[845] Wappen, 1) im Allgemeinen Schilde mit allerlei Figuren verziert u. umgeben; bes. 2) die den Regeln der Heraldik (s. d.) gemäßen Darstellungen gewisser Bilder u. Figuren (Wappenbilder) im Schilde u. Oberwappen, deren Gebrauch dem Besitzer entweder durch verjährten Besitz od. durch Verleihung zusteht. Der Gebrauch der W. ist alt, Spuren u. vielleicht die Anfänge derselben lassen sich in den Feldzeichen der Legionen, u. in den Schildeszeichen der alten Deutschen etc. erblicken; jedoch muß man sich wohl hüten Symbole mit W. zu verwechseln. Die W. gehören zwar zu den Symbolen, insofern sie den Besitz od. die Persönlichkeit des sie Gebrauchenden ausdrücken, aber nicht alle Symbole der Art sind W., denn diese fordern die regelmäßige Darstellung, u. ferner begründen W. im jetzigen Sinne Rechte, was bei den Symbolen nicht der Fall war. Die Entstehung der jetzigen W. fällt ins 10. Jahrh. u. hängt mit dem ganzen Lehnswesen zusammen, eben so wie mit der Form der Ausrüstung u. Bewaffnung der Lehnsträger u. deren Mannen. Die Geschlechtswappen sind wahrscheinlich die ältesten, u. aus, ihnen sind meist die Landeswappen hervorgegangen. Den bedeutendsten Einfluß auf die Gestaltung der W. übten die Kreuzzüge; ihre völlige Ausbildung erhielten sie durch Ritterthum u. Ritterspiele, u. diese durch die den letztern vorhergehende Wappenschau (s.u. Turnier S. 76), wo von den Herolden ausgemittelt wurde, ob Jeder das seinem Geschlechte u. Stamm gemäße W. führe. Sie wurden erblich, u. Schild u. Helm die Träger derselben. Diese Form blieb ihnen auch dann, als sie zu andern Zwecken u. zu den Siegeln verwandt wurden, wo sie früher auf den Schilden u. Helmen der abgebildeten Inhaber als selbständig erscheinen. Die W. bezeichnen den Inhaber desselben mit allen Rechten des Besitzes, des Standes u. der Würde, welche er hat od. auf welche er Anspruch macht. Der Versuch sie aus Allegorien od. Waffen herzuleiten, ist unrichtig, so wie die symbolisirende Bedeutung einzelner Farben u. Figuren Spielereien eines spätern Zeitalters sind, wogegen aber nicht zu verkennen ist, daß diese Deutungen auf die Gestaltungen der W. aus dem Ende des 17. Jahrh. Einfluß geübt haben. Daß die ältesten W. von den durch die Geburt dazu Befähigten willkürlich angenommen wurden (wie denn ja selbst Brüder ganz verschiedene Bilder gebrauchten), ist gewiß, nicht weniger aber wurde späterhin eine solche Annahme nicht mehr gestattet u. fast in allen Ländern durch Gesetze untersagt. Die Ertheilung der W. stand u. steht nur der höchsten Macht im Staate zu, u. die Urkunden, wodurch die Führung eines W-s in bestimmter darin gegebener Form gestattet wird, heißen Wappenbriefe; sie kommen bereits 1312 vor u. häufiger gegen das Ende des 14 Jahrh. Die Adelsbriefe sind auch zugleich Wappenbriefe, jedoch wurden auch früher oft W. ohne Adel ertheilt, od. bereits geführte W. gebessert, worauf sich die Vollmacht der Hof- u. Pfalzgrafen erstreckte, welche übrigens in Hinsicht der zu verleihenden Figuren nicht ohne Beschränkung waren. Dem Zeichen bürgerlicher Familien, wenn sie willkürlich angenommen wurden, fehlt der Begriff des W-s. Mit dem W. ist von jeher der Begriff der Ehre streng verbunden gewesen, daher war auch der Verlust derselben eine Folge begangener Verbrechen, wo dann das W. von Henkers Hand zerbrochen ward. Sie erlöschen ferner mit dem Erlöschen des. Stammes; in einem solchen Falle wird die zerrissene Fahne, das zerbrochne W., Helm u. Siegel mit dem Ausruf: Heute N N. u. nie mehr! in die Gruft gelegt, auch wird wohl das W. gestürzt in den Grabstein eingehauen. Gegen dies Helmzerbrechen erhoben, da zugleich die Rechte der Familie erloschen, entfernte Verwandte oft Protestation. Die so dem Landesherrn anheim gefallenen W. sind oftmals anderweitig verliehen worden (s. Wappenlehn, Helmlehn).
