[319] Polygămie (v. gr.), 1) die Besriebigung des Geschlechtstriebes mit mehren Individuen des anderen Geschlechts, unter Voraussetzung der Rechtmäßigkeit od. doch Tadellosigkeit eines solchen Verhältnisses, daß es also nicht zum Concubinat (s.d.) gehört. Man unterscheidet in ihm Polyandrie (Vielmännerei), welche sich jedoch schwerlich als in Sitte u. Gebrauch begründet nachweisen läßt, u. Polygynie (Vielweiberei), wie sie namentlich bei orientalischen Völkern des Alterthums u. der Neuzeit vorkommt, s. Ehe II. A). Im Christenthum ist die P. nie anerkannt, kirchenrechtlich aber ausdrücklich nur in der zweiten Helvetischen Confession vom Jahr 1565 verworfen worden, wogegen bei dem eigenthümilchen Falle einer Doppelehe des Landgrafen Philipp (s.d. 29) von Hessen von Seiten der lutherischen Theologen geurtheilt wurde, daß eine solche im Fall der Noth für recht zu halten sei, weil was im Mosaischen Gesetz vom Ehestand zugelassen, im Evangelio nicht verboten sei; u. Melanchthon in einem Schreiben an König Heinrich VIII. von England sich dahin ausspricht, daß, da Abraham, David u.a. fromme Männer viel Weiber gehabt hätten, die P. nicht gegen das göttliche Recht sein könne. Indeß hat diese Ansicht auch in der Lutherischen Kirche nie Geltung erhalten, u. nur im 17. Jahrh. versuchte Johann Lyser (s.d. 3) die Unverfänglichkeit, sogar für manche Fälle die Nothwendigkeit der P. zu beweisen (Polygamia triumphans. Amst. 1682), ohne eine Anerkennung damit zu finden; 2) (Bot.), 23. Klasse des Linnéschen Systems, s.d. Daher Polygamische Pflanzen, solche, bei welchen auf einem Stock Zwitterblumen u. diklinische zugleich vorhanden sind.