zinn), wurden früher viel getragen. Die Frauen od. Damenschuhe sind meist vorn mit Rosetten u. Schleisen (Schuhrosen) verziert. Nach der Art, wie die Sohlen aufgenäht sind, hat man außer den Rand- od. Rahmenschuhen umgewendete S-e (Societäts-, Gesellschaftsschuhe), bei welchen das Oberleder so auf die Sohle genäht wird, daß Anfangs die innere Seite auswendig liegt, u. erst nach dem Annähen der Sohle wird der S. umgewendet, was[446] aber nur bei dünnen Sohlen möglich ist. Über die durchnähten S-e s.u. Schuhmacher S. 448. Ferner hat man glattsohlige u. Absatzschuhe; bei letztern ist unter der Ferse ein erhöheter Absatz von einem od. mehren Stücken Leder; ist dieser Absatz hoch, unten schmal zulaufend, von Holz u. nur mit Leder überzogen, so heißen solche S-e Stöckchenschuhe. Auch die Patins (s.d. 2) gehören hierher. Lederschuhe macht man häufig einhällig, d.h. es ist der einzelne S. genau nach der Gestalt jedes der beiden Füße eingerichtet; sie können daher nicht gewechselt werden, gewähren aber einen bequemeren Gang. Die seinen Damenschuhe sind ein bedeutender Handelsartikel; Paris, Wien, Berlin, Erfurt führen eine ziemliche Menge aus.
Der S. wurde vorzüglich früh im Orient u. in den Ländern getragen, wo man wegen der zu großen Hitze des Sandes nicht mit bloßen Füßen gehen konnte. Anfangs wurden zum Schutz der Fußsohlen blos Breter od. Baumblätter, Geflechte von Pfriemengras (in Spanien), od. Papyrus (in Ägypten) untergebunden. Bei den Hebräern hatten die S-e die Form von Sandalen u. waren von Leder, Leinwand, Binsen, Holz etc., vornehme Weiber trugen indeß schon sehr bald prächtige u. kostbare S-e. Die der Soldaten waren mit Metall beschlagen. An heiligen Orten, od. wohin man sonst mit Ehrerbietung ging, auch in der Trauer, zog man die S-e aus; bei Besuchen legte man sie im Vorzimmer ab; zu Hause trug man keine S-e. Über das Ausziehen der S-e bei verweigerter Levirathsehe s.u. Ehe S. 501. Die Inder hatten S-e von Holz u. Leder; letztere trugen die Vornehmen, u. zwar je höher ihr Rang war, desto höher u. mit mehr Farben geschmückt waren ihre S-e, sogar mit Gold u. Edelsteinen besetzte trugen sie. In Griechenland waren die älteste Art von S-en die Hypodemata, welche unter den Fuß gebunden blos die Sohle bedeckten, während die Sandalen (Sandalion, Sandalon) der Frauen noch einen über die Zehen gehenden Riemen hatten, welcher, allmälig verbreitert, zu einer Art Oberleder wurde, s. Sandalen; das Hypodema koilon wurde angezogen u. bedeckte den ganzen Fuß; außerdem trugen die Männer die Krepides, Halbschuhe, welche den vordern Theil des Fußes oberhalb bedeckten u. hinten mit Riemen befestigt waren; eine besondere Art derselben waren die Lakonikai; ferner die eleganten Blautal (Blautia), bes. wenn sie zu Gastmahlen gingen; Embades ordentliche S., beim gewöhnlichen Gebrauch; Karbatinai von starkem Leder, von gemeinen Leuten getragen; Endromides starke u. hochherausreichende S-e, wie sie Jäger u. Läufer brauchten. Die Frauen trugen außer Sandalen noch die Persika od. Kothornoi, hohe Schuhe, u. die eleganten Bankides, während die ordinären Peribarides eine Fußbedeckung der Mägde waren. Das gewöhnliche Material zu S-en war Leder, u. es gab besondere Schuhmacher (Skytotomoi, Skytorrhaphoi, Skyteis), welche ihr Handwerk (Skytike, Skytotomike) in besonderen Werkstätten (Skytotomeion) ausübten. Die Etrusker hielten die S-e für das wesentlichste Stück einer anständigen Bekleidung, denn selbst nackt auf ihren Kunstwerken dargestellte Figuren sind beschuht; gewöhnlich bedecken diese S-e Fuß u. Bein bis zur Wade u. sind oben entweder mit Bändern zugebunden od. übergeklappt; bisweilen sind sie auf der Mitte des Fußes aufgeschnitten u. geschnürt. Auch S-e mit spitzigen u. umgebogenen Schnäbeln kommen auf etruskischen Kunstwerken vor. Die Römer hatten eine Menge verschiedenes Geschühe (Calceamenta); der Calceus bedeckte den ganzen Fuß bis an die Knöchel, war von Leder u. wurde oben mit Riemen zusammengebunden, aber nur mit der Toga getragen. Die S-e der Plebejer waren schwarz u. mit einem Riemen (Corrigia) zusammengebunden; die der Patricier u. Senatoren mit vier Riemen, welche bis an das Schienbein in einander geflochten waren; auch war auf diesen vorn, wo die Riemen befestigt waren, von verschiedenen Materialien eine elfenbeinerne Zierrath in Halbmondgestalt (Luna, Lunula). S-e, deren