Die W. zerfallen in Personen- u. Länderwappen I. Personenwappen; A) in Hinsicht[845] des Subjects: a) Personalwappen, welche nur von einer Person in dieser Form geführt werden können, zu welchen alle W. der geistlichen Fürsten in ihrer Zusammensetzung gehören; b) mehrer Personen: aa) Familien-(Geschlechts-, Stamm-)wappen, früher Armatura, welche ein Geschlecht od. eine Familie bezeichnen, sie wurden erst im 11. u. 12. Jahrh. gebräuchlich u. erst später unveränderlich. bb) Gesellschafts-, Gemeinschaftswappen, bei Innungen der Handwerker; Zechewappen sind nur Unterscheidungszeichen, wodurch eine Commune, Collegium. Universität, Zunft etc. von der andern sich unterscheidet u. welche oft nicht einmal in ihrer Form regelrechte W., sondern nur Siegelbilder sind. B) In Ansehung des Grundes: a) Amts- (Standes-, Würde-, Ehren-)wappen, zum Zeichen eines Amtes od. einer Würde geführt, die Zeichen stehen entweder im Schilde, od. hinter od. auf demselben; sie sind erblich od. persönlich, geistlich od. weltlich u. kommen bereits 1211 vor. Viele wurden dann Familienwappen; im Deutschen Reiche gehören die Zeichen der Erz- u. Erbämter hierher. b) Gnadenwappen, wohin man nach dem Ausdruck der Adels- u. Wappenbriefe jedes verliehene W. rechnen muß, sind als Gnadenbezeugung ertheilt u. beziehen sich oft auf eine Begebenheit, meist werden Theile aus dem W. der Verleihenden, od. Ehrensymbole dazu benutzt u. sowohl in den Schild, als auf den Helm gesetzt, c) Schutzwappen werden zum Zeichen eines Schutzes geführt, u. zwar allein od. in Verbindung mit dem Geschlechtsländerwappen. Hierher hat man den Adler der Reichsstädte gerechnet, jedoch sind in Deutschland dergleichen Bilder richtiger unter die Gnadenzeichen zu stellen. Bes. häufig finden sich die Schutzwappen in Italien, wo fast alle vornehmen Familien dergleichen führen, wie denn auch die Cardinäle seit dem 15. Jahrh. ihrem W. das des Papstes beifügen, welcher sie erhoben hat. d) Schimpfwappen, wo von dem Landesherrn ein W. wegen eines Verbrechens zum Schimpf gegeben wird, kommen in einigen früheren, wenigen Fällen in Deutschland u. Italien vor. e) Falsche W. (Räthsel-, unrechte W.), bes. in der französischen Heraldik die W., in welchen gegen die Regel Metall auf Metall u. Farbe auf Farbe gesetzt ist, wie man sonst glaubte, um etwas Merkwürdiges anzudeuten, C) In Ansehung der Dauer: a) Damenwappen (Alliancewappen) vereinigen das W. des Gemahls u. der Gemahlin am besten so, daß man jedes in einem besondern Schild stellt u. ihnen das gehörige Oberwappen gibt, od. sie mit einer Krone bedeckt Als Verzierung sind dabei jetzt Zweige u. Kränze, früher die Liebesseile(s. d,) gebräuchlich, welche auch jetzt noch von fürstlichen Wittwen (Wittwenwappen) mit aufgelösten Knoten gebraucht weiden. Der Gebrauch, daß Frauen beide W., u. zwar das erheirathete rechts, das Stammwappen links führen, ist uralt, jedoch findet man auch andere ältere Formen der Vereinigung. Die monogrammatische Verbindung der Wappenbilder kam früher bisweilen vor, man stellte sie aber auch in einem gespaltenen Schild neben einander, weniger passend in einem getheilten Schild über einander, od. in einem quadrirten. Fürstliche Frauen pflegten auch wohl die Felder ihres Stammwappens in die Mitte zwischen die ihres Gemahls zu stellen, od. als Mittelschild aufzulegen, b) Die Jungfrauenwappen, meist in den Niederlanden, Frankreich, England, findet man oft in einem rautenförmigen Schild mit Palmzweigen umgeben. II. Länder-(Lehn-)wappen, insofern das durch sie bezeichnete Land zu Lehn gegeben wurde, zeigen den Besitz des Landes an u. sind jetzt mit den Familienwappen so eng verbunden, daß man in den meisten Fällen sie nicht von einander sondern kann, denn oft ward das Familienwappen zum Landeswappen, oft umgekehrt; zu den ältesten Länderwappen gehört das Burgundische von 1037. A) Herrschaftswappen, den gegenwärtigen Besitz eines Landes, Allodiums od. Lehns bezeichnend, B) Gedächtnißwappen, welche zum Andenken eines vergangenen Besitzes, auf welchen man keine Ansprüche mehr macht, fortgeführt werden, wohin auch die Heirathswappen, welche bes. häufig in Italien u. Spanien zum Andenken an eine vornehme Heirath in der Familie, u. die Erbschaftswappen, welche zum Andenken einer reichen Heirath aufgenommen wurden, zu rechnen sind, C) In Hinsicht auf einen künftigen Besitz: a) Anspruchswappen, wenn das W. eines Landes von einem Fürsten aufgenommen wird, welcher es nicht besitzt, um den künftigen od. streitigen Besitz anzudeuten, b) Erbschaftswappen, welche einen künftigen gewissen Besitz anzeigen, sobald die jetzigen Besitzer des dargestellten erloschen sind; vgl. Redende Wappen. D) In Hinsicht auf die Theile bestehen die W. a) aus den Hauptstücken, zu denen der Schild mit Allem, was er enthält, gehört, u. b) aus den Nebenstücken, u. diese sind: aa) Unterscheidungsstücke (Oberwappen), welche über dem Schilde stehen, wie Helme, Kronen, Hüte etc., bb) Prachtstücke, hinter, um u. unter dem Schilde, wie Schildhalter, Mäntel, Zelte, Ketten, Orden etc. Die Literatur s.u. Heraldik.
Buchempfehlung
Glückseligkeit, Tugend und Gerechtigkeit sind die Gegenstände seines ethischen Hauptwerkes, das Aristoteles kurz vor seinem Tode abschließt.
228 Seiten, 8.80 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro