Präsumtion

[464] Präsumtion (v. lat. Praesumptio), 1) Vermuthung, Voraussetzung, Muthmaßung; eine Schlnßsolgerung, bei welcher aus erwiesenen Thatsachen auf die Existenz od. Nichtexistenz anderer Thatsachen, für welche kein directer Beweis vorliegt, geschlossen wird. Im Civilrecht unterscheidet man a) P. hontinis s. facti, eine Schlußfolgerung, bei welcher die zu beweisende Thatsache nur zur Wahrscheinlichkeit, nicht zur Gewißheit gebracht wird; b) P. juris, wenn kraft gesetzlicher Vorschrift Etwas als juristisch wahr gilt; letztere theilt man wieder in: aa) Praesumtiones juris schlechtweg, welche noch einen Gegenbeweis zulassen; sie sprechen z.B. für die Fortdauer eines Zustandes, welcher einmal erwiesen ist, für die Unbedingtheit eines Rechtsgeschäftes, die Bona fides etc. u. bb) P. juris et de jure, welche sogar auch den Gegenbeweis ausschließen, so daß mit der Existenz der einen Thatsache auch die andere als unbedingt wahr u. erwiesen fingirt wird; sie kommen namentlich bei mehren Ungehorsamsstrafen im Processe, z.B. bei unterlassener Einlassung, vor. P. Muciana, nach dem Römischen Eherecht der Satz, daß, obschon der Ehefrau ihr Erwerb während der Ehe an sich ebenso ausschließlich gehört, wie dasjenige, was sie bei Eingehung der Ehe hatte, doch ein solcher Erwerb als eine ungültige Schenkung Seitens des Mannes anzusehen ist, wenn sie die Quelle desselben uicht bes. nachweisen kann; 2) P. von sich selbst, so v.w. Anmaßung, Eigendünkel.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 464.
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