Stedingerland

[720] Stedingerland (Stagingerland), fruchtbarer Landstrich in den Weserbrüchen im oldenburgischen Kreise Delmenhorst; die Bewohner desselben heißen Stedinger (Stedingenser, Staginger). Ursprünglich Friesländer, wanderten sie im 12. Jahrh. wegen des Druckes weltlicher u. geistlicher Herren hierher aus. Der Erzbischof Hartwig II. von Bremen, schon seit Ende des 12. Jahrh. mit den Stedingern wegen ihres mangelhaften Gehorsams gegen die Kirche unzufrieden, belegte sie 1204, nachdem ein Geistlicher von einem Stedinger erschlagen worden war u. der Thäter nicht ausgeliefert wurde, mit dem Bann u. unternahm 1207 einen Zug gegen sie. Die Stedinger aber zogen sich enger zusammen u. erhielten Hülfe von den Rustringern u. von dem Herzog Otto von Lüneburg. Nachdem der Krieg mit abwechselndem Glück viele Jahre geführt worden war, baute der Erzbischof Gerhard II. die Burg Schluter gegen sie u. griff sie 1230 mit einem großen Heere unter dem Grafen Hermann von der Lippe an, über welches aber die Stedinger einen glänzenden Sieg erfochten u. dann die Burg Schluter zerstörten. Da der Erzbischof nun seit der Bannung alle Geistlichen u. Mönche aus dem Lande gezogen hatte, so mußten die Stedinger selbst sich einen Gottesdienst einrichten, was der Erzbischof zum Gegenstand einer Klage beim Papst Gregor IX. nahm, worin er sie als manichäische Ketzer darstellte u. ihnen allerhand Ungeheuerlichkeiten in ihrem religiösen Leben andichtete. Darauf sprach der Papst über die Stedinger den allgemeinen Kirchenbann aus u. predigte 1234 einen Kreuzzug gegen sie. Aber die Stedinger wurden dadurch so wenig erschreckt, daß sie die inzwischen wieder aufgebaute Burg Schluter abermals zerstörten u. einen fanatischen Bußprediger des Papstes erschlugen. Nun zogen der Herzog von Brabant u. die Grafen von Holland, Geldern, Cleve, Oldenburg, Jülich u. Mark, besorgt um ihre eigene Landeshoheit, ein Heer von 40,000 zusammen; die Stedinger, verlassen von ihrem alten Bundesgenossen, dem Herzog von Lüneburg, nahmen, 11,000 Mann stark, unter Bolko von Bardenfleet, Thamno von Hundorp u. Detmar von Dieke, den Kampf gegen den überlegnen Feind auf, wurden aber 27. Mai (26. Juni) 1234 bei Altenesch gänzlich geschlagen; über die Hälfte blieb, von den Übrigen entfloh ein Theil zu den freien Friesen, der andere blieb im Lande u. leistete dem Erzbischof Genugthuung; das Land verlor seine Reichsunmittelbarkeit u. wurde an das Erzstift Bremen u. die Grafen von Oldenburg vertheilt, welche theils fremde Colonisten hereinzogen, theils die Güter an den stiftischen Adel gaben. Den in der Schlacht Gefallenen wurde an der Stelle der damals errichteten Capelle des St. Veit, am 27. Mai 1834 ein Denkmal errichtet. Vgl. Schminck, De expeditione cruciata in Stedingos, Marb. 1722; J. D. Ritter, De pago Steding et Stedingis saec. 13. haereticis, Wittenb. 1751; Lappenberg, Vom Kreuzzug gegen die Stedinger, Stade 1755; Scharling, De Stedingis, Kopenh. 1828.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 720.
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