Satyrisches Drama

[949] Satyrisches Drama (Drama satyricum, Satyrspiel), eine Gattung des alten griechischen Drama, welche zwischen Tragödie u. Komödie innestand u. die Nachspiele zu den tragischen Trilogien bildete (s.u. Tragödie), mit denen sie aber nicht im Zusammenhang standen. Seine Sujets nahm das S. D. aus der Mythologie u. der Heldensage, bes. aus dem bakchischen Mythenkreise, u. die Helden des Stücks erscheinen in gemilderter Würde, draußen in der freien Natur, in Wäldern etc. umgeben von Satyrn, welche den Chor bilden, u. woher der Name kommt. An sich schon waren die dazu benutzten Geschichten heiterer Natur, die Personen des Chors mit ihrer Naivetät u. ihrer Feigheit, gegenüber der Tapferkeit der Helden, hoben dieses Element noch mehr hervor u. theilten dasselbe auch den Helden mit, ohne daß jedoch diese als lustige Personen od. Spaßmacher erscheinen. Der Satyrnchor bestand wahrscheinlich aus 15 Personen; diese Choristen (Satyristen) erschienen nackt mit umgeworfenem Bocks-, Reh- od. Pantherfell u. mit aufwärtsstehendem Haupthaar; ihr Tanz, Sikinnis, war rasch, scherzhaft, üppig; die Scene waren Landschaften, Haine, Berge, Grotten. Das S. D. wurde von Pratinas aus den alten phliasischen Satyrdithyramben in seine Kunstform gebracht u. dann von Äschylos, Chörilos, Phrynichos, Aristias, Euripides, Jophon, Achäos, Jon, Xenokles, Timesitheos u. A. ausgebildet; es stand der Tragödie an Umfang nach u. erlaubte dem Dichter größere Freiheit des Metrums, wenigstens im Chor. Vollständig erhalten ist nur noch der Kyklops des Euripides. Von Neueren haben einige Italiener Versuche im S-en D. gemacht, wie G. G. Cinthio in der Egle (Ferrara 1545) u. O. Scamacca im Polifemo (Palermo 1639). Vgl. I. Casaubonus, De satyrica Graecorum poësi, Par. 1605, Halle 1774; I. G. Buhle, De fabula satyrica Graecorum, Gött. 1787; Eichstädt, De dramate Graecorum comico-satyrico, Lpz. 1793; G. Hermann, Epistola de dramate comico-satyrico im 1. Bd. der Opuscula; Pinzger, De dramatis Graecorum satyrici origine, Breslau 1822; Genthe, Des Euripides Kyklops, nebst einer ästhetischen Abhandlung über das Satyrspiel, Lpz. 1836.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 949.
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