Heraklītos

[251] Heraklītos, griechischer Philosoph, mit dem Beinamen Physikos od. (weil seine Lehre sehr unverständlich war) Skoteinos (der Dunkle), aus Ephesos, lebte um 500 v. Chr.; er zog sich, mit seinen Zeitgenossen unzufrieden, von öffentlichen Geschäften zurück. Nach seiner Angabe war er Autodidakt, nach And. Schüler des Xenophanes, Andere rechnen ihn zu den ionischen Kosmophysikern; sein Hauptwerk, welches er im Dianentempel niederlegte, war Μοῦσαι od. περὶ φύσεως od. περὶ πολιτείας. Er lehrte, im Geiste der dogmatischen Schule: Das Feuer, als Urelement od. Grundkraft, ist selbst fortwährend thätig u. in stetem Wandel u. erhält Alles in beständigem Fluß, entgegengesetzter Bestimmung u. einer strengen Nothwendigkeit. Daher ist die endliche Welt weder Menschen noch Gottes Werk, sondern ein harmonisches Wechselspiel der Natur; daher ist das Feuer die Seele des Ganzen, gleichsam die Gottheit, so wie die Seelen der Menschen feurige, eingeathmete Wesen sind. Da H. Alles auf Eine nothwendige Grundursache zurückführte, so hob er, obgleich die menschlichen Gesetze aus der allgemeinen Vernunft ableitend, den Unterschied zwischen Gut u. Böse auf. Von Bedeutung für die Geschichte der Philosophie ist H. dadurch geworden, daß er, im Gegensatz zu der Eleatischen Schule, dem Begriff des Seins alle wissenschaftliche Bedeutung absprach u. an dessen Stelle den des ewigen grund- u. zwecklosen Werdens setzte, wodurch er der Urheber einer speculativen Grundansicht wurde, welche sich fortwährend in veränderten Gestalten wieder geltend gemacht hat. Vgl. Eichhoff, Disputat. Heraclit. Mainz 1824; Fragmente in H. Stephanus Poesis philos. u. von Schleiermacher im 3. Bande des Museums für Alterthumswissenschaften.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 251.
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