Lorenz, St.

[520] St. Lorenz, 1) (Lorenzostrom, St. Lawrence River), Strom in Nordamerika. Das System des St. L. bildet eine große Einsenkung zwischen der Nord- u. Südhälfte der nordamerikanischen Ebene. Den oberen Lauf bildet der St. Louis, welcher auf den Missabay Bergen entspringt u. in den Obern See mündet. Den Mittellauf bilden die Lorenzoseen od. Canadischen Seen (s.d.), 5 große u. mehrere kleinere treppenförmig über einander liegende Seen, welche noch nicht durch Entleerung ihrer Wasser zu der Form eines ausgeprägten Flußsystemes gelangt sind, die ausgedehntesten Süßwasserbecken der Erde. Der erste dieser Seen ist der Obere See; der Abfluß aus demselben in den Huronsee bildet die Straße St. Mary; sie hat auf etwa 9 Meilen 35 Fuß Fall u. in der Mitte die gleichnamigen Fälle, eine Reihe von Stromschnellen von 1/2 Meile Länge u. 21 Fuß Gefäll. Auf der Terrasse mit dem Huronsee liegt der Michigansee. Der Abfluß des letztern in den Erie, heißt anfangs St. Clair, welcher sich zum St. Clairsee erweitert, dann Detroit, hat zwar Stromschnellen, ist aber schiffbar, da er auf 19 Meilen nur 28 Fuß fällt. Der Eriesee geht durch den 8 Meilen langen Niagarastrom, welcher in seiner Mitte den 152 Fuß hohen Niagarafall bildet, in den Ontariosee, den für die Schifffahrt am wenigsten gefährlichen See. Aus ihm fließt der L. unter dem Namen Iroquois (Cataraqui) in nordöstlicher Richtung ab, erweitert sich zu den Seen St. Francis, St. Louis u. St. Peter, durchfließt das fruchtbare u. wohl angebaute Thal von Untercanada, trennt die nördlichen Abfälle der Alleghanies von der arktischen Felsplatte u. hat bis Montreal, unterhalb der Mündung des Ottawa, viele Stromschnellen, welche jedoch die Fahrt mit Booten nicht unterbrechen. Bei Montreal tritt der Name St. Lorenz auf, u. hier beginnt der untere Lauf, welcher sich durch periodische Überschwemmungen auszeichnet; die Schifffahrt wird bedeutender; die Fluth steigt bis Trois Riviers, 80 Meilen von der Mündung; bis hierher gehen Seeschiffe; bei Quebeck, 75 Meilen von der Mündung, ist er 2 Meilen breit, u. von da erweitert er sich immer mehr u. mündet mit einem großen negativen Delta, der See von tausend Inseln, die bis zu 20 Meilen breit wird, in den Lorenzbusen, einem vollkommenen Binnenmeere, das nur durch schmale Straßen mit dem Oceane in Verbindung steht. Der Lorenzstrom ist den arktischen Strömen sehr ähnlich in der Unvollkommenheit seines Stromsystemes u. der häufig nicht deutlich hervortretenden Wasserscheide seines Gebietes. Seine Zuflüsse entspringen nahe bei den Quellen entgegengesetzter Flüsse u. zeigen häufige Seenbildung, hohe Wasserfälle u. einen reißenden Lauf. Der L. ist für den Handel u. die Schifffahrt Canada's u. der Vereinigten Staaten von großer Wichtigkeit durch ein trefflich organisirtes Kanalsystem, welches sein Flußgebiet mit denen anderer bedeutender Ströme Nordamerika's verbindet; das Nähere über diese Kanäle s. unter den Artikeln der einzelnen Canadischen Seen; 2) Dorf, s.u. Altheim 1).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 520.
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