Maerlant

[686] Maerlant, Jakob, der bedeutendste niederländische Dichter des 13. Jahrh., war in Flandern geboren, aber in Holland vielfach bekannt u. starb um 1300 in Damm bei Brügge. Er wählte Anfangs noch, der Zeitrichtung folgend, die Stoffe zu seinen Gedichten, wie den Trojanischen Krieg (nur in Bruchstücken erhalten u. dem französischen Vorbilde des Benoit de Ste. Mance folgend) u. den Alexander (1246 abgefaßt, noch ungedruckt) aus dem Kreise der ritterlichen Epik, wandte sich aber später gänzlich von letzter ab u. empfahl selbst nur historisch glaubhafte, biblische, geistliche od. weltliche Erzählungen u. rein lehrhafte Darstellungen. Seine eigenen Dichtungen drängten die ältere Ritterpoesie bald völlig in den Hintergrund u. galten für die folgenden Jahrh. als die Muster für die dem niederländischen Charakter so sehr zusagende reflectiren de Dichtung. Der Einfluß M-s wurde so nachhaltig, daß jene älteren Schätze der niederländischen Dichtung bis auf die neueste Zeit herab für vollständig vergessen u. M. selbst als Urheber u. Vater der niederländischen Dichtung überhaupt galt. Zu den Werken M-s aus seiner zweiten Periode gehören: Das Leben des St. Franciscus (nach dem Lateinischen des Bonaventura, herausg. von Tideman, Leyd. 1848); Heimelijkhed der heimelijkheden (nach den Secreta secretorum des Pseudoaristoteles, herausgeg. von Clarisse, Dordr. 1838); Wapene Martijn, ein Gespräch über den Lauf der Welt u. andere verwandte Fragen, nach den Anfangsworten benannt (Amsterd. 1496, herausgeg. in den Nieuwe werken der Maatschappii der nederl. letterkunde, Dordr. 1834, 3. Bd.); Van den lande van overzee, ein Aufruf, die Fortschritte der Sarazenen im Heiligen Lande zu hemmen (herausgeg. in van Wyn's Huiszittend leven, 2. Bd.); die Rymbybel, im Alten Testament nach der Hist. scholastica des Petrus Comestor, im Neuen Testament den Evangelien folgend, 1270 vollendet (herausgegeben von David, Brüss. 1858–60, 2 Bde.); Der Bestiaris od. Der naturen Bloeme, eine gereimte Naturgeschichte nach des Thomas Cantipratensis Liber de rerum natura (herausgeg. von Bormans, Brüss. 1857); Spieghel historiael, eine gereimte Weltchronik in 4 Theilen nach dem Speculum historiale des Vincentius Bellovacensis, 1283 begonnen, aber unvollendet geblieben (herausgeg. von der Maatschappii voor nederl. letterkunde, Leyd. 1857–59, 1.–3. Bd.; vorher acht Bücher des 1. Theils, herausgeg. von Clignet u. Steenwinkel, ebd. 1784–85, 2 Bde.; die ersten drei Bücher des 3. Theils, herausgeg von Bilderdijk, Amsterd 1812). Eine Fortsetzung lieferte als 5. Theil der brabantische Priester Lodewijk van Velthem (herausgeg. von Le Long, Amsterd. 1717; das dritte Buch von Jonckbloet, Haag 1840). Mit Unrecht wird M. eine Bearbeitung der Geschichte von dem Baume, welcher das Holz zum Kreuze Christi hergab (herausgeg. von Tidemann, Leyd. 1844), zugeschrieben.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 686.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika