Hiller von Gärtringen

[379] Hiller von Gärtringen, ein altes, aus Rhätien stammendes, nach Zerstörung seiner Stammburg Frinau in Graubündten im 14. Jahrh. nach Frankreich ausgewandertes u. von da im 16. Jahrh. nach Pfalz Neuburg u. später nach Württemberg übergesiedeltes Geschlecht, welches in Württemberg zur Reichsritterschaft gehörte u. 1703 in den Freiherrenstand erhoben wurde. Es hat in Württemberg u. Preußen (in den Provinzen Posen u. Westpreußen) Besitzungen u. theilt sich darnachin zwei Linien: I. Württembergische Linie: 1) Freiherr Johann, geb. um 1755 in Wienerisch-Neustadt; trat 1770 als Gemeiner in die österreichische Artillerie u. erhob sich nach u. nach zum General. 1805 befehligte er unter Erzherzog Johann eine Division in Tyrol u. 1809 das 6. Torps, welches den linken Flügel der deutschen Armee in Baiern ausmachte. Er wurde mit Erzherzog Ludwig bei Abensberg u. Landshut geschlagen, bestand gegen Wrede ein glückliches Arriergardengesecht bei Neumarkt, so wie am 3. März bei Ebersberg. Bes. tapfer bewies er sich bei Aspern, wo er den rechten Flügel des Heeres des Erzherzogs befehligte. Bei Wagram war er krank, u. Klenau befehligte das 6. Corps; 1813 u. 1814 führte er das Obercommando der österreichischen Armee in Italien u. trieb den Vicekönig bis Verona zurück. Im März 1814 abberufen, übergab er seinen bisherigen Befehl an Bellegarde; 1814 wurde er commandirender General in Gallizien, wo er 1819 in Lemberg als Generalfeldzeugmeister, wirklicher geheimer Rath u. Inhaber eines Infanterieregimentes starb. Jetziger Chef ist 2) Freiherr Rudolf, Sohn des 1854 verstorbenen württembergischen Kammerherrn u. Landvogts a. D. Freiherrn Ferdinand, geb. 1800, ist seit 1851 Wittwer von Elise geb. Freiin v. Münchingen. II. Preußische Linie: 3) Freiherr Joh. Aug. Friedr., Neffe von H. 1), geb. 1772 in Magdeburg; trat früh in das preußische Infanterieregiment Jung Waldeck, machte die Feldzüge in Holland u. am Rhein mit, wurde[379] 1806 in Hameln gefangen, war 1812 als Major u. Adjutant des Generals von Grawert bei dem Feldzug in Kurland thätig, wurde preußischer Commandant in Spandau, 1813 Adjutant von York, zeichnete sich bei Königswartha aus, wurde dann Brigadecommandeur der Steinmetzschen Brigade, führte die Avantgarde des Yorkschen Corps u. trug mit demselben viel zur Entscheidung des Gefechtes bei Möckern in der Schlacht von Leipzig bei, wo er verwundet wurde. 1814 führte er als Oberst die Infanterie der Avantgarde des 2. Corps, 1815 interimistisch die 10. Brigade, nahm in der Schlacht bei Belle-Alliance das Dorf Planchenoit, wurde Generalmajor u. Commandant in Stettin, 1817 Commandeur der 10. Division in Posen, 1826 der in Breslau u. Generallieutenant, trat 1836 aus dem activen Dienste zurück, wurde zum General der Infanterie ernannt, lebte dann in Thiemendorf bei Lauban, siedelte später nach Berlin über u. st. das. am 18. Jan. 1856 als der letzte Veteran der preußischen Armee, welcher als selbständiger Commandant den Freiheitskrieg mitgekämpft hat. Er war in zweiter Che vermählt mit Mathilde geb. v. Mutius. Jetziger Thes ist: 4) Freiherr Rudolf, Neffe des Vor., Sohn des 1831 verstorbenen preußischen Generalmajors der Cavallerie, Freiherrn Rudolf, geb. 1801, ist Commendator der Ballei Brandenburg des Johanniterordens u. Landtagsmarschall, seit 1856 Wittwer von Sophie geb. v. Motz.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 379-380.
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