Spitzen in Gestalt eines in die Höhe gingen, hießen Calcei repandi. Consuln, Prätoren u. Curntische Ädilen trugen bei feierlichen Gelegenheiten, wie auch die Triumphatoren, purpurfarbige S. (Calcei mullei), wohl auch bisweilen mit höheren Sohlen, deren Riemen breiter waren. Bloßer Bekleidung der Fußsohlen (Soleae) bedienten sich Frauen u. die Männer nur im Hause; die Crepidae paßten an beide Füße u. waren, wie die Gallicae, den Soleae ganz ähnlich. S-e von rauhem Leder (Perones), welche übrigens die Form des Calceus hatten, trugen andere Völker Italiens, wie Latiner, Marser, Herniker, Vestiner, später nur noch die Bauern u. Sklaven, u. auf diese beschränkte sich auch der Gebrauch der Holzschuhe (Sculponeae). Sandalen (s.d.) trugen die Frauen; so auch den Soccus. Übrigens war dieser Soccus, ein niedriger dünner S., auf dem Theater in der griechischen Komödie gewöhnlich, während der Cothornus (s. Kothurn) in der Tragödie getragen wurde. Die Soldaten trugen mit Nägeln beschlagene Sohlen (Caligae). deren Riemen bis an die Unterschenkel reichten; später nahmen sie die eherne Fuß- od. Schenkelbedeckung (Ocrea) an. Verschiedene Sumtuargesetze schränkten den Gebrauch von vielerlei S-en u. den Luxus derselben ein; so verbot Aurelianus den Männern farbige S-e zu tragen u. Heliogabal verstattete nur den Weibern gewisser Stände Verzierungen von Gold u. Edelsteinen an den S-en. Im Mittelalter wechselte die Mode mit den S-en sehr häufig u. bald trug man sie mit gerad ausgehenden Spitzen, bald mit Schnäbeln, welche in die Höhe gekrümmt waren; die Größe dieser Vordertheile richtete sich nach dem Rang, bei gemeinen Leuten waren sie 1/2, bei Vornehmen 1, bei fürstlichen Personen 2 Fuß lang. Um aber die Schnäbel immer in die Höhe gerichtet zu erhalten, wurden sie mit Kettchen am Schienbein befestigt. In Frankreich, wo man sie Schiffsschnäbel (Poulaines) u. nach ihrer Verkürzung Entenschnäbel nannte, erfand sie im 11. Jahrh. Fulco, Graf von Anjou, um seinen ungestalteten Fuß auf diese Weise zu verbergen. Sie erhielten sich bis in das 15. Jahrh. u. ihr Gebrauch wurde von Frankreich nach Böhmen u. England gebracht, aber ebenfalls im 15. Jahrh. gesetzlich abgeschafft, nachdem man dem Luxus durch Angabe eines bestimmten Maßes zu steuern versucht hatte. Dagegen erhielten sich die genestelten S-e bis in das 16. Jahrh.; eine eigenthümliche Mode bei diesen war die Spitzen abzuschneiden, so daß die Zehen herausgingen; man schmückte nun diese mit Ringen. In Deutschland, wo man Anfangs rothlederne, später hölzerne S-e, dann aber auch, bes. fürstliche Personen, mit Edelsteinen geschmückte getragen hatte, trug man nachher[447] blos einfache, vorn abgestumpfte S-e, welche beinahe eine dreieckige Gestalt annahmen. In China sollen die S-e unter Hoang-ti erfunden worden sein; die Damen tragen kleine gestickte S-e mit Absätzen (s. China S. 8), die Männer bunte S-e mit langen, spitzigen, aufwärts gebogenen Schnäbeln. 3) Bei Stiefeln der untere Theil, im Gegensatze des Schaftes; 4) Fußbekleidung von Leder für die Hunde, wenn sie auf scharf gefrorenen Schnee gehen sollen, u. welche so eingerichtet ist, daß die Krallen des Hundes ausgehen; 5) (Jagdw.), so v.w. Fangschuh, s.u. Falkenjagd B); 6) die Hufe u. hornartigen Schalen unten an den Füßen mancher Thiere; 7) eiserner Beschlag an der Spitze eines Pfahles, welcher in steinigten Boden getrieben werden soll; 8) eiserner Beschlag an dem unteren Ende der Stampfen in Ölmühlenn. Pochwerken; 9) die Pfanne, worin der Zapfen der Welle eines Göpels läuft; 10) an Kunststangen ein Stück Holz, durch welches der Stecknagel geht; 11) das doppelt gebogene Ende einer Brechstange; 12) ein viereckiger Kasten mit niedrigem Rand am Zuführungszeug der Mühle, s.d. A) a) bb); 13) ein rund geschmiedetes Eisen, welches vorne an die Balgliese gesteckt wird u. bis in die Form reicht; 14) die zum Ablaufen des Schiffs dienende Bettung von Planken; 15) Maß, so v.w. Fuß.
Buchempfehlung
Die neunzehnjährige Else erfährt in den Ferien auf dem Rückweg vom Tennisplatz vom Konkurs ihres Vaters und wird von ihrer Mutter gebeten, eine große Summe Geld von einem Geschäftsfreund des Vaters zu leihen. Dieser verlangt als Gegenleistung Ungeheuerliches. Else treibt in einem inneren Monolog einer Verzweiflungstat entgegen.
54 